Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Osterbotschaft auf allen Kanälen
Autogottesdienst und Andachtboxen: Wegen Corona haben die Kirchen für die Feiertage viele neue Gebets-Formen entwickelt.
DÜSSELDORF Kirche ist die Gemeinschaft aller Getauften und eben nicht nur eine Institution. An Karfreitag und den Osterfeiertagen wird das für die Gläubigen in Deutschland und der ganzen Welt spürbar, denn viele Menschen werden die zentralen Feiern dieser Tage von daheim aus verfolgen müssen – äußerlich vereinzelt also, aber eben doch verbunden mit allen Menschen, die an die Frohe Botschaft glauben. So steht das Osterfest in diesem Jahr unter dem Eindruck, dass viele das Gemeinschaftserlebnis schmerzlich vermissen werden. Doch gibt es eben auch unzählige Ideen, wie Gemeinden ihr Miteinander, ihr Kirchesein, über die gebotene Distanz hinweg feiern – und die Osterbotschaft in die Welt tragen wollen. So sagt der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, die Botschaft von der Auferstehung Jesu solle an Ostern „laut und deutlich“ins Land gerufen werden: „Die Botschaft, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern das Leben siegt, war selten so wichtig wie heute.“
Der Ratsvorsitzende wird am Ostersonntag beim Gottesdienst im Berliner Dom predigen, was über die Internetseite des Doms live gestreamt werden kann. Das ZDF sendet am gleichen Tag ab 9.30 Uhr live aus der Saalkirche in Ingelheim einen Gottesdienst mit der stellvertretenden Ratsvorsitzenden, der westfälischen Präses Annette Kurschus.
Im Vatikan feiert der Papst die zentralen Gottesdienste am Altar des Petersdoms – ebenfalls ohne physische Anwesenheit von Gläubigen. Die Christen in der ganzen Welt hat er dazu aufgerufen, in den Tagen vor Ostern im Evangelium zu lesen und dabei Christus am Kreuz vor Augen zu haben. „Es ist gut, schweigend den gekreuzigten Jesus anzuschauen, um zu erkennen, wer unser Herr ist“, sagte der Papst. Den Kreuzweg an Karfreitag, traditionell einer der Höhepunkte der römischen Kar- und Ostertage, betet er nicht im Kolosseum, sondern auf den leeren Stufen den Petersdoms. Die Feier der Osternacht begeht der Papst am Samstagabend um 21 Uhr in der vatikanischen Basilika. Dort hält er am folgenden Ostersonntag auch die Ostermesse; anschließend erteilt er den Segen „Urbi et orbi“aus seiner Bibliothek. Der Papst lud zu Ostern besonders zum Gebet ein: „Öffnen wir unsere Herzen im Gebet für ihn. Wir werden verstehen, dass wir nicht allein sind, sondern geliebt werden.“Auch in der Zeit der Isolation lasse Gott niemanden im Stich.
Doch persönliches Gebet und Übertragung von Gottesdiensten im Fernsehen und Internet sind nur eine Möglichkeit, Karfreitag und die Ostertage spirituell zu begehen. In unzähligen Gemeinden in der Region haben Menschen nach neuen Wegen gesucht, Gläubige an Ostern trotz Corona zusammenzuführen. Etwa auf Distanz gebracht durch das eigene Auto. In Kevelaer wird es an Ostern einen ökumenschen „Autogottesdienst“geben, in einer evangelischen Gemeinde in Radevormwald wird zum „Autogottesdienst“ein mit Distanz postierter
Posaunenchor spielen. In Düsseldorf werden Gottesdienste im neu aufgebauten Autokino gefeiert und auf das Autoradio übertragen. „Gebet und Gottesdienst sind nicht auf die Kirche beschränkt. Sie können zu Hause stattfinden, in der Natur – und auch im eigenen Auto“, sagt Düsseldorfs Stadtdechant Frank Heidkamp. „Ich glaube, wer zu dem Gottesdienst ins Autokino kommt, der ist auch bereit, sich auf dieses Erlebnis einzulassen.“
An vielen Kirchen werden Leinen gespannt mit „Hoffnungsversen“wie in Moers-Kapellen oder ausgedruckten Gottesdienstzetteln wie in Leverkusen; in Wesel haben evangelische Christen mit Kreide Hoffnungsworte vor Altenheimen und
Pflegeeinrichtungen auf die Straße geschrieben, um gerade isolierten Menschen ein Zeichen der Hoffnung zu senden. Eine Gemeinde in Alpen hat „Osterboxen“gepackt in den Varianten klassisch, familiär, modern-alternativ, mit denen Gläubige Hausgottesdienste gestalten können. Im Rhein-Kreis-Neuss und weiteren Städten gibt es in den Pfarrgemeinden Taschen für die „Osterkirche zu Hause“. Darin symbolische Geschenke wie ein Stein, ein Licht, ein Kreuz – und auch ein paar Schokoeier. In Mönchengladbach-Rheydt wird das Licht des Osterfeuers mit Scheinwerfern in den Himmel gestrahlt.
Auch aus dem Aachener Dom werden alle Gottesdienste an den
Feiertagen im Internet übertragen (www.bistum-aachen.de) An Palmsonntag wurden so nach Angaben des Bistums bereits 27.000 Gläubige erreicht. Außerdem gibt es Impulse für jeden Tag als Video. Solche Botschaften sendet auch das Bistum Essen (www.zeitdanach.bistum-essen. de). Dazu andere Ideen, den Kontakt zu Mitgläubigen zu halten, etwa mit Hilfe gestalteter Whatsapp-Nachrichten zum Weitersenden. Außerdem ist auch die Eucharistiefeier am Ostersonntag mit Bischof Franz-Josef Overbeck über die Seite des Bistums im Internet zu sehen.
Selbst der Kölner Dom wird sich an Ostern nicht wie gewohnt füllen. Doch können Gläubige alle Gebete und Gottesdienste live im Internet
verfolgen, das Domradio sendet auf diversen Kanälen. Auch der WDR überträgt etwa die Osternacht mit Kardinal Rainer Maria Woelki am Samstag ab 21.30 Uhr (koelnerdomlive.wdr.de). Dabei unterlegt der Sender den Autio-Gottesdienst mit 360-Grad-Videoaufnahmen aus der Kathedrale. Außerdem hat das Erzbistum wie viele einzelne Gemeinden Handreichungen für den liturgischen Ablauf von Hausgottesdiensten ins Internet gestellt (www. erzbistum-koeln.de).
So sind an Ostern 2020 die Kirchen zwar keine Versammlungsorte, doch wird die frohe Botschaft auf vielen neuen Kanälen in die Welt getragen – und die scheint empfänglicher denn je.