Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Der Profifußball gibt sich gnadenlos
Weil Zweitligist Dresden für 14 Tage in Quarantäne muss, ist der Geister-Spielplan schon hinfällig. Doch Liga-Boss Christian Seifert sieht den Profifußball nicht wanken. Dabei wankt er gehörig.
Immerhin zwei ganze Tage bestand der Geister-Spielplan der Deutschen Fußball-Liga (DFL) für die 1. und 2. Bundesliga Gültigkeit. Dann allerdings verlor er seine Gültigkeit auch schon wieder, weil sich Zweitliga-Schlusslicht Dynamo Dresden 14 Tage in Quarantäne verabschiedete und zwei Pflichtspiele verschieben muss, nachdem zwei neue Corona-Fälle im Team aufgetaucht waren. Aber hey, alles kein Problem – sagte zumindest DFL-Chef Christian Seifert am Samstagabend im „Aktuellen Sportstudio“des ZDF. Der Fall Dresden bringe den Zeitplan nicht ins Wanken. Dabei tut der Profifußball in diesen Wochen genau das: wanken. Und je mehr er sich unverwundbar gibt, desto mehr wankt er.
Was wankt, ist dabei vor allem der Fußball, wie ihn sich viele Fans ausmalen. Der war schon vor Corona auf Profit, TV-Attraktivität und Show getrimmt, aber jetzt, nach dem Go der Politik für Geisterspiele vom vergangenen Mittwoch, wirkt er einfach gnadenlos. Es ist ein einziges Signal, das die DFL aussendet: Die Saison muss beendet werden. Um jeden Preis – also um den Preis, den die TV-Rechteinhaber zahlen, um das Konstrukt Profifußball am Leben zu erhalten. Denn aus eigener Kraft, also aus einem kaufmännisch vernünftigen Wirtschaften heraus, wäre das bei manchem Klub ja nicht möglich gewesen ohne die Fernseh-Millionen. So viel hat inzwischen auch der Letzte verstanden. Es ist eine Erkenntnis, die den Fußball noch mehr zu entfremden droht. Vom Fan. Vom Kunden.
Aktuell sammelt der Profifußball Kollateralschäden wie andere Leute Briefmarken. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sprach im „Spiegel“davon, man könne die Saison in fünf Wochen runterspielen. Runterspielen. So wie abhandeln. Hinrotzen. Ohne Leidenschaft eben. In diesem Denken spielen 14 Tage Quarantänepflicht für einen der 36 Teilnehmer am Schauspiel dann auch wirklich keine Rolle. Man wird schon eine Lösung finden. Und wenn weitere Teams in Quarantäne müssen? Auch dann. Alles machbar. Alles händelbar. Kein
Problem. Einzelfälle gefährden das große Ganze erst einmal nicht. Sie dürfen es nicht gefährden. Am Ende der Saison wird es wie immer zwei Abschlusstabellen geben. Nur wahrscheinlich zwei mit vielen Fußnoten. Chancengleichheit unter den einzelnen Vereinen? Zu vernachlässigen. Egal.
Der Samstag und seine Einschaltquoten werden einiges aussagen über das Verhältnis des Profifußballs zu seinen Anhängern. Umfragen spiegeln derzeit nicht gerade wieder, dass der Kunde vor Freude auf Geisterpiele platzt. Aber das ist am Ende ja auch egal. Es geht ja darum, dass die Liga ein Produkt anbietet, das das Fernsehen zeigen kann. Vertrag erfüllt. Einnahmen gerettet. Danke. Bitte. Und nach Corona wird dann alles wieder gut. Indianer-Ehrenwort aus Frankfurt. Vielleicht wird alles sogar besser. Mit mehr Demut und Einsicht. Hat die DFL ja angekündigt. Der Fan wird es kritischer denn je verfolgen.
Vermutlich ab Herbst auf Sky Sport Demut HD.