Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Schulstart zwischen Motivation und Sorge
An den Mund-Nasen-Schutz, den einige Schulen zur Pflicht machen, müssen sich die angehenden Prüflinge noch gewöhnen.
DÜSSELDORF Die Stimmung an der Georg-Schulhoff-Realschule in Vennhausen wirkt an diesem ersten Schultag nach rund fünf Wochen etwas gedrückt. Vereinzelt oder in Zweiergruppen stehen die Jugendlichen auf dem Schulhof. Nur wenige gehen über das Gebot der körperlichen Distanz hinweg und fallen sich nach langer Pause in die Arme, dankbar, sich wenigstens auf dem Schulhof wiedersehen zu können. Auch wenn es an dieser Schule nicht verpflichtend ist, trägt jeder Jugendliche und Lehrer eine selbst mitgebrachte Maske – von FFP3-Standard bis zum improvisierten Western-Halstuch. Im Klassenzimmer sitzen höchstens zehn Schüler, deren Tische weit voneinander weg stehen.
Dabei ist es nicht ein mögliches Ansteckungsrisiko, das die Realschüler an diesem Tag bedrückt. Sondern die Frage, wie die Prüfungen am 12. Mai denn nun eigentlich aussehen sollen und welche Noten schlussendlich auf ihrem Zeugnis stehen werden. „Erfahrungsgemäß geben dann viele noch einmal Gas, um ihre Noten zu verbessern“, sagt Lehrerin Katja Gehlhaar. Die dreistündigen Unterrichtseinheiten, die nun bis zum 4. Mai stattfinden, dienen der Vorbereitung auf die Prüfungen in den Hauptfächern. Diese werden in diesem Jahr von den Lehrern selbst erstellt. Wie das Ganze in den Nebenfächern funktionieren soll, kann sich Schüler Nico Kuhlen jedoch nicht so recht vorstellen. „Ich hatte das erste Halbjahr Chemie, das wurde dann im zweiten Halbjahr durch Biologie ersetzt. Darin hatte ich aber bis zum Lockdown nur zwei Stunden. Wie soll ich da benotet werden?“, fragt sich der 16-Jährige.
Noch weitergehende Schutzmaßnahmen hat sich das Lore-Lorentz-Berufskolleg erdacht. Zwei Lehrer stehen am Eingang bereit und passen auf, dass niemand das Gebäude betritt, ohne sich die Hände zu desinfizieren oder eine Maske aufzusetzen. Ein fester Sitzplan soll mögliche Ketten im Falle einer Infektion unterbrechen. Im Gegensatz zu den Berufsschülern tragen die Lehrer jedoch einen sogenannten Spuckschutz. „Uns ist es wichtig, dass die Schüler die Kollegen beim Sprechen sehen“, sagt der stellvertretende Schulleiter Heinrich Kuypers. Im Klassenzimmer selber darf die Maske aufgrund des Abstands wieder abgenommen werden – was nicht jeder Schüler versteht. Paula Bischofsberger hält darüber hinaus auch die Öffnung der Schulen für unsinnig. „Mit der Schulpflicht entsteht dadurch ein weiterer, unnötiger Druck von Schulministerin Yvonne Gebauer, der nicht verständlich ist“, sagt die angehende
Freizeitsportleiterin.
Ruhig läuft dieser erste Schultag am Rather Friedrich-Rückert-Gymnasium an. Dabei sind die Herausforderungen für Schulleiterin Dorothee Pietzko und ihr Team noch ein Stück größer. Wegen Bauarbeiten ist die Schule vor einigen Monaten in eine Containeranlage gezogen. Damit sich möglichst wenige Menschen in den engen Gängen begegnen, wurden die Wege durch die Anlage als Einbahnstraßen angelegt. Einig sind sich die Schüler, dass das in den drei kommenden Wochen geplante Lernangebot keinen vollwertigen Unterricht ersetzt. „Wir werden aber immerhin wieder etwas motiviert“, sagt Justin Rieß. Er zählt zu jenen Heranwachsenden, die sich lieber das Durchschnittsabi gewünscht hätten, „denn der psychische Stress ist enorm, und die Gesundheit sollte auf jeden Fall vorgehen“.
Mit gemischten Gefühlen verlässt Claudius Weis gegen Mittag das Görres-Gymnasium. Seine verpasste Vorabiturprüfung in Mathe, die der 18-Jährige aufgrund einer Handverletzung nun nachschreiben musste, lief nicht sehr gut. „Ich war vor drei Monaten eigentlich super vorbereitet. Aber der erste Termin wurde verschoben und das genaue Datum des zweiten habe ich erst vor ein paar Tagen erfahren”, sagt er. Dass vor wenigen Stunden ein paar Straßen weiter einige Schüler für die Absage der Prüfungen demonstrierten, hat er mitbekommen. Er hält die Nicht-Absage aber für vernünftig, auch wenn er um die Bedenken einiger seiner Mitschüler weiß. Viele machen sich Sorgen um ihren Numerus Clausus.
„Wir haben uns auf diesen Tag intensiv vorbereitet und nach den Standards des Robert-Koch-Instituts alles dafür getan, dass die Schulen ihren Bildungsauftrag auch in dieser schwierigen Zeit gut und sicher erfüllen können“, zieht Schuldezernent Burkhard Hintzsche am Nachmittag eine positive Bilanz. Sein Blick richtet sich nun nach vorn: „Jetzt bereiten wir für den 4. Mai den Schulstart für die Viertklässler vor, das betrifft weitere 5000 Schüler.“