Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Eine Reise durch Fortunas Historie
Vieles in der Geschichte des Klubs ist belegbar, manches aber auch nicht – wie zum Beispiel das Gründungsdatum.
DÜSSELDORF Wer über Fortunas Vergangenheit spricht, bezieht sich häufig auf das Sportliche, auf die Pokalsiege und Europapokalnächte in den 1970er und 1980er Jahren. Auf das, was man durchaus als jüngere Vergangenheit bezeichnen kann. Denn der Gesamtverein existiert ja bereits viel länger – angeblich seit 125 Jahren, seit dem 5. Mai 1895. Beweisen kann das allerdings niemand. Der Klub brachte zuletzt viel Zeit dafür auf, seine Geschichte aufzuarbeiten. Ende des Jahres soll das Ergebnis veröffentlicht werden: eine 600 Seiten starke Jubiläumsschrift mit vielen bisher unbekannten Details. Wir haben zusammen mit Tom Koster, der sich bei Fortuna um den Bereich Corporate Social Responsibility und das Archiv kümmert, schon einmal eine kleine Reise in die Vergangenheit gewagt.
Das Gründungsdatum Fest steht: Es gibt keinen Beleg für dieses Datum, keinerlei Protokoll, keine Urkunde – oder irgendetwas anderes, womit sich ein Datum verifizieren lassen würde. Nicht einmal in der Festschrift von 1925 – sicherheitshalber feierte man damals aber schon mal das 30-Jährige – findet sich ein konkreter Nachweis. Immerhin erwähnte der Chronist der Schrift den Januar 1896, in dem eine Versammlung von Turnern stattfand. Vielleicht müsste es also gar F96 statt F95 heißen. Aufschluss könnte die Urfahne bringen, die lange als verschollen galt und seit 1995 im Stadtmuseum hängt. Sie wurde erstmals 1897 in Flingern durch die Luft gewirbelt – an der Lindenstraße vor der Gaststätte Becker. Die Fahne ist nach dem Ersten Weltkrieg umgearbeitet worden, als – nach einigen Fusionen – die Fortuna, wie wir sie heute kennen, aus der Taufe gehoben wurde. Dabei hat man einfach die Ur-Fahne genommen und neue Applikationen aufgebracht – so heißt es zumindest. Um die Wahrheit ans Licht zu bringen, müsste man die Fahne auftrennen – das wäre allerdings in konservatorischer Hinsicht frevelhaft. Dass sich „die Fortuna“in ihrem Gründungs-Selbstverständnis zwischenzeitlich auch mal auf das Jahr 1911 bezog, lässt sich an einer erst vor einigen Jahren zufällig aufgetauchten Ehrenurkunde aus dem Jahr 1936 ausmachen: Die erhielt Wilfried Schack – nachweislich einer der ersten Fußballer des Vereins – für seine 25-jährige Mitgliedschaft.
Der Name Der Name Fortuna soll angeblich von einer Brotfabrik kommen. Allein: Für ein solches Unternehmen gibt es keine Belege. Da es sich um ein Pferdefuhrwerk handelte, auf dessen Plane der Name abgebildet worden sein sollte, hätte es sich nur um eine Fabrik in der Nähe handeln können. Zwar gab es im Rheinischen Konsumverein an der Ronsdorfer Straße eine Großbäckerei, wie auch an der Grafenberger Chaussee. Doch bei beiden gibt es keinen Anhaltspunkt, dass die Glück- und Schicksalsgöttin Fortuna Patin gestanden hätte. Die jüngsten Nachforschungen lassen jedoch eine belastbare Annahme zu, woher der Name tatsächlich stammen könnte. Doch diese Erkenntnisse möchte Fortuna erst in der Jubiläumsschrift veröffentlichen.
Die Wurzeln Dass Fortunas Ursprünge im Turnen lagen, ist gemeinhin bekannt. Und nicht etwa Toni Turek war 1954 Fortunas erster Weltmeister. Nein, Georg Liebsch errang in der Abteilung „Schwerathletik“diesen Titel 1937. Neben dieser Sportart bot der Verein auch Leichtathletik, Rugby und Schwimmen an. Fortuna wurde in den ersten Jahrzehnten maßgeblich durch die Familie Bakkers, die aus Roermond stammte, geprägt. Peter Bakkers wusste als Fußballspieler (bis 1928) zu glänzen, während sich sein ältester Bruder Matthias als Funktionär einen Namen machte. Durch seinen Job bei Peek & Cloppenburg war es der Fortuna möglich, schon in frühen Jahren in einheitlichen Ausgehanzügen aufzutreten. Bakkers war es auch, der der Fortuna 1933 als Vereinspräsident vorstand. Das Thema Fortuna in der Zeit des Dritten Reichs wird auch in der Jubiläumsschrift ausführlich – und gestützt auf wissenschaftliche Expertise – behandelt. Die Quellenlage bei Fortuna ist allerdings insgesamt recht dürftig. Das rührt auch daher, dass Geschäftsstellen früher häufig in Gaststätten untergebracht waren. Eine befand sich an der Flur-/Bruchstraße, die beim fürchterlichen Pfingstangriff 1943 zerstört wurde. Damit war auch ein Großteil der Devotionalien früherer Tage unwiederbringlich vernichtet.
Das Stadion Fortuna trug ihre Spiele bisher auf mindestens fünf Plätzen aus. Vielen ist der Platz an der Vennhauser Straße ein Begriff – der sich am unteren Ende des Flinger Broichs befand. Da sich der Platz in unmittelbarer Nähe der Stadtwerke befand, bekamen die Fortunen über Jahrzehnte auch den Beinamen „Die roten Teufel von der Gasanstalt“. Nach seiner Verpflichtung insistierte Ex-Nationalspieler Georg Hochgesang, Fortuna brauche einen Rasenplatz. Das gelang im September 1930, doch die dazugehörige Tribüne musste noch am alten Platz abgebaut werden und stand erst 1931 da, wo heute das Paul-Janes-Stadion steht. Umkleiden gab es nicht, sodass sich die Teams in einer Gaststätte, etwa 400 Meter vom Gelände entfernt, umziehen mussten. UrPlatz war ein Gelände an der Grafenberger Allee, immer wieder als „Lichtplatz“bezeichnet. Auch hierfür fehlen konkrete Belege, dafür ist inzwischen gesichert, dass Fortuna in den ersten Jahren – vor Beitritt in den Westdeutschen Spielverband – auf wechselnden Plätzen spielte. So auch an der Hans-Sachs-Straße, wo sich in einer Ecke des heutigen Haniel-Parks ein Platz befand. Später trug Fortuna ihre Spiele in Stockum aus: im Rheinstadion und in der Arena.
Die von unseren Lesern gewählte 125-Jahre-Traumelf der Fortuna finden Sie im Lokalsport auf Seite D 4.