Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wie Corona das Bezahlverhalten ändert
Im Einzelhandel zahlen immer mehr Kunden mit Karte – am liebsten kontaktlos. Viele Bürger gehen seit Beginn der Corona-Pandemie zudem seltener zum Geldautomaten, da Bargeld deutlich weniger genutzt wird. Daran gibt es Kritik.
RHEIN-KREIS Die Corona-Pandemie hat messbar Einfluss auf das Bezahlverhalten der Bürger. Beispiel Sparkasse Neuss. Dort registriert man einen signifikanten Anstieg des Online-Bankings. „Alleine im März sind 1350 neue Konten freigeschaltet worden. Die Zahlen für April liegen zwar noch nicht vor, ich gehe aber davon aus, dass sich dieser Trend ungebrochen fortgesetzt hat“, sagt Sparkassen-Sprecher Stephan Meiser. Bargeld hingegen sei weniger als noch vor der Corona-Zeit gefragt. Es gelte: Die Kunden gehen seltener an die Geldautomaten, heben dann aber mehr als in „normalen Zeiten“ab. „Wir hatten im April im Vergleich zum Januar, also vor Ausbruch der Corona-Pandemie, rund 40 Prozent weniger Verfügungen an Geldautomaten, das Volumen des abgeholten Geldes ist dabei um 30 Prozent zurückgegangen“, sagt Meiser.
Grundsätzlich gilt: Es wird weniger mit Bargeld gezahlt. Das hat natürlich zum Teil ganz simple Gründe. Zum einen ist da das Kontaktverbot, zum anderen die mittlerweile gelockerte Schließung des Einzelhandels. Und solange Freizeiteinrichtungen und Gastronomie dicht sind, gibt es schlicht weniger Gelegenheit, am Geldautomaten abgehobenes Geld auch auszugeben. Hinzu kommt die Sorge, sich möglicherweise über den Kontakt mit Bargeld beziehungsweise Geldautomaten mit dem Coronavirus anzustecken – obwohl diese Angst laut Experten unbegründet ist.
Das Robert-Koch-Institut, die Deutsche Bundesbank, die Europäische Zentralbank und Virologen wie Hendrik Streeck aus Bonn und Christian Drosten von der Charité in Berlin haben mehrfach erklärt, Kontakt mit Bargeld gefährde weder die Kunden noch die Beschäftigten mehr oder weniger als elektronische Zahlungen an der Kasse. Christian Feldbinder, Sprecher der Volksbank Düsseldorf-Neuss, spricht davon, „dass durch wirtschaftlich interessierte Marktplayer, wie Kartengesellschaften, gerne die Mär von der ,hygienisch reinen’ Karten- beziehungsweise Smartphonekassentransaktion gestreut wird“. Geldscheine und Münzen seien mit Blick auf Corona „definitiv keine Virenträger, sonst wären wir alle bereits im Januar an Covid-19 erkrankt“, meint Feldbinder und betont: „Bargeld ist eines der letzten Daten-Freiheits-Mittel, das wir besitzen.“
Die Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste (BDGW ) spricht gar von einer „Anti-Bargeld-Kampagne“, die derzeit laufe. Hauptgeschäftsführer Harald Olschok warnt vor dem „gläsernen Kunden“und kritisiert: „Die Anbieter unbarer Zahlungsmittel locken Händler mit Flatrates und verbesserten Zahlungsmodalitäten. Das Infektionsrisiko ist dabei vorgeschoben, um auf bargeldlosen Zahlungsverkehr umzusteigen.“Die Berufsgenossenschaft Handel und Waren-Logistik empfiehlt zwar in der Tat das kontaktlose Bezahlen an der Kasse – allerdings nicht wegen möglicher Viren auf Scheinen oder Münzen, sondern um den persönlichen Kontakt beim Bezahlvorgang so gering wie möglich zu halten.
Laut einer Bundesbank-Umfrage haben in den vergangenen Wochen 43 Prozent der Menschen ihr Zahlverhalten verändert und ihre Einkäufe kontaktlos mit Giro- oder Kreditkarte beglichen. Das deckt sich unterm Strich mit den Ergebnissen einer Studie, auf die die Commerzbank Neuss verweist. Demnach ist eine wesentliche Folge der Corona-Pandemie, dass in Geschäften häufiger bargeldlos bezahlt wird. Am Geldanlageverhalten hingegen habe sich nichts wesentlich verändert. Das geht aus der von YouGov im Auftrag der Commerzbank bundesweit durchgeführten Studie mit 2000 Befragten hervor.
Mit Blick auf ihr Konsumverhalten gehen die Bürger aber offenbar vorsichtiger mit ihrem Geld um. Bei der Volksbank Düsseldorf-Neuss registriert man zum Beispiel, dass die Transaktionen sowohl im Online-Banking als auch im stationären Vertrieb seit Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland – den ersten Fall gab es im Januar – rückläufig sind. Laut Feldbinder ist „lediglich eine leichte Verschiebung vom stationären Vertrieb zu Gunsten der Online-Transaktionen festzustellen, da unsere Kunden durch die Geschäftsschließungen mutmaßlich mehr online bestellt haben“. Grundsätzlich sei aber, wohl auch wegen der für viele unsicheren Zukunft, „weniger konsumiert beziehungsweise Geld ausgegeben“worden, und zwar, „sowohl online wie auch mit Bargeld“.