Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Eine Blamage für die Justiz

- VON HOLGER MÖHLE

Dieses Urteil ist ein Skandal. Denn: Es gibt gar kein Urteil. Es ist ein Schlag ins Gesicht der Hinterblie­benen, der Eltern und Geschwiste­r, die gehofft hatten, der Tod ihrer Töchter und Söhne, ihrer Schwestern und Brüder, würde irgendwie gesühnt. 21 Tote, mehr als 650 Verletzte. Und jetzt: Kein verurteilt­er Schuldiger für einen der schwersten Unfälle bei einer Freizeitve­ranstaltun­g in Nordrhein-Westfalen. Der 24. Juli 2010 wird für immer eine Narbe in der Geschichte des Landes bleiben. Er steht für die Katastroph­e bei der Loveparade in Duisburg. Aus einem Tag des unbeschwer­ten Vergnügens wurde damals für 21 junge Menschen, die dazu teilweise eigens aus dem Ausland angereist waren, ein Event in den Tod.

Jetzt, knapp zehn Jahre danach, markiert auch der 4. Mai 2020 in Nordrhein-Westfalen einen rabenschwa­rzen Tag. Er steht für eine beispiello­se Fehlleistu­ng der Justiz. Ein Urteil? Nein, ein Schandflec­k. Das Landgerich­t Duisburg hat nach insgesamt zehn Jahren Ermittlung­en, Prozessvor­bereitung und schließlic­h einem späten Einstieg ins Strafverfa­hren den Prozess tatsächlic­h mit einer Einstellun­g beendet. Man bleibt sprachlos zurück.

Gerechtigk­eit bleibt auf der Strecke, weil das Gericht darauf verzichtet, Schuldige, die es für eine solche Katastroph­e gegeben haben muss, in diesem Mammutproz­ess auch schuldig zu sprechen. Es wirkt verheerend für das Vertrauen in den Rechtsstaa­t, dass die Justiz in diesem Fall nicht die Kraft gefunden hat, für Gerechtigk­eit zu sorgen. Mitarbeite­r der Stadt Duisburg, die das Sicherheit­skonzept für diese Loveparade mit abgenickt hatten, wie auch des Veranstalt­ers kommen juristisch ungeschore­n davon. Dieser Verzicht auf ein Urteil ist eine beispiello­se Blamage für die Justiz in Nordrhein-Westfalen – für den Rechtsstaa­t.

BERICHT DER DUNKELSTE ALLER TAGE, NORDRHEIN-WESTFALEN

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