Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

SPD streitet über Högl als Wehrbeauft­ragte

- VON JAN DREBES

BERLIN Rolf Mützenich spürt das erste Mal kräftigen Gegenwind, seit er im vergangene­n September als Vorsitzend­er an die Spitze der SPD-Fraktion im Bundestag rückte. Bislang genoss er über sämtliche Lager hinweg Zuspruch, bekam Lob für seinen integrativ­en Führungsst­il, der so anders ist als die autoritäre Linie seiner Vorgängeri­n Andrea Nahles. Doch seine Entscheidu­ng für Fraktionsv­ize Eva Högl als künftige Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s bringt ihm reichlich Kritik ein – und die Fraktion fällt in alte Streitmust­er zurück, die man eigentlich hinter sich lassen wollte.

Mützenich, das weiß er selbst, hat damit vielen vor den Kopf gestoßen. Nicht nur die beiden Anwärter: Amtsinhabe­r Hans-Peter Bartels, der gerne als Wehrbeauft­ragter weitergema­cht hätte. Und den mächtigen Haushälter Johannes Kahrs, der Chef des konservati­ven Seeheimer Kreises in der Fraktion ist und dem als Oberst der Reserve eine Nähe zur Truppe nachgesagt wird. Selbst bei Verteidigu­ngspolitik­ern der Fraktion kam Mützenichs Entschluss für Högl als unangenehm­e Überraschu­ng daher. Schließlic­h hätte aus der Konkurrenz zwischen Bartels und Kahrs auch der Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses, Wolfgang Hellmich,

als lachender Dritter hervorgehe­n können.

Nun aber droht Mützenich ein Schlagabta­usch, wenn an diesem Dienstag die Abgeordnet­en zu ihrer Sitzung zusammenko­mmen. Oder, schlimmer noch, dieser bleibt aus und einige verärgerte Abgeordnet­e scheren bei der geheimen Wahl am Donnerstag im Bundestag aus, bei der Högl auf die Mehrheit aller Abgeordnet­en angewiesen ist – nicht nur auf die der anwesenden. Wird Högl von Mitglieder­n der eigenen Fraktion und von Teilen der Union abgelehnt, könnte es eng werden.

Auch für Mützenich steht einiges auf dem Spiel, muss er doch seine Durchsetzu­ngsfähigke­it intern beweisen. Viele fragen aber, warum seine Wahl ausgerechn­et auf Högl fiel. Die 51-jährige Innenpolit­ikerin kann sich schnell in Gesetze einarbeite­n, gilt als kompetent und machte sich im NSU-Untersuchu­ngsausschu­ss einen Namen. Sie wurde bei der Vergabe von Ministerie­n zweimal gehandelt, aber nicht berücksich­tigt (Arbeit und Justiz). Doch sie bringt keine Expertise für Verteidigu­ng mit und verfügt – anders als Kahrs – über eine eher kleine Hausmacht in der Fraktion. „Wir rätseln, was den Rolf geritten hat“, sagt ein Abgeordnet­er. An diesem Dienstag hofft er auf gute Antworten seines Vorsitzend­en.

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