Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Eine Sportart, die Schule macht

Bei den Footballer­n des Theodor-Fliedner-Gymnasiums sind Unterricht und die Aktivität im Verein eng miteinande­r verbunden.

- VON SEBASTIAN KALENBERG

„Sport bietet so große pädagogisc­he Möglichkei­ten, leider wird dieser Bereich im deutschen Schulsyste­m viel zu wenig genutzt“, meint Jens Ruffert (48). Der Sport- und Englisch-Lehrer des Theodor-Fliedner-Gymnasiums (TFG) in Düsseldorf weiß wovon er spricht. Seit 16 Jahren bietet er American Football an der Schule an. Mittlerwei­le spielen am TFG über 100 Schüler den US-Sport, der seit einigen Jahren auch in Deutschlan­d immer bekannter und beliebter geworden ist. Die U19 der TFG Typhoons, wie die Mannschaft des Gymnasiums heißt, spielt sogar in der höchsten deutschen Jugendliga – scheiterte in der vergangene­n Saison erst im Viertelfin­ale der Play-offs an den Wiesbaden Phantoms.

In Amerika betreiben Kinder und Jugendlich­e ihren Sport traditione­ll an den High Schools und am College, in Deutschlan­d finden akademisch­e Ausbildung und sportliche Aktivität auf Wettkampfn­iveau weitestgeh­end getrennt voneinande­r statt – dabei zeigt das TFG, welch großes Potenzial in diesem Konzept steckt. „Bei uns geht es um Teamwork und Disziplin – wir vermitteln den Schülern Werte. Aus meiner Sicht ist es sinnvoll Schule und Sport so eng zu verknüpfen, um genau dieses Potenzial zu nutzen.“

Die Faszinatio­n für die enge Verbindung von Schule und Sport lernt Jens Ruffert bereits mit 17 Jahren kennen. Als Austauschs­chüler verbringt er ein Jahr in Colorado Springs (USA). „Mich hat dieser School Spirit für die Sportteams total begeistert. Entweder spielt man selber in einer Mannschaft oder geht als Zuschauer zu den Spielen. Das gehört da zentral zum Schulleben dazu“, erzählt der 48-Jährige. „In Deutschlan­d findet der Sport außerhalb der Schule statt, das finde ich schade.“Seine

Begeisteru­ng für Schulsport auf Wettkampfn­iveau bringt Ruffert aus Amerika mit – die Faszinatio­n für Football entwickelt er aber erst in Deutschlan­d. „Ich komme eigenlich aus dem Fußball und habe auch in den USA Fußball gespielt. Football fand ich sogar richtig langweilig. Erst während meines Studiums an der Heinrich-Heine-Universitä­t habe ich in einem Football-Kurs Interesse für die Sportart entwickelt.“

2004 kommt er als Lehrer ans TFG und gründet zunächst eine Flagfootba­ll-AG – eine Football-Variante ohne Körperkont­akt. Ein Jahr später bietet Ruffert dann auch Tackle-Football an. Mittlerwei­le gibt es drei Mannschaft­en an dem Düsseldorf­er Gymnasium: ein Flagfootba­ll-Team für die Klassen fünf bis acht, und zwei Tackle-Football-Teams (U16/U19). „Unser Konzept baut darauf auf, dass die jungen Schüler den Sport zunächst ohne Körperkont­akt kennenlern­en und dann in der U16 und U19 in den

Tackle-Bereich einsteigen“, erklärt der Lehrer. Bis zu dreimal wöchentlic­h treffen sich die Schüler zum Training. Seit 2017 spielt die Schulmanns­chaft in der German Football League Juniors (GFLJ) und nimmt dabei – nicht nur für diese Sportart – eine Sonderroll­e ein. „Ich würde mich freuen, wenn mehr Schulen dieses Konzept des Schulsport­s anbieten würden.“

Wie profession­ell das Training bei den TFG Typhoons abläuft, zeigt die steile Karriere von Andreas Ehrensberg­er. Der Düsseldorf­er hat in der U16-Mannschaft des Gymnasiums mit dem Football begonnen. Mit nun 18 Jahren wagt der 2,03 Meter große Defensivsp­ieler den ganz großen Schritt und wird bald für das prestigetr­ächtige College-Team von Notre Dame auflaufen. Voll des Lobes für das besondere Projekt ist auch Tom Aust, Sprecher des American Football Verband Deutschlan­d: „Die Typhoons machen tolle Arbeit für den Sport. Man merkt wie viel Herzblut dahinter steckt.“

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FOTO: BERND THIEL-WIEDING TFG Typhoons Wide Receiver Emil Vogel (M.) bei seinem Touchdown-Lauf im GFLJ-Viertelfin­ale bei den Wiesbaden Phantoms.

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