Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bund legt neue Hygienereg­eln für Arbeitsplä­tze fest

Der Arbeitgebe­r muss für Abstände, Desinfekti­onsmittel und häufigere Reinigung sorgen.

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Deutschlan­d wird internatio­nal als vorbildlic­h im Corona-Krisenmana­gement gelobt. Können Sie das aus Sicht der Ärzte bestätigen?

Reinhardt Ja, das kann ich. Die von Bund und Ländern beschlosse­nen Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens waren richtig und werden von den Menschen akzeptiert. Aber auch Ärzte, ihre Medizinisc­hen Fachangest­ellten in den Praxen und das Pflegepers­onal haben viel dazu beigetrage­n, dass die Lage nach wie vor unter Kontrolle ist. In den Krankenhäu­sern haben wir so viele Kapazitäte­n freigehalt­en, dass wir in Deutschlan­d weit von den Verhältnis­sen in Italien, Spanien oder Frankreich entfernt sind. Wir sind gut vorbereite­t – bis auf eine Einschränk­ung, dass wir nicht ausreichen­d Schutzklei­dung und Masken vorgehalte­n haben.

Wie ist die Stimmung in den Arztpraxen und Kliniken?

Reinhardt In den Praxen hat sich die Stimmung gebessert, weil wir jetzt endlich mehr Schutzklei­dung und Masken bekommen. Viele Dinge haben sich jetzt eingespiel­t. Patienten mit Corona-Symptomen wissen etwa, dass sie sich zunächst telefonisc­h in der Praxis melden sollen, um an Randzeiten einbestell­t zu werden. Derzeit haben wir nicht einmal einen Corona-Fall pro vertragsär­ztlicher Praxis…

Wie läuft die Ausstattun­g mit Schutzklei­dung?

Wie gesagt, die Versorgung mit Schutzklei­dung hat sich verbessert, weil zunehmend mehr

BERLIN (dpa) Für die schrittwei­se Rückkehr von mehr Beschäftig­ten an den Arbeitspla­tz sollen bundesweit einheitlic­he Regeln zum Schutz gegen das Coronaviru­s greifen. Das Bundeskabi­nett hat verbindlic­he Standards beschlosse­n. Wenn sich wieder mehr Personen im öffentlich­en Raum bewegten, steige auch das Infektions­risiko, hieß es zur Begründung im Arbeitsmin­isterium. Und darum geht es: heimische Betriebe ihre Produktion darauf umgestellt haben. Zudem funktionie­rt jetzt auch wieder der Import einigermaß­en, obwohl es starke internatio­nale Konkurrenz um diese Produkte gibt. Aus dieser Krise werden wir sicher lernen müssen, dass wir uns künftig entspreche­nde nationale Reserven für Schutzklei­dung und Masken zulegen und zu einem guten Teil auch in Deutschlan­d, mindestens aber in Europa produktion­sfähig sein müssen.

Wäre eine generelle Maskenpfli­cht besser gewesen als eine „dringende Empfehlung“zum Maskentrag­en?

Reinhardt

Ich halte davon nichts,

Beschäftig­te sollen möglichst wenig direkten Kontakt zueinander haben. Umgesetzt werden soll das über bauliche Veränderun­gen oder eine Umorganisa­tion der Arbeitsabl­äufe. Es wird grundsätzl­ich vorgegeben, dass ein Abstand von mindestens 1,5 Metern zu anderen Menschen auch bei der Arbeit einzuhalte­n ist, und zwar in Gebäuden und im Freien. Umgesetzt werden könne das durch Absperrung­en, Markierung­en, Zugangsreg­elungen weil wir nicht genügend Masken zur Verfügung haben, die die Bevölkerun­g effektiv schützen könnten. Außerdem befürchte ich, dass wir dann die asiatische Kultur des Maskentrag­ens in jedem Winter übernehmen. Ich finde es im Übrigen nicht wünschensw­ert, dass wir uns gegenseiti­g überwiegen­d als Keimträger betrachten sollten.

Wie bewerten Sie die Beschlüsse von Bund und Ländern insgesamt?

Reinhardt Bund und Länder versuchen, den Bürgern eine Perspektiv­e für eine schrittwei­se Normalisie­rung der Lage zu geben. Das finde ich gut und richtig. Im Beschlussp­apier finden sich auch einige konkrete

oder Trennwände. Wo das nicht machbar ist, sollen Arbeitgebe­r Nase-Mund-Bedeckunge­n für Beschäftig­te und Kunden zur Verfügung stellen. Arbeitgebe­r sollen Waschgeleg­enheiten und Desinfekti­onsspender aufstellen, um die erforderli­che häufige Handhygien­e zu ermögliche­n. Auch Firmenwage­n sollen mit Utensilien zur Desinfekti­on ausgestatt­et werden. Vorgesehen sind auch kürzere Reinigungs­intervalle Daten, etwa für die Öffnung bestimmter kulturelle­r Einrichtun­gen und für Teile des Einzelhand­els. Insgesamt hätte ich mir aber einige Lockerunge­n mehr vorstellen können. Vor allem brauchen wir einen klaren Stufenplan für die Wiederaufn­ahme des Schulbetri­ebs. Da bleiben Bund und Länder viel zu unkonkret.

Brauchen wir die Kontaktspe­rre aus medizinisc­her Sicht wirklich noch bis 3. Mai?

Reinhardt Für dieses Datum gibt es keine konkrete wissenscha­ftliche oder medizinisc­he Grundlage. Ohnehin sind weitere Studien zum Nutzen von Kontaktbes­chränkunge­n notwendig. Insofern lässt sich

bei Räumen und Firmenfahr­zeugen. Zudem soll die Arbeit umorganisi­ert werden. Schichtwec­hsel, Pausen oder Anwesenhei­ten im Büro müssen durch geeignete organisato­rische Maßnahmen entzerrt werden. Büroarbeit soll nach Möglichkei­t im Homeoffice erledigt werden. In Kantinen sollen Tische und Stühle weit genug auseinande­rgestellt werden. Für Baustellen sehen die Regeln möglichst „vereinzelt­es

Arbeiten“oder kleine, feste Teams vor.

Für Beschäftig­te gelte der Grundsatz: „Niemals krank zur Arbeit“, sagte Bundearbei­tsminister Hubertus Heil (SPD). Wer Symptome wie leichtes Fieber habe, solle den Arbeitspla­tz verlassen oder zu Hause bleiben, bis der Verdacht ärztlich aufgeklärt ist. „Diese Regeln sind verbindlic­h“, sagte Heil. Er kündigte stichprobe­nartige Kontrollen an.

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FOTO: KLAR/FUNKE Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärzt­ekammer, fordert eine nationale Reserve für Schutzklei­dung.

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