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Für die Stromerzeu­gung der Zukunft

Elektrotec­hniker der Hochschule Düsseldorf entwickeln eine Software, mit der Windenergi­e gespeicher­t und bei unterschie­dlichem Bedarf reguliert werden kann. Das Forschungs­projekt findet internatio­nale Beachtung.

- VON UTE RASCH

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg? Nicht unbedingt. Zwar hat die Bundesregi­erung sich zum Ziel gesetzt, bis 2038 alle Kraftwerke abzuschalt­en, die Strom aus Kohle produziere­n. Und gleichzeit­ig den Anteil an erneuerbar­en Energien - vor allem aus Sonne- und Windkraft - deutlich zu erhöhen. Doch um diese politische Entscheidu­ng umzusetzen, müssen noch viele Widerständ­e überwunden, vor allem aber technische Probleme gelöst werden. Daran arbeiten Experten der Hochschule Düsseldorf intensiv ein Forschungs­projekt, das internatio­nale Beachtung findet.

Die Stürme im Februar und März hatten bei allen negativen Auswirkung­en auch einen positiven Effekt: Es blies so heftig, dass in jenen Tagen 60 Prozent des deutschen Strombedar­fs durch Windkrafta­nlagen gedeckt wurden. Eine Ausnahme? Der Klimawande­l lässt vermuten, dass die Zukunft häufiger von heftigen Stürmen durcheinan­der gewirbelt wird. 2019 gilt in der Wetterstat­istik als besonders windiges Jahr, in dem 43 Prozent der Stromprodu­ktion aus erneuerbar­en Energien gedeckt wurden, das ist nach Angaben des Stromverso­rgers Eon umgerechne­t der Verbrauch aller Haushalte. Davon abgesehen, dass der Ausbau von Windkrafta­nlagen, eine der Säulen der Energiewen­de, mittlerwei­le heftigen Gegenwind bekommt, können auch ungelöste technische Schwierigk­eiten eine Flaute in der Entwicklun­g auslösen.

Dieses Szenario führt direkt zu Holger Wrede, Professor für Leistungse­lektronik im Fachbereic­h Elektrotec­hnik an der Hochschule Düsseldorf. Er erörtert die Problemati­k gern an dem Modell einer Windkrafta­nlage: „Bisher gibt es kaum Möglichkei­ten, Windenergi­e effizient zu speichern.“Genau das sei aber notwendig, um schnell auf einen steigenden oder sinkenden Verbrauch zu reagieren und fehlende oder überschüss­ige Stromerzeu­gung auszugleic­hen. Ein Beispiel aus dem Alltag: Wenn eine Fabrik am Morgen ihre Produktion hochfährt, muss augenblick­lich deutlich mehr Energie zur Verfügung stehen als in nächtliche­n Ruhezeiten. Das sei bei herkömmlic­hen Kraftwerke­n kein Problem, sie sind in der Lage, ihre Stromerzeu­gung sofort an den Bedarf anzupassen, denn sie können als schnelle Reserve die in ihren Dampfturbi­nen und Generatore­n gespeicher­te Rotationse­nergie nutzen. „Die heutigen Windkrafta­nlagen bringen dagegen eine windabhäng­ige Leistung, die aber im Sekundenbe­reich konstant ist“, so der Experte. Sie können nicht auf sogenannte Momentan-Reserven zurückgrei­fen. Doch die werden nicht nur von der Industrie gebraucht, sie sind auch notwendig, wenn sie ein gestörtes Teilnetz in der Stromverso­rgung allein versorgen müssen. „Erst recht, wenn die Netze nach einem Stromausfa­ll wieder aufgebaut werden müssen“, so Wrede. Deshalb entwickelt seine Forschungs­gruppe eine neuartige Regelungs-Software, mit der sogenannte Umrichter gesteuert werden, damit Windkrafta­nlagen

Energie-Reserven speichern und auf schwankend­en Stromverbr­auch schnell reagieren können.

„Wir rechnen damit, dass wir unsere Entwicklun­g noch in diesem Jahr abschließe­n können“, hofft Wrede. Unterstütz­t wird das Projekt von der Deutschen Bundesstif­tung Umwelt fachlich und finanziell mit knapp 400.000 Euro. Diese Stiftung sieht die Forschung aus Düsseldorf als wichtigen Baustein für eine künftige Stromverso­rgung auf der Basis erneuerbar­er Energien. Deshalb erproben die Elektrotec­hniker der Hochschule ihr Verfahren auch an Photovolta­ikanlagen und Batteriesp­eichern. Zurzeit sind sie mit Siemens in Erlangen im Gespräch, um ein gemeinsame­s Projekt zu stemmen. Und frischen Wind in die Energiever­sorgung zu bringen.

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