Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Scholz will höhere Steuer für Reiche

Angesichts der Milliarden­lasten sollen die Steuern steigen. IW-Chef Hüther warnt.

- VON ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Die Bewältigun­g der Corona-Krise wird den Staat Milliarden kosten. Allein im ersten Schritt nimmt die Bundesregi­erung 156 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Mit Blick darauf fordert Bundesfina­nzminister Olaf Scholz nun, die Steuern für Reiche zu erhöhen. Die Bürger, die „sehr, sehr viel verdienen, sollten einen etwas höheren Beitrag leisten“, sagte der SPD-Politiker dem „Tagesspieg­el“. „Das bleibt unser Ziel, und das wird ganz sicher auch in unserem nächsten Wahlprogra­mm stehen.“Scholz verwies auf das Wahlprogra­mm seine Partei von 2017, wonach Spitzenste­uersatz und Reichenste­uer steigen sollen.

In ihrem Programm fordert die SPD zwar eine Verschiebu­ng der Einkommens­grenze für den Spitzenste­uersatz, zugleich aber auch dessen Anhebung von 42 auf 45 Prozent. Dieser Satz soll ab einem zu versteuern­den Jahreseink­ommen von 76.200 Euro (Single) fällig werden. Zugleich soll der Reichenste­uersatz

von 45 auf 48 Prozent steigen. „Wir möchten die Reichenste­uer in Höhe von drei Prozent auf den Spitzenste­uersatz zukünftig ab einem zu versteuern­den Einkommen von 250.000 Euro erheben“, hieß es dort. Derzeit wird die Reichenste­uer ab 265.327 Euro fällig. Als drittes Element will die SPD die Abgeltungs­steuer abschaffen.

Die Reaktionen auf Scholz’ Vorstoß fielen gemischt aus: Der Vizechef der Linksfrakt­ion im Bundestag, Fabio De Masi, begrüßte eine Mehrbelast­ung der Reichen. „Wir brauchen sowohl eine Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen als auch eine Vermögensa­bgabe für Multimilli­onäre und Milliardär­e.“

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, warnt dagegen: „Es ist nicht die Zeit, Steuererhö­hungs-Erwartunge­n zu schüren. Dies würde auch das Investiere­n belasten, das in der Krise schon dramatisch geschwächt wird.“Zugleich sagte er unserer Redaktion: „Grundsätzl­ich hat Deutschlan­d ein wie gewünscht effektiv umverteile­ndes Steuer- und

Transfersy­stem von oben nach unten.“Die obersten 25 Prozent der Steuerpfli­chtigen trügen rund 75 Prozent des Einkommens­teueraufko­mmens. Dagegen tragen die unteren 50 Prozent zusammen nicht einmal fünf Prozent der Steuerlast, so das Statistisc­he Bundesamt. „Völlig unerheblic­h sind jetzt auch Parteiprog­ramme aus einer anderen Zeit“, sagte der IW-Chef. „Wenn es um steuersyst­ematische Argumente geht, dann gibt es Dringender­es, wie die Negativste­uer für Unternehme­n als verlässlic­he Verlustbet­eiligung.“Damit könnten Unternehme­n ihre Steuerlast für 2019 rückwirken­d senken und so Liquidität sichern.

Auch Achim Wambach, Chef des Institutes ZEW und der Monopolkom­mission, warnte vor voreiligen Debatten: „Es ist nicht falsch, daran zu erinnern, dass der zu erwartende hohe Schuldenst­and nach der Krise angegangen werden muss. Jetzt geht es aber erstmal darum, die Wirtschaft wieder ans Laufen zu bringen. Je besser dies gelingt, desto geringer wird der Bedarf für Konsolidie­rungsmaßna­hmen sein.“

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