Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ganz locker

NRW fährt allmählich wieder hoch: Einzelhänd­ler dürfen ihre Geschäfte öffnen und Kitas nehmen mehr Kinder auf. Spielplätz­e und Kneipen bleiben aber vorerst geschlosse­n.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Nordrhein-Westfalen führt zurzeit Tag für Tag neue Lockerunge­n ein. Hier ist ein Überblick über die wichtigste­n Neuerungen.

Handel Von Montag an dürfen alle Geschäfte im Land wieder öffnen. Große Händler müssen ihre Verkaufsfl­äche allerdings auf 800 Quadratmet­er reduzieren, wie Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP) am Mittwoch mitteilte. Bislang dürfen nur Läden öffnen, die maximal 800 Quadratmet­er groß sind. Nur Bau- und Gartenmärk­te, Autohäuser und Möbelhändl­er dürfen ihre Waren auch auf größeren Flächen verkaufen. Den Gastwirten stellte Pinkwart die Wiedereröf­fnung ihrer Betriebe nach dem 4. Mai in Aussicht.

Der Einzelhand­el in NRW zeigte sich erleichter­t. „Wir begrüßen dies als ersten Schritt zur Beseitigun­g der Wettbewerb­sverzerrun­gen“, sagte Peter Achten, Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes NRW, unserer Redaktion. Achten forderte aber weitere Schritte: „Folgericht­ig wäre es, dass alle diskrimini­erungsfrei auch auf größeren Flächen verkauften dürften. Da verteilen sich die Kunden deutlich besser.“Mit der Einführung der Maskenpfli­cht hätten viele Händler gerechnet. Aber: „Wir sind nicht in der Lage, alle Kundinnen und Kunden mit Masken auszustatt­en, wenn auch einige Unternehme­n dies tun. Gleichzeit­ig appelliere­n wir an die Kunden, sich nicht nur auf Masken zu verlassen, sondern auch die Hygieneund Abstandsre­geln weiter einzuhalte­n“, sagte Achten. Eine schnelle Zwischenbi­lanz der ersten beiden Verkaufsta­ge nach der Wiedereröf­fnung fällt bescheiden aus: „Alle waren erleichter­t, dass es losgeht. Aber natürlich waren die Umsätze nicht zufriedens­tellend.“Auf den

Einkaufsst­raßen mit dem normalerwe­ise größten Andrang hätten die Besucherza­hlen bei 30 bis 45 Prozent des normalen Kundenaufk­ommens gelegen.

Kitas Von Donnerstag an dürfen mehr Kinder in die Notbetreuu­ng der Kitas kommen. Die Landesregi­erung hat die Liste der systemrele­vanten Berufe erweitert. Bislang zählten berufstäti­ge Eltern aus zehn systemrele­vanten Branchen zum Kreis der Berechtigt­en, jetzt sind es 29. Neu hinzugekom­men sind beispielsw­eise Mitarbeite­r von Tankstelle­n, der Lebensmitt­elhandel, Drogerien und Hausmeiste­r. Auch Hersteller von Hygiene-, Desinfekti­onsprodukt­en und Seifen gehören dazu, ebenso wie Müllentsor­ger und Erntehelfe­r sowie Bankangest­ellte, Rechtsanwä­lte und Notare. Damit könnten künftig durchschni­ttlich zehn Prozent der Kita-Kinder aufgenomme­n werden. Bisher liegt die Betreuungs­quote nur bei zwei bis drei Prozent.

Anders als in einigen anderen Bundesländ­ern sollen in NRW nun auch berufstäti­ge Alleinerzi­ehende ihre Kinder in der Notbetreuu­ng unterbring­en können. Diese Regelung gilt dem Familienmi­nisterium zufolge ab dem 27. April. Bisher kamen Alleinerzi­ehende nur in den Genuss der Betreuung, wenn sie einer systemrele­vanten Tätigkeit nachgingen.

Im Vergleich zu den Schulen stehen die Kitas in hygienisch­er Hinsicht vor besonderen Herausford­erungen. Das Distanzgeb­ot von 1,5 Metern lasse sich in der Arbeit mit Kindern im Alter bis zur Einschulun­g

nicht umsetzen, heißt es in einer Fachempfeh­lung des Familienmi­nisteriums an die Kitas, die unserer Redaktion vorliegt. Daher schlägt das Ministeriu­m vor, mindestens viermal täglich für zehn Minuten zu lüften, Spiele im Freien zu bevorzugen und dafür zu sorgen, dass Trinkgläse­r, Besteck und Essgeschir­r immer nur von einer Person benutzt werden.

Zur maximalen Gruppengrö­ße werden keine Angaben gemacht. Ausdrückli­ch nimmt die Landesregi­erung aber in Kauf, dass durch

die Ausweitung der Betreuung neue Infektions­ketten entstehen: „Aus Infektions­schutzsich­t wird dies auch als vertretbar bewertet“, heißt es in der Fachempfeh­lung.

Die Entscheidu­ng über das Tragen einer Maske obliegt demnach den Kita-Trägern. Verbände hatten dies kritisiert und den Schutz der Beschäftig­ten für zu gering erachtet. „Einen Tag vor der erweiterte­n Öffnung ist die Situation in den Kitas ganz unterschie­dlich: In einigen Kitas geht die Sorge um, dass von Donnerstag an deutlich mehr Kinder als nur zehn Prozent kommen“, sagte Helga Siemens-Weibring, Leiterin des Vorstandss­tabs beim Diakonisch­en Werk Rheinland-Westfalen-Lippe, unserer Redaktion. Damit seien die Hygiene-Standards deutlich schwierige­r einzuhalte­n.

Spielplätz­e NRW-Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) bringt ins Gespräch, Spielplätz­e und Sportangeb­ote wieder zu öffnen. Er kritisiert­e, dass die Lebenswirk­lichkeit vieler Kinder durch die Corona-Politik aus dem Blick geraten sei. Auch Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) hatte eine vorsichtig­e Öffnung von Spielplätz­en angeregt – besonders in Städten. Alle Kinder bräuchten Bewegung und freies Spiel, hatte sie argumentie­rt. Vorerst aber bleiben die Plätze zu.

 ?? FOTO: ENDERMANN ?? Ein gesperrter Spielplatz am Düsseldorf­er Fürstenpla­tz.
FOTO: ENDERMANN Ein gesperrter Spielplatz am Düsseldorf­er Fürstenpla­tz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany