Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Oskar Roehlers böser Nachkriegs­roman

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Die Band The Necks ist einfach großartig

Rock Das ist eine gute Gelegenhei­t, noch einmal auf eine der am sträflichs­ten übersehene­n Bands der Welt hinzuweise­n, die Necks aus Australien. Das ist ein Trio, das seit mehr als 30 Jahren aktiv ist, es hat keine schlechte Platte veröffentl­icht, und man weiß gar nicht so genau, ob sie nun eigentlich Rock machen oder doch vielmehr Jazz, Improvisat­ion oder Ambient. Die Necks legen jetzt jedenfalls eine neue Platte vor, die sie lakonisch „Three“betitelt haben, weil nämlich nur drei Stücke drauf sind. Die indes sind großartig, jedes dauert um die 20 Minuten, und es geht los mit dem ungewöhnli­chen und nervös rappelnden und energetisc­hen „Bloom“. Danach wird es besonnener, die anderen Instrument­al-Stücke liegen mehr im Kernbereic­h dessen, was diese Band bei Fans unwiderste­hlich macht: Arrangemen­ts, in die man einzutauch­en meint, die mit kleinsten Veränderun­gen und Nuancierun­gen arbeiten. „Lovelock“ist so eine karge und zurückhalt­ende Nummer, aber der Höhepunkt ist „Further“. Piano, Bass und Drums, gelegentli­ch Synthesize­r,

Roman Wer noch etwas über den nachkriegs­deutschen Geist erleben will, sollte Romane lesen, Böll und Koeppen, vielleicht auch Kreuder und Gaiser. Sie haben sich als junge Autoren mit dieser Zeit auseinande­r gesetzt. Als Kind erlitten aber hat Oskar Roehler diese Wirtschaft­swunderzei­t – und mit „Der Mangel“hat er einen derart bösen, verzweifel­ten und so sprachmäch­tigen Roman geschriebe­n, dass man am liebsten zur Schulpflic­htlektüre machen würde – mit seiner Geschichte der Zugezogene­n und dem Eigenheim, an dem die Väter im weißen Unterhemd Wochenende für Wochenende schuften, und die am Montag als Vertreter wieder die Familie verlassen. Eine Welt zum Verzweifel­n für die Heranwachs­enden, die sich mit Kunst und finsterer Literatur für den Selbstbeha­uptungskam­pf gegen die Elterngene­ration bewaffnen und den Überlebens­kampf in einer verlogenen Welt. Lothar Schröder

Oskar Roehler: eine Orgel und Feedback. Mehr braucht ein Stück von den Necks nicht, und nahezu jedes ist so gebaut, dass es ewig laufen könnte. Das ist zwar so genannte handgemach­te Musik, aber ihre Struktur ist bestimmten Spielarten der elektronis­chen Musik sehr ähnlich. Vielleicht deshalb haben The Necks kürzlich für mehrere ziemlich gelungene Stücke mit den britischen Elektronik­ern Underworld bei deren „Drift-Series“zusammenge­arbeitet – sollte man sich nicht entgehen lassen.

Apropos Briten: Größter Fan der Necks ist der (ohnehin unbedingt lesenswert­e) Schriftste­ller Geoff Dyer. Er hat mal für die „New York Times“einen Essay über seine Obsession – so bezeichnet er seine Zuneigung – geschriebe­n. Auch den sollte man sich nicht entgehen lassen. Philipp Holstein

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„Der Mangel“, Ullstein,177 S., 23 Euro
RP „Der Mangel“, Ullstein,177 S., 23 Euro
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