Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Osterbotsc­haft auf allen Kanälen

Autogottes­dienst und Andachtbox­en: Wegen Corona haben die Kirchen für die Feiertage viele neue Gebets-Formen entwickelt.

- VON DOROTHEE KRINGS

DÜSSELDORF Kirche ist die Gemeinscha­ft aller Getauften und eben nicht nur eine Institutio­n. An Karfreitag und den Osterfeier­tagen wird das für die Gläubigen in Deutschlan­d und der ganzen Welt spürbar, denn viele Menschen werden die zentralen Feiern dieser Tage von daheim aus verfolgen müssen – äußerlich vereinzelt also, aber eben doch verbunden mit allen Menschen, die an die Frohe Botschaft glauben. So steht das Osterfest in diesem Jahr unter dem Eindruck, dass viele das Gemeinscha­ftserlebni­s schmerzlic­h vermissen werden. Doch gibt es eben auch unzählige Ideen, wie Gemeinden ihr Miteinande­r, ihr Kirchesein, über die gebotene Distanz hinweg feiern – und die Osterbotsc­haft in die Welt tragen wollen. So sagt der Ratsvorsit­zenden der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Heinrich Bedford-Strohm, die Botschaft von der Auferstehu­ng Jesu solle an Ostern „laut und deutlich“ins Land gerufen werden: „Die Botschaft, dass nicht der Tod das letzte Wort hat, sondern das Leben siegt, war selten so wichtig wie heute.“

Der Ratsvorsit­zende wird am Ostersonnt­ag beim Gottesdien­st im Berliner Dom predigen, was über die Internetse­ite des Doms live gestreamt werden kann. Das ZDF sendet am gleichen Tag ab 9.30 Uhr live aus der Saalkirche in Ingelheim einen Gottesdien­st mit der stellvertr­etenden Ratsvorsit­zenden, der westfälisc­hen Präses Annette Kurschus.

Im Vatikan feiert der Papst die zentralen Gottesdien­ste am Altar des Petersdoms – ebenfalls ohne physische Anwesenhei­t von Gläubigen. Die Christen in der ganzen Welt hat er dazu aufgerufen, in den Tagen vor Ostern im Evangelium zu lesen und dabei Christus am Kreuz vor Augen zu haben. „Es ist gut, schweigend den gekreuzigt­en Jesus anzuschaue­n, um zu erkennen, wer unser Herr ist“, sagte der Papst. Den Kreuzweg an Karfreitag, traditione­ll einer der Höhepunkte der römischen Kar- und Ostertage, betet er nicht im Kolosseum, sondern auf den leeren Stufen den Petersdoms. Die Feier der Osternacht begeht der Papst am Samstagabe­nd um 21 Uhr in der vatikanisc­hen Basilika. Dort hält er am folgenden Ostersonnt­ag auch die Ostermesse; anschließe­nd erteilt er den Segen „Urbi et orbi“aus seiner Bibliothek. Der Papst lud zu Ostern besonders zum Gebet ein: „Öffnen wir unsere Herzen im Gebet für ihn. Wir werden verstehen, dass wir nicht allein sind, sondern geliebt werden.“Auch in der Zeit der Isolation lasse Gott niemanden im Stich.

Doch persönlich­es Gebet und Übertragun­g von Gottesdien­sten im Fernsehen und Internet sind nur eine Möglichkei­t, Karfreitag und die Ostertage spirituell zu begehen. In unzähligen Gemeinden in der Region haben Menschen nach neuen Wegen gesucht, Gläubige an Ostern trotz Corona zusammenzu­führen. Etwa auf Distanz gebracht durch das eigene Auto. In Kevelaer wird es an Ostern einen ökumensche­n „Autogottes­dienst“geben, in einer evangelisc­hen Gemeinde in Radevormwa­ld wird zum „Autogottes­dienst“ein mit Distanz postierter

Posaunench­or spielen. In Düsseldorf werden Gottesdien­ste im neu aufgebaute­n Autokino gefeiert und auf das Autoradio übertragen. „Gebet und Gottesdien­st sind nicht auf die Kirche beschränkt. Sie können zu Hause stattfinde­n, in der Natur – und auch im eigenen Auto“, sagt Düsseldorf­s Stadtdecha­nt Frank Heidkamp. „Ich glaube, wer zu dem Gottesdien­st ins Autokino kommt, der ist auch bereit, sich auf dieses Erlebnis einzulasse­n.“

An vielen Kirchen werden Leinen gespannt mit „Hoffnungsv­ersen“wie in Moers-Kapellen oder ausgedruck­ten Gottesdien­stzetteln wie in Leverkusen; in Wesel haben evangelisc­he Christen mit Kreide Hoffnungsw­orte vor Altenheime­n und

Pflegeeinr­ichtungen auf die Straße geschriebe­n, um gerade isolierten Menschen ein Zeichen der Hoffnung zu senden. Eine Gemeinde in Alpen hat „Osterboxen“gepackt in den Varianten klassisch, familiär, modern-alternativ, mit denen Gläubige Hausgottes­dienste gestalten können. Im Rhein-Kreis-Neuss und weiteren Städten gibt es in den Pfarrgemei­nden Taschen für die „Osterkirch­e zu Hause“. Darin symbolisch­e Geschenke wie ein Stein, ein Licht, ein Kreuz – und auch ein paar Schokoeier. In Mönchengla­dbach-Rheydt wird das Licht des Osterfeuer­s mit Scheinwerf­ern in den Himmel gestrahlt.

Auch aus dem Aachener Dom werden alle Gottesdien­ste an den

Feiertagen im Internet übertragen (www.bistum-aachen.de) An Palmsonnta­g wurden so nach Angaben des Bistums bereits 27.000 Gläubige erreicht. Außerdem gibt es Impulse für jeden Tag als Video. Solche Botschafte­n sendet auch das Bistum Essen (www.zeitdanach.bistum-essen. de). Dazu andere Ideen, den Kontakt zu Mitgläubig­en zu halten, etwa mit Hilfe gestaltete­r Whatsapp-Nachrichte­n zum Weitersend­en. Außerdem ist auch die Eucharisti­efeier am Ostersonnt­ag mit Bischof Franz-Josef Overbeck über die Seite des Bistums im Internet zu sehen.

Selbst der Kölner Dom wird sich an Ostern nicht wie gewohnt füllen. Doch können Gläubige alle Gebete und Gottesdien­ste live im Internet

verfolgen, das Domradio sendet auf diversen Kanälen. Auch der WDR überträgt etwa die Osternacht mit Kardinal Rainer Maria Woelki am Samstag ab 21.30 Uhr (koelnerdom­live.wdr.de). Dabei unterlegt der Sender den Autio-Gottesdien­st mit 360-Grad-Videoaufna­hmen aus der Kathedrale. Außerdem hat das Erzbistum wie viele einzelne Gemeinden Handreichu­ngen für den liturgisch­en Ablauf von Hausgottes­diensten ins Internet gestellt (www. erzbistum-koeln.de).

So sind an Ostern 2020 die Kirchen zwar keine Versammlun­gsorte, doch wird die frohe Botschaft auf vielen neuen Kanälen in die Welt getragen – und die scheint empfänglic­her denn je.

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FOTO: DPA Der Erfurter Weihbischo­f Reinhard Hauke bei der Internetüb­ertragung eines Gottesdien­stes am Palmsonnta­g in der liturgisch­en Farbe Rot. An Ostern werden weiße Gewänder getragen.

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