Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Corona und Dating
Wie läuft die Partnersuche in der Krise auf digitalem Wege?
In Zeiten des Hausarrests kommt man ja auf seltsame Ideen. Corona lasse Dating-Plattformen boomen, hatte ich gelesen. Weil ich noch nie auf einer digitalen Partnerbörse unterwegs war, wollte ich wissen, was da so los ist. Das Schöne am Journalistensein: Man kann Gelüste als Recherche tarnen. Deswegen habe ich mich angemeldet, kostenlos, unverbindlich, mit Erlaubnis der Gattin.
Bei „Interessen“hatte ich mich kultureller gemacht, bei „Aktivitäten“aktiver, bei „Erotik“etwas schärfer. Äußerlichkeiten seien mir egal, solange die inneren Werte stimmten, log ich. Das Prinzip bei den Nachrichten ist immer gleich: Name, Beruf, drei Eigenschaften,
eine davon „einfühlsam“, deutliches Interesse und etwas Lockstoff: Lächeln, Winken, Bilder.
Auch wenn der Gedanke verlockt, dass die heftige Nachfrage mit der Schönheit meiner Seele zu tun hat – irgendwie kommt mir die Nummer zu perfekt vor. Schauen wir uns das Milliardengeschäft des digitalen Datings durch die Business-Brille an: Ziel eines Wirtschaftsunternehmens ist es ja nicht, glückliche Beziehungen zu stiften, sondern Menschen ohne teure Arbeitskräfte, um bis zu 100 Euro im Monat zu erleichtern.
Wie würde ich nun eine Maschine programmieren, die möglichst viele einsame Seelen zum Dauerauftrag animiert? Genau so. Ich würde den Interessenten, der sich mit dem Ausfüllen des umfänglichen Fragebogens ja schon mal als hungriges Herz erwiesen hat, mit einem Feuerwerk der Anmach-Mails blenden. Was nach Flirten aussieht, ist eiskalte Mathematik. Bleibt die Frage, ob all die top-attraktiven Frauen tatsächlich Interesse an mir haben oder womöglich vollautomatische Anmach-Roboter sind. Meine Vermutung: Alle elf Bots meldet sich ein richtiger Mensch.