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Ganz locker
NRW fährt allmählich wieder hoch: Einzelhändler dürfen ihre Geschäfte öffnen und Kitas nehmen mehr Kinder auf. Spielplätze und Kneipen bleiben aber vorerst geschlossen.
DÜSSELDORF Nordrhein-Westfalen führt zurzeit Tag für Tag neue Lockerungen ein. Hier ist ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen.
Handel Von Montag an dürfen alle Geschäfte im Land wieder öffnen. Große Händler müssen ihre Verkaufsfläche allerdings auf 800 Quadratmeter reduzieren, wie Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Mittwoch mitteilte. Bislang dürfen nur Läden öffnen, die maximal 800 Quadratmeter groß sind. Nur Bau- und Gartenmärkte, Autohäuser und Möbelhändler dürfen ihre Waren auch auf größeren Flächen verkaufen. Den Gastwirten stellte Pinkwart die Wiedereröffnung ihrer Betriebe nach dem 4. Mai in Aussicht.
Der Einzelhandel in NRW zeigte sich erleichtert. „Wir begrüßen dies als ersten Schritt zur Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen“, sagte Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes NRW, unserer Redaktion. Achten forderte aber weitere Schritte: „Folgerichtig wäre es, dass alle diskriminierungsfrei auch auf größeren Flächen verkauften dürften. Da verteilen sich die Kunden deutlich besser.“Mit der Einführung der Maskenpflicht hätten viele Händler gerechnet. Aber: „Wir sind nicht in der Lage, alle Kundinnen und Kunden mit Masken auszustatten, wenn auch einige Unternehmen dies tun. Gleichzeitig appellieren wir an die Kunden, sich nicht nur auf Masken zu verlassen, sondern auch die Hygieneund Abstandsregeln weiter einzuhalten“, sagte Achten. Eine schnelle Zwischenbilanz der ersten beiden Verkaufstage nach der Wiedereröffnung fällt bescheiden aus: „Alle waren erleichtert, dass es losgeht. Aber natürlich waren die Umsätze nicht zufriedenstellend.“Auf den
Einkaufsstraßen mit dem normalerweise größten Andrang hätten die Besucherzahlen bei 30 bis 45 Prozent des normalen Kundenaufkommens gelegen.
Kitas Von Donnerstag an dürfen mehr Kinder in die Notbetreuung der Kitas kommen. Die Landesregierung hat die Liste der systemrelevanten Berufe erweitert. Bislang zählten berufstätige Eltern aus zehn systemrelevanten Branchen zum Kreis der Berechtigten, jetzt sind es 29. Neu hinzugekommen sind beispielsweise Mitarbeiter von Tankstellen, der Lebensmittelhandel, Drogerien und Hausmeister. Auch Hersteller von Hygiene-, Desinfektionsprodukten und Seifen gehören dazu, ebenso wie Müllentsorger und Erntehelfer sowie Bankangestellte, Rechtsanwälte und Notare. Damit könnten künftig durchschnittlich zehn Prozent der Kita-Kinder aufgenommen werden. Bisher liegt die Betreuungsquote nur bei zwei bis drei Prozent.
Anders als in einigen anderen Bundesländern sollen in NRW nun auch berufstätige Alleinerziehende ihre Kinder in der Notbetreuung unterbringen können. Diese Regelung gilt dem Familienministerium zufolge ab dem 27. April. Bisher kamen Alleinerziehende nur in den Genuss der Betreuung, wenn sie einer systemrelevanten Tätigkeit nachgingen.
Im Vergleich zu den Schulen stehen die Kitas in hygienischer Hinsicht vor besonderen Herausforderungen. Das Distanzgebot von 1,5 Metern lasse sich in der Arbeit mit Kindern im Alter bis zur Einschulung
nicht umsetzen, heißt es in einer Fachempfehlung des Familienministeriums an die Kitas, die unserer Redaktion vorliegt. Daher schlägt das Ministerium vor, mindestens viermal täglich für zehn Minuten zu lüften, Spiele im Freien zu bevorzugen und dafür zu sorgen, dass Trinkgläser, Besteck und Essgeschirr immer nur von einer Person benutzt werden.
Zur maximalen Gruppengröße werden keine Angaben gemacht. Ausdrücklich nimmt die Landesregierung aber in Kauf, dass durch
die Ausweitung der Betreuung neue Infektionsketten entstehen: „Aus Infektionsschutzsicht wird dies auch als vertretbar bewertet“, heißt es in der Fachempfehlung.
Die Entscheidung über das Tragen einer Maske obliegt demnach den Kita-Trägern. Verbände hatten dies kritisiert und den Schutz der Beschäftigten für zu gering erachtet. „Einen Tag vor der erweiterten Öffnung ist die Situation in den Kitas ganz unterschiedlich: In einigen Kitas geht die Sorge um, dass von Donnerstag an deutlich mehr Kinder als nur zehn Prozent kommen“, sagte Helga Siemens-Weibring, Leiterin des Vorstandsstabs beim Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe, unserer Redaktion. Damit seien die Hygiene-Standards deutlich schwieriger einzuhalten.
Spielplätze NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) bringt ins Gespräch, Spielplätze und Sportangebote wieder zu öffnen. Er kritisierte, dass die Lebenswirklichkeit vieler Kinder durch die Corona-Politik aus dem Blick geraten sei. Auch Familienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte eine vorsichtige Öffnung von Spielplätzen angeregt – besonders in Städten. Alle Kinder bräuchten Bewegung und freies Spiel, hatte sie argumentiert. Vorerst aber bleiben die Plätze zu.