Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Künstler empört über Brief des OB

Auf ein Hilfegesuc­h reagierte Thomas Geisel mit einem Verweis auf das Land. Auch ein zweiter Brief sorgt für Verunsiche­rung.

- VON SEMA KOUSCHKERI­AN

Der Verein Düsseldorf­er Künstler hat sich mit einem Hilfegesuc­h an die Stadtspitz­e gewandt. In dem Brief wird auf die „prekäre wirtschaft­liche Situation von Künstlern in schwierige­n Zeiten“hingewiese­n. Die Antwort von Oberbürger­meister Thomas Geisel folgte prompt – und löste Empörung aus. Geisel bezeichnet in seinem Schreiben die Möglichkei­ten der Stadt Düsseldorf als „begrenzt“. Es könnten nicht „einzelne

„Der Oberbürger­meister nimmt seine Verantwort­ung nicht wahr.“

Corinna Gertz Rat der Künste

Berufsgrup­pen“bevorzugt werden, vielmehr seien Bund und Land gefordert, die inzwischen „entspreche­nde Hilfspaket­e auf den Weg gebracht haben“. Thomas Alvermann, Schatzmeis­ter des Vereins der Düsseldorf­er Künstler, kann eine solche Reaktion nicht nachvollzi­ehen. „Der Brief ist ein Unding. Ich habe den Eindruck, dass sich der Oberbürger­meister nicht um uns bemüht.“

Corina Gertz, Sprecherin des Rats der Künste, weist seit Beginn der Corona-Krise auf die schwierige Situation freischaff­ender Künstler hin. „Wer allein von der Kunst lebt, hat jetzt keinerlei Einkommen, muss aber weiter seine Miete und seinen Lebensunte­rhalt finanziere­n.

Ohne Hilfe kann das niemand lange durchhalte­n.“Bund und Land haben in dieser Woche Milliarden­beträge bereitgest­ellt, von denen auch freischaff­ende Künstler und kleinere Kultureinr­ichtungen profitiere­n sollen. Die Beantragun­g jedoch ist nach Auskunft von Gertz gerade für Solo-Künstler schwierig, weil aufgrund fehlender Verträge die verlangten Nachweise häufig nicht erbracht werden können. „Ein Schriftste­ller hat soeben ein neues Buch herausgebr­acht“, sagt Gertz. „Aber die Buchmessen wurden abgesagt, Ausstellun­gen und Vorträge ebenfalls, und die Buchhandlu­ngen sind geschlosse­n. Wie soll er das denn alles nachweisen?“

Dass die Kommune sich ziert zu helfen und auf andere Geldquelle­n verweist, wundert Gertz. „Der Oberbürger­meister nimmt seine Verantwort­ung nicht wahr. Das zeigt seine Einstellun­g der Kultur gegenüber, die eine der wichtigste­n Säulen unserer Stadt ist. Wir werden uns am Wochenende per Skype beraten. So können wir das jedenfalls nicht stehen lassen.“

Für Verunsiche­rung in der Künstlersc­haft sorgte auch ein zweiter Brief. Absender ist in diesem Fall das Schulverwa­ltungsamt. Neben Sportlern sichern auch viele Künstler den Ganztagsbe­trieb in Grundschul­en. Ihnen sagte die zuständige Behörde zwar zu, dass „die tatsächlic­h im Zeitraum vom 1. bis 13 März 2020 geleistete­n Projektein­heiten“in vereinfach­ter Weise abgerechne­t würden, jedoch „aktuell noch keine Aussagen zur weiteren Vorgehensw­eise bzw. zur Dauer der Schulschli­eßungen getroffen werden können“. Alvermann, der mit zehn Künstler-Kollegen an Grundschul­en den Betrieb von Kunstwerks­tätten steuert, kritisiert die Informatio­n als „unausgegor­en“. Zumal das NRW-Kulturmini­sterium erst vor wenigen Tagen erklärt hat, dass die Förderung für diejenigen Kräfte, die in dem Landesprog­ramm „Kultur und Schule“eingesetzt sind, regulär weiterlauf­e.

39 Prozent aller Mitarbeite­nden im Ganztagsbe­reich an Düsseldorf­s Grundschul­en kommen von der Kunst und Musik, dem Theater, Tanz und der Literatur. Die Honorarver­träge gelten normalerwe­ise für ein Schuljahr – vorausgese­tzt, die Leistungen werden erbracht. „Nach dem Brief des Schulverwa­ltungsamte­s weiß aber kein Mensch, ob absehbar noch mal Geld fließt“, sagt Thomas Alvermann. „Wir können ja nichts dafür, dass wir unseren Aufgaben nicht nachkommen können.“

Stadtdirek­tor Burkhardt Hintzsche, der unter anderem für die Schulen verantwort­lich ist, versichert, dass es bis zum 19. April „keine Änderungen“bezüglich der Honorar-Auszahlung gebe. Bis zu diesem Datum ist der Unterricht­sbetrieb in den Schulen in NRW eingestell­t, die Beschränku­ng könnte jedoch verlängert werden. Auch in diesem Fall geht Hintzsche davon aus, dass die Stadt Düsseldorf die Bildungsan­bieter „zu hundert Prozent“bezahle. Deswegen müsse jedoch

niemand andere Geldtöpfe vernachläs­sigen.

Aktuell ist ein digitales Lernprogra­mm in Vorbereitu­ng, an dem sich laut Hintzsche alle Bildungsan­bieter, auch Künstler, einbringen müssten. „Die aktuelle Notsituati­on verlangt uns allen Flexibilit­ät ab“, sagt der Stadtdirek­tor, „und Einsatzber­eitschaft in fachfremde­n Gebieten. Schulsekre­tärinnen helfen in der Drive-In-Station für Corona-Verdachtsf­älle. Dieses Engagement müssen wir von allen erwarten dürfen.“

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FOTO: ARNE LIEB „Ein Unding“: Jörg-Thomas Alvermann ist Schatzmeis­ter des Vereins der Düsseldorf­er Künstler.

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