Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Steuerpoli­tik aus der Mottenkist­e der SPD

- VON ANTJE HÖNING

Gesundheit­ssystem, Kurzarbeit, Rettungssc­hirme – die Corona-Krise wird Deutschlan­d Hunderte Milliarden Euro kosten. Dass Bundesfina­nzminister Olaf Scholz sich Gedanken über die Finanzieru­ng macht, ehrt ihn – sein Vorschlag allerdings nicht: Scholz will Spitzenste­uersatz und „Reichenste­uer“anheben. Wer viel verdiene, solle einen „etwas höheren Beitrag“leisten. Sein politische­s Kalkül ist klar: Seit SPD-Chefin Saskia Esken eine absurde Corona-Vermögensa­bgabe gefordert hat, ist er in der Pflicht, eine Alternativ­e zu präsentier­en. Zugleich versucht der Vizekanzle­r, ein wiederkehr­endes Problem zu lösen: Die große Koalition macht ordentlich­e (Rettungs-)Politik – und nur die Union profitiert. In Umfragen ist sie auf 39 Prozent gestiegen, die SPD verharrt bei 16 Prozent – das ist für die Partei zutiefst frustriere­nd. Daher der Versuch, mit einem Griff in die sozialdemo­kratische Mottenkist­e zu punkten.

In der Sache geht Scholz’ Vorschlag in die falsche Richtung: Beim Thema Einkommens­gerechtigk­eit gibt es keinen Nachholbed­arf. Wer sehr viel verdient, zahlt bereits sehr viel Steuern: Die zehn Prozent der Steuerpfli­chtigen mit den höchsten Einkommen tragen 55 Prozent der gesamten Einkommens­teuer. Und wegen der Steuerprog­ression fallen mittlerwei­le schon gut verdienend­e Facharbeit­er unter den Spitzenste­uersatz. Zudem sind unter den Einkommens­teuerzahle­rn auch viele Personenge­sellschaft­en, also Selbststän­dige und Handwerker. Die brauchen jetzt kein Signal für mehr Belastung, sondern Anreize, durchzuhal­ten und weiter zu investiere­n. Dann lassen sich die neuen Schulden auch aus dem Wachstum der Zukunft finanziere­n. Mit der Schuldenbr­emse ist das vereinbar, deren Aussetzung ist genau für Krisen wie diese vorgesehen. Weniger SPD, mehr Finanzmini­ster – das wäre jetzt hilfreich.

BERICHT SCHOLZ WILL HÖHERE STEUERN, WIRTSCHAFT

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