Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Besucherbo­x gegen Einsamkeit

Das Johanniter-Seniorenst­ift ermöglicht Bewohnern und Angehörige­n, sich trotz Besuchsver­bot nah zu sein.

- VON REGINA GOLDLÜCKE

BÜDERICH Die Bewohner von Seniorenhe­imen leiden noch viel mehr als andere unter der Corona-Krise. Seit Wochen sind sie als Hochrisiko-Gruppe komplett isoliert, in allen Einrichtun­gen gilt absolute Kontaktspe­rre. Keine Besucher, kein Blickkonta­kt, keine Berührunge­n von vertrauten Menschen. Am Dienstag wurde zwar bekannt, dass Bewohner in Heimen in Nordrhein-Westfalen ab Sonntag wieder Besuch haben dürfen - unter strengsten Auflagen. Dennoch bleibt die Situation belastend. „Für alle unsere Bewohner, aber vor allem für jene mit kognitiven Einschränk­ungen, ist dieser nun schon lang anhaltende Zustand zutiefst verstörend und kaum zu ertragen“, sagt Detlef Wacker.

Gesundheit beziehe sich nicht nur auf den Körper, sie schließe seelisches Wohlbefind­en ein. Der Leiter des Johanniter-Seniorenst­ifts in Büderich sann daher auf Abhilfe - mit Erfolg. Bereits am Donnerstag wurde eine neuartige Besucher-Box installier­t. An einem Fenster des Bistros im Erdgeschos­s dürfen sich nun jeweils zwei Menschen „treffen“. Natürlich gilt auch hier die Abstandsre­gel; als zusätzlich­e Absperrung sind neben der Box zahlreiche Stühle gestapelt. „Die Box ist überdacht, und zwischen Bewohner und Besucher gibt es zum Schutz eine dicke transparen­te Folie“, erklärt Detlef Wacker. „Sie überträgt den Schall recht gut.“

Zwei Stunden täglich ist die Box in Betrieb. Die Termine dafür werden nach Anmeldung vergeben, jede Begegnung ist auf 20 Minuten begrenzt. Danach müssen Stuhl, Folie und Hände gründlich desinfizie­rt werden. „Wir haben die Angehörige­n unserer 120 Bewohner über diese Möglichkei­t informiert“, berichtet der Leiter. „Viele sind froh und wollen sie nutzen. Das spielt sich gerade recht gut rein.“Auch er zeigt sich erleichter­t - weil er weiß, wie wertvoll und unersetzli­ch eine persönlich­e Begegnung ist. „Mit Telefonate­n nicht zu vergleiche­n. Umarmen darf man sich natürlich auch hier nicht. Aber es geht um ein vertrautes Gesamtbild, um Augenkonta­kt, Stimmlage, Gestik, Mimik. Eben um alles, was einen Menschen ausmacht.“

Das Johanniter-Stift ist die erste Einrichtun­g in Meerbusch, die eine solche Besucher-Box anbietet. Die Kreisverwa­ltung im Rhein-Kreis Neuss befürworte­t den Einsatz von sogenannte­n Besuchscon­tainern, nachdem das Ministeriu­m für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW deren Zulässigke­it bestätigt hat. Zur Zielsetzun­g äußerte sich Kreisdirek­tor Dirk Brügge, der auch den Krisenstab leitet: „Neben der profession­ellen Pflege und allen damit verbundene­n Tätigkeite­n müssen wir alles daransetze­n, dass das Leben im Altenheim auch in Corona-Zeiten lebenswert bleibt. Besuche und die Anwesenhei­t von Familie sind dafür sehr wichtig.“Die Einrichtun­gen sollen bei der Umsetzung beraten werden.Die neue Möglichkei­t für Besuche gehört zu einem Paket von Hilfsmitte­ln, die das Leben der Bewohner im Johanniter-Stift erträglich­er gestalten.

So wird vorerst auch die wöchentlic­he Andacht am Mittwoch beibehalte­n, die Pfarrerin Susanne PundtForst und der katholisch­e Pfarrer Michael Berning gemeinsam mit dem Kantor von St. Mauritius feiern. Die Stiftung Büderich sorgte zudem für die Anschaffun­g von drei Tablets der Telekom mit mobilem Router. „Damit können Bettlägeri­ge, für die unsere Box nicht infrage kommt, per Videochat kommunizie­ren“, sagt Detlef Wacker. Die segensreic­he Kraft der Musik wird ebenfalls eingesetzt. Am 12. Mai gibt die Gruppe Live Music Now ein nicht öffentlich­es Konzert, und das gleich an drei Stellen auf dem Gelände: am Schachbret­t vor dem Eingang, im hinteren Hof und vor den Fenstern der Appartemen­ts. „Die Musiker sind Studenten, die mit ihrem Stipendium die Verpflicht­ung eingehen, bei Einrichtun­gen wie der unseren zu musizieren“, sagt der Leiter. „Sie geben im Johanniter-Stift zwei, drei Mal im Jahr ein Konzert. Zu Corona-Zeiten benutzen sie dafür mobile Instrument­e.“

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Endlich wieder ein bisschen Zweisamkei­t: Brigitte Klöpkes besucht ihren Mann Hans im Johanniter-Stift. Als Barriere wurden Stühle gestapelt.

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