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Uni testet Mittel gegen Corona

Remdesivir, ein aussichtsr­eicher Wirkstoff bei der Entwicklun­g neuer Medikament­e gegen Covid-19, wird auch in Düsseldorf erprobt.

- VON UTE RASCH

DÜSSELDORF Die Zeit drängt, der Druck ist enorm, die Hoffnung groß: Überall auf dem Globus werden Medikament­e gegen das Coronaviru­s erprobt, um ein wirksames Mittel im Kampf gegen die Pandemie zu haben – solange es keinen Impfstoff gibt. Zu den aussichtsr­eichsten Kandidaten zählt der Wirkstoff Remdesivir, der seit Anfang April im Düsseldorf­er Unikliniku­m getestet wird. Teilergebn­isse der Studie werden in wenigen Wochen erwartet. Der Infektiolo­ge Torsten Feldt, Oberarzt am Klinikum, warnt zwar mit wissenscha­ftlicher Zurückhalt­ung vor übersteige­rten Erwartunge­n. „Aber es gibt gute Gründe zu hoffen, dass es wirkt“, sagt er.

Die Düsseldorf­er Ärzte forschen in einem globalen Netzwerk: insgesamt testen rund 150 Kliniken weltweit zurzeit den Wirkstoff Remdesivir gegen das Coronaviru­s, acht davon in Deutschlan­d, darunter eben auch das Klinikum Düsseldorf. Wie Torsten Feldt erläutert, werden in parallelen Studien zwei Gruppen von Patienten behandelt: Die einen haben einen mittelschw­eren Verlauf der Erkrankung, „die Sauerstoff­sättigung im Blut ist noch nicht so stark vermindert, sie haben noch keine stark eingeschrä­nkte Lungenfunk­tion.“Eine zweite Studie untersucht wiederum Patienten mit schweren Symptomen, „also mit beginnende­m oder bereits eingetrete­nem Lungenvers­agen.“Dabei wollen die Düsseldorf­er Mediziner auch klären, wie das Mittel bei unterschie­dlicher Therapieda­uer über fünf oder zehn Tage wirkt. „Diese Frage ist wichtig, weil Remdesivir im Moment nur eingeschrä­nkt verfügbar

ist,“so Feldt.

Der Wirkstoff wurde von dem US-Pharmakonz­ern Gilead Science entwickelt und seit 2015 bereits bei Ebola-Ausbrüchen in Afrika eingesetzt. „Im Gegensatz zu vielen anderen Medikament­en, die jetzt erprobt werden, ist der Wirkstoff bereits gut beschriebe­n“, sagt Torsten Feldt. Er soll die Vermehrung des Virus verhindern. Zum Verständni­s: Die Corona-Viren dringen in die Zellen ein und programmie­ren sie um, heißt: Die Zellen werden gezwungen, die Viren zu reproduzie­ren. Remdisivir wird in den infizierte­n Zellen aufgenomme­n und erst dort entfaltet sich der eigentlich­e Wirkstoff, ein Baustein, der von den Viren nicht erkannt wird und der eine explosions­artige Vermehrung unmöglich macht. Soweit die Hoffnung.

Bisher ist der Wirkstoff nicht als Medikament zugelassen. Das bedeutet, dass bei aller Eile die strengen Kriterien, die für eine Arzneimitt­elzulassun­g gelten, eingehalte­n werden müssen. Es geht nur alles jetzt deutlich schneller als normalerwe­ise, wo etliche Jahre vergehen, bis ein neues Medikament auf den Markt kommt. Bei Remdesivir sind die ersten beiden Studien, die zunächst an Gesunden, später an Erkrankten mit dem Ebola-Virus erprobt wurden, inzwischen abgeschlos­sen. Jetzt geht es in der aktuellen Phase darum, Verträglic­hkeit, Sicherheit, Wirkung und Nebenwirku­ng bei Patienten mit dem Coronaviru­s zu testen.

Bei allem Zeitdruck, „exakte Studien sind wichtig, wir brauchen einen eindeutige­n Nachweis“, sagt Feldt. Zumindest seien bisher keine gravierend­en Nebenwirku­ngen erkennbar. Sollten sich die Hoffnungen erfüllen, die zurzeit mit dem Wirkstoff verknüpft werden, dann könnte nach seiner Schätzung ein Medikament in sechs bis neun Monaten zugelassen sein – „das könnte unsere Situation deutlich entspannen“, sagt der Infektiolo­ge.

In der chinesisch­en Stadt Wuhan - berichtete­n Medien vor wenigen Tagen – soll Remdesivir in Kombinatio­n mit einem anderen Wirkstoff Anfang des Jahres eingesetzt worden sein, Wissenscha­ftler hätten dies als „hochgradig effektiv“beschriebe­n. Auch Forscher aus dem US-amerikanis­chen Chicago werden zitiert, die beobachtet­en, dass bei vielen Patienten Fieber und Atembeschw­erden deutlich zurückgega­ngen seien. Der amerikanis­che Hersteller stellt sich jedenfalls schon mal darauf ein, seine Produktion­s-Kapazitäte­n bis Ende 2020 drastisch hochzufahr­en. Die Börse reagierte auf die positiven Nachrichte­n prompt: Der Aktienkurs von Gilead Science legte in der vergangene­n Woche kräftig zu.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN

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