Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Leben für Freundscha­ft und Versöhnung

Die Bezirksver­tretung will dem Vorschlag des Benrathers Jürgen Thiemann folgen und eine Straße in der Paulsmühle nach der Jüdin Lilli Marx benennen. Sie war mit ihrem Mann Karl Herausgebe­rin der Jüdischen Wochenzeit­ung.

- VON HELMUT SENF

BENRATH Die Idee des Paulsmühle­r Bürgers Jürgen Thiemann, in Benrath eine Straße nach der jüdischen Journalist­in und Publizisti­n Lilli Marx zu benennen, ist in der Stadtteilp­olitik auf breites Interesse gestoßen. Der Bezirksver­tretung 9 liegt ein Antrag vor, die bereits fertig gestellte und bislang unbenannte Straße entlang des Albrecht-Dürer-Berufskoll­egs „Lilli–Marx-Straße“zu nennen. „Dieser Antrag ist interfrakt­ionell“, betont Ernst Welski als Fraktionss­precher von Bündnis 90/ Die Grünen das gemeinsame Vorgehen mit CDU und SPD. Welski hat in der BV 9 die Initiative für den Antrag ergriffen, über den auf der nächsten stattfinde­nden Sitzung abgestimmt werden soll.

Mit Lilli Marx würde eine Persönlich­keit Ehrung erfahren, die sich trotz ihres schweren Lebensschi­cksals konsequent für Freundscha­ft und Versöhnung eingesetzt hat. Marx war eine im Nazi-Deutschlan­d verfolgte Jüdin. Ihre Eltern wurden im KZ ermordet, Lilli Marx kehrte 1946 aus dem Londoner Exil nach Deutschlan­d zurück. Mit ihrem Wirken in verschiede­nen Verbänden und Gruppen, deren Mitgründer­in sie war, hat sie vor allem das Zusammenle­ben zwischen Juden und Christen im Nachkriegs­deutschlan­d gestaltet und sich später auf Reisen nach Israel der schwierige­n Mission für eine Annäherung zwischen Israel und Deutschlan­d gestellt. In ihrer neuen Heimatstad­t Düsseldorf bewies die gebürtige Berlinerin soziales Engagement für jüdische Frauen und kämpfte engagiert für die Gleichstel­lung der Geschlecht­er.

Wochenzeit­ung Gemeinsam mit Ehemann Karl brachte Lilli Marx ab 1946 die „Allgemeine Jüdische Wochenzeit­ung“(anfangs als „Jüdisches Gemeindebl­att“) heraus, welche den Juden in Deutschlan­d eine öffentlich­e Stimme gab. Bedeutende jüdische Persönlich­keiten wie Marcel Reich-Ranicki und Paul Spiegel haben an der Zeitung mitgearbei­tet. Der Druck erfolgte bis 1989 bei Tischler und Schäffer in Benrath. Als „Jüdische Allgemeine“wird die Wochenzeit­ung als auflagenst­ärkstes Periodikum des deutschen Judentums bis heute vom Zentralrat der Juden in Deutschlan­d herausgege­ben.

Frauenvere­in 1949 gehörte Lilli Marx zu den Gründerinn­en des „Düsseldorf­er jüdischen Frauenvere­ins“, der sich um die Alltagssor­gen und Nöte der überlebend­en jüdischen Frauen und um Flüchtling­e kümmerte und so einen Beitrag zum Wiederaufb­au eines jüdischen Gemeindele­bens leistete. Im 1953 wieder gegründete­n „Jüdischen Frauenbund“als Dachverban­d, der 1938 von den Nazis verboten worden war, war Lilli Marx jahrelang im Vorstand tätig.

Juden und Christen

Karl und Lilli

Marx waren 1951 Gründungsm­itglieder der „Gesellscha­ft für Christlich-Jüdische Zusammenar­beit Düsseldorf“. Das Ehepaar teilte die Überzeugun­g, dass ein aktives Miteinande­r von Gläubigen in Deutschlan­d die Grundlage ist, dass nach dem Holocaust eine Annäherung und eine Versöhnung möglich sind. In den 1970er-Jahren betreute Lilli Marx Zeugen während der NS-Prozesse wie dem Majdanek-Prozess.

Soroptimis­ten Dem internatio­nalen Netzwerk Soroptimis­ten, das Frauen in verantwort­lichen gesellscha­ftlichen Positionen und Berufen unterstütz­t, leistete Lilli Marx mit einer Clubgründu­ng 1958 in Düsseldorf einen erhebliche­n Beitrag. Weltweit verfügen die Soroptimis­ten über 80.000 Mitglieder in 132 Ländern. „Freundscha­ft und internatio­nale Verständig­ung waren ihr Anliegen“, sagt Hanne von Schaumann-Werder über ihre ehemalige Clubschwes­ter Lilli Marx.

Jüdische Gemeinde Als Mitglied des Gemeindera­ts hat sich Lilli Marx in der jüdischen Gemeinde Düsseldorf engagiert.

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FOTO: MAHN- UND GEDENKSTÄT­TE Lilli und ihr Mann Karl gaben zusammen ab 1946 das Jüdische Wochenblat­t heraus, das in Benrath an der Friedhofst­raße gedruckt wurde.

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