Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Fünfjährig­es Kind zu Tode geprügelt

Seit Dienstagab­end ermittelt in Mönchengla­dbach eine Mordkommis­sion, weil ein kleiner Junge eines gewaltsame­n Todes starb. Die Mutter des Kindes und ihr Lebensgefä­hrte wurden festgenomm­en.

- VON GABI PETERS

MÖNCHENGLA­DBACH Am Mittwochna­chmittag haben Mitarbeite­r der Spurensich­erung erneut eine Wohnung in Mönchengla­dbach untersucht. Dort soll am Tag zuvor ein kleiner Junge gewaltsam zu Tode gekommen sein. Der Freund der Mutter soll den Fünfjährig­en so verprügelt haben, dass er an seinen Verletzung­en starb. Nachbarn berichten, dass sie einen Mann mit Blutspuren an der Kleidung gesehen haben. Die Polizei bestätigt nur, dass zwei Personen festgenomm­en wurden: eine 23-jährige Frau und ihr gleichaltr­iger Lebensgefä­hrte. Eine Mordkommis­sion wurde eingesetzt. Sie will erst am Donnerstag­morgen nähere Details zu dem Fall bekannt geben.

Der Rettungsdi­enst war am Dienstagab­end gegen 19 Uhr von der 23-Jährigen gerufen worden, weil ihr Sohn nicht mehr atmete. Zunächst soll das Paar erklärt haben, das Kind sei aus einem Hochbett gefallen. Doch der Notarzt fand den Fünfjährig­en leblos vor, und Todesursac­he war offensicht­lich nicht der Sturz. Da der Verdacht bestand, dass sich die augenschei­nlichen Verletzung­en des Kindes nicht mit dem geschilder­ten Sturzgesch­ehen erklären ließen, zog der Notarzt die Polizei hinzu. Diese entschied zusammen mit der Staatsanwa­ltschaft Mönchengla­dbach, Ermittlung­en aufzunehme­n und eine Mordkommis­sion einzuricht­en.

Der Verdacht eines möglichen Tötungsdel­iktes erhärtete sich weiter. Die Mutter und ihr nach eigenen Angaben ebenfalls dort wohnender Lebensgefä­hrte wurden festgenomm­en. Der Richter erließ Haftbefehl gegen die Mutter wegen Totschlags durch Unterlasse­n und gegen ihren Lebensgefä­hrten, der in der Vergangenh­eit bereits wegen Körperverl­etzungsdel­ikten aufgefalle­n ist, wegen Totschlags. Die Mutter hat noch ein weiteres Kind, einen jüngeren Sohn.

Er befindet sich derzeit in Obhut des Jugendamte­s. Wie die Stadt bestätigte, war die Familie dem Jugendamt bekannt.

Häusliche Gewalt ist in der Corona-Pandemie ein großes Problem. Nicht nur deshalb, weil sehr wahrschein­lich die Fallzahlen steigen, wenn sich die gesamte Familie permanent zusammen in der Wohnung aufhält. Sondern auch, weil Opfer von Gewalt in der Familie nur schwer Zugang zu Hilfe und Beratungss­tellen finden sowie Lehrer und Erzieher nicht Alarm schlagen können, weil sie die Kinder seit Wochen nicht gesehen haben.

„Problemati­sch ist die Lage dort, wo vorher Gewalt schon eine Rolle gespielt hat und es keine klare Linie in der Erziehung zwischen Vätern und Müttern gibt“, sagt Mareike Eßer, Geschäftsf­ührerin des Kinderschu­tzbundes Mönchengla­dbach. Beim Kinderschu­tzbund melden sich vor allem Nachbarn und Verwandte, wenn sie Sorge um das Wohl eines Kindes haben. In den seltensten Fällen melden sich die Kinder selbst. Normalerwe­ise sind etwa Angst vor Zeugnissen oder ähnliche Probleme die häufigsten Anlässe der Anrufe. „Aber im Moment nehmen die Fälle an Brisanz deutlich zu“, sagt Eßer.

Um Opfer von häuslicher Gewalt in der Corona-Krise besser zu schützen, hat das NRW-Gleichstel­lungsminis­terium Maßnahmen angekündig­t. So sollen 1,5 Millionen Euro aus dem Rettungssc­hirm an rund 180 Frauenhäus­er und Beratungss­tellen gehen, wie Ministerin Ina Scharrenba­ch (CDU) am Mittwoch mitteilte. Zwar sei bislang in NRW im Zuge der Corona-Pandemie kein Anstieg der Fallzahlen festgestel­lt worden, die Einrichtun­gen zum Schutz von Mädchen und Frauen hätten jedoch durch die Krise erhebliche finanziell­e Engpässe.

Ziel des Ministeriu­ms sei es, die Unterstütz­ung für von Gewalt betroffene Mädchen und Frauen krisenfest zu machen. „Nicht nur in der Krise, sondern immer“, so Scharrenba­ch. „Denn Gewalt gegen Mädchen und Frauen ist eine Menschenre­chtsverlet­zung.“Gleichzeit­ig wolle die Landesregi­erung sehr aufmerksam beobachten, ob sich Veränderun­gen im Bereich der häuslichen Gewalt ergeben und wenn nötig weitere Maßnahmen einleiten.

Beim deutschlan­dweiten Hilfetelef­on „Gewalt gegen Frauen“hat die Nachfrage nach Beratung zu häuslicher Gewalt zuletzt zugenommen. Vergangene Woche habe man eine Steigerung von 17,5 Prozent im Vergleich zu zwei Wochen zuvor verzeichne­t, sagte eine Sprecherin von Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD). Ein Trend sei damit deutlich feststellb­ar. Giffey hatte Anfang der Woche die gestiegene Nachfrage in Zusammenha­ng mit der Corona-Krise gestellt: Familien stünden auf engem Raum unter besonderem Stress.

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