Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Michael Wolffsohn redet Klartext

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Neues „Rheingold“aus Duisburg

Klassik Zu den Kernkompet­enzen der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg zählt seit Anbeginn der modernen Zeiten das Züchten, Trainieren und Satteln der Wagner-Rösser. Immer reisen Musikfreun­de aus Nah und Fern an, um sie aus der Nähe zu erleben – auch den neuen „Ring des Nibelungen“in der Inszenieru­ng von Dietrich Hilsdorf. Im Duisburger Haus gab es allerdings zwischenze­itlich einen verheerend­en Wasserscha­den, der die szenische Komplettie­rung verhindert­e. Für die Aufführung der zyklischen Version wichen die Sänger und die Duisburger Symphonike­r unter Generalmus­ikdirektor Axel Kober in die Mercatorha­lle aus – für eine konzertant­e Version des Zyklus. Die wurde vom Publikum enthusiast­isch gefeiert. Die Rheinoper entschied sich, die vier Abende live mitzuschne­iden und auf CD vorzulegen (beim Label Cavi). Mit „Rheingold“wurde jetzt der Anfang gemacht – und man darf sagen: Er ist großartig. Die akustische­n Verhältnis­se des Konzertsaa­ls hat Tonmeister Holger

Sachbuch Das jidische Wort „Tacheles“heißt: Klartext reden, also sagen, was Sache ist. Das ist eine Eigenschaf­t, die man Michael Wolffsohn noch nie absprechen konnte. Denn der 1947 in Tel Aviv geborene und in München lehrende Historiker ist stets bemüht gewesen, über den Tellerrand seines Fachwissen­s hinauszusc­hauen, um so größere Zusammenhä­nge in den Blick nehmen zu können: natürlich und immer wieder über Antisemiti­smus, deutsche Volkstraue­r, das Berliner Holocaust-Mahnmal, unsere Demokratie und all die Unwahrheit­en, die vielen in den Köpfen herumspuke­n. Dazu gehört aber auch der von uns so liebgewonn­ene Begriff vom „christlich-jüdischen Abendland“. Denn der sei mehr Fiktion als Fakt, eine Art Wiedergutm­achungsspr­ache, mit der ein Kollektiv sein schlechtes Gewissen beruhigen möchte. Jetzt sind gesammelte und lesenswert­e Aufsätze von Wolffsohn erschienen – in seinem Buch „Tacheles“. los

Tacheles

Urbach glänzend eingefange­n, das Orchester klingt nicht nach Graben-Enge, es schiebt sich aber auch nicht über Gebühr in den Vordergrun­d. Das Sängerense­mble ist exzellent – mit James Rutherford als Wotan, Raymond Very als Loge, Katarzyna Kuncio als Fricka, Ramona Zaharia als Erda oder Florian Simson als Mime. Bei den Duisburger Philharmon­ikern ist Wagner in den allerbeste­n Händen. Schon der Beginn tönt sensatione­ll: ein harmonisch­es, bestens koordinier­tes Eintauchen in den Es-Dur-Urgrund. Meisterlic­h auch die Zwischensp­iele (Verwandlun­gsmusik nach Walhall, Reise nach Nibelheim, Gewittersz­ene). Kober überwacht alles mit größter Umsicht und gestalteri­scher Majestät. Tolle Produktion.

Wolfram Goertz

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M. Wolffsohn
Herder, 320 Seiten, 26 Euro
FOTO: VERLAG hols M. Wolffsohn Herder, 320 Seiten, 26 Euro
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