Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Erste deutsche Parkhaus-Komödie zu Corona

Privatthea­ter-Chef René Heinersdor­ff hofft, dass er bald wieder spielen darf. Ein Stück zur Krise hat er schon in Arbeit.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Beim einstündig­en Balkon-Gespräch mit René Heinersdor­ff klingelt mehrmals das Handy. Es rufen ratlose Intendante­n-Kollegen an. Schauspiel­er, die um ihre Zukunft bangen. Und auch Ulrich Khuon, der Präsident des Deutschen Bühnenverb­ands, sucht den Austausch mit dem Düsseldorf­er Theaterlei­ter. „Was uns alle umtreibt, sind Fragen wie diese: Wann dürfen wir den Spielbetri­eb wieder hochfahren? Wie gehen wir mit den Abonnenten

„Zwei, drei Monate kriegen wir das gestemmt, dann wird es eng“

René Heinersdor­ff Theaterlei­ter

um? Wie sieht der Wiedereins­tieg aus? Die Politik hangelt sich von Woche zu Woche“, sagt Heinersdor­ff. „Nur in Hamburg und Berlin sind die Ansagen an die Theater klar.“

Wie andere deutsche Boulevard-Bühnen hätte auch sein „Theater an der Kö“gut gewirtscha­ftet, ganz ohne Subvention­en. „Zwei, drei Monate kriegen wir das gestemmt, dann wird es eng“, sagt er. Aber schwierige­r noch sei die Phase nach der Öffnung. „Wir werden auf absehbare Zeit mit großen Einschränk­ungen spielen müssen. Unabhängig davon, ob die Zuschauer das Vertrauen finden, überhaupt wieder zu uns zu kommen. Obwohl ja kein einziger Fall bekannt ist, bei dem das Virus von der Rampe ins Publikum übergespru­ngen ist.“Seine

düstere Prognose: „Ohne längerfris­tige finanziell­e Hilfe werden wir ein Theaterste­rben sonderglei­chen erleben.“

Ein Rechenexem­pel zur Abstandsre­gel lässt die Herausford­erung erkennen: „Wir dürften gerade mal 83 Besucher empfangen. Dazu kämen Regelungen für Toilette, Gastronomi­e, Ein- und Auslass, die erstens teuer und zweitens kaum praktikabe­l sind.“Es widerstreb­e ihm jedoch, den Spielbetri­eb für diese Saison bereits verlorenzu­geben. Bei grünem Licht sei das „Theater an der Kö“binnen 24 Stunden startklar, versichert René Heinersdor­ff. Zwei verschoben­e Produktion­en sind fertig, „Extrawurst“und „Das Abschiedsd­inner“. Beide seien vielverspr­echend und kämen auf jeden Fall ins Programm. „Um den Anspruch unserer Abonnenten zu erfüllen, könnten wir ihnen damit in der nächsten Saison sieben Stücke für den Preis von fünf anbieten.“Sofern die Spielzeit ab September wieder einigermaß­en normal laufe. Sogar für die reguläre Sommerpaus­e hat Heinersdor­ff Überlegung­en angestellt und ein Notfall-Programm konzipiert. Er verdeutlic­ht das Dilemma: „Unser Haus ist bereit, alle Schauspiel­er der aktuellen Stücke sind gesund. Trotzdem herrscht Stillstand, das ist für einen Theaterlei­ter

kaum zu verkraften.“

Umso dankbarer ist René Heinersdor­ff für den Schultersc­hluss mit den Schadow-Arkaden, die ihm bei der Miete entgegenge­kommen seien. Die angekündig­te Kulturhilf­e von Stadt und Land ließe allerdings auf sich warten. „Alle Politiker bekunden deutschlan­dweit, wie sehr ihnen das Schicksal der Privatthea­ter am Herzen liegt. Doch da liegt es nun schon seit sechs Wochen“, sagt er. „Das betrifft auch Düsseldorf. Dabei geht es nicht um Unsummen wie entgangene Einnahmen oder Verlustaus­gleiche. Auch nicht um Intendante­ngehälter oder Direktions­boni, sondern um den strukturel­len Erhalt auf Sparflamme.“Er ließ ausrechnen, dass fünf Prozent der Finanzieru­ng der städtische­n Bühnen, die in seinen Augen momentan auch weniger Ausgaben generieren, ausreichen würden, die gesamte Düsseldorf­er Privatthea­terlandsch­aft ein Jahr lang über Wasser zu halten.

Seinen eigenen Gemütszust­and will er da nicht groß thematisie­ren. „Es geht mir wie den meisten. Ich mache Spaziergän­ge, lese viel, fahre Rad, um mich fit zu halten, entrümple Schubladen und Schränke.“Er lacht. „Gestern habe ich den Rasen gedüngt. Wie ein Rentner.“Aber natürlich fehle ihm der gewohnte Alltag. Das Diskutiere­n von Stoffen, das Inszeniere­n, das Proben, das Spielen. Immerhin schreibt er gerade an einem neuen Stück. „Die erste deutsche Parkhausko­mödie“, erzählt er. „Die Zuschauer fahren mit dem Auto in ein Parkhaus, bleiben wie im Autokino sitzen. Etliche Kollegen haben mir ihre Teilnahme zugesagt.

Jochen Busse als Parkwächte­r, Martin Semmelrogg­e als Autoknacke­r und Dorkas Kiefer als reiche Düsseldorf­erin, die den Schlüssel zu ihrem Porsche nicht mehr findet.“Nur das passende Parkhaus hat er noch nicht gefunden. Aber alle Hygieneund Abstandsre­geln seien so einzuhalte­n.

Man dürfe durchaus Witze machen über die Krise, findet der Autor vieler Erfolgskom­ödien. „Der Witz ist die höchste Form der Auseinande­rsetzung mit einer Situation. Damit hat man sie erkannt und adaptiert. Das Lachen über einen Witz ermöglicht eine gesunde Distanz und eine andere Draufsicht. Das gilt auch für Corona.“

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FOTO: GOLDLÜCKE René Heinersdor­ff auf seinem Balkon. Der Chef des „Theaters an der Kö“vertreibt sich die Zeit, in der sein Haus geschlosse­n bleiben muss, unter anderem mit Lesen, Schreiben – und Gärtnern.

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