Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Neuer Ärger um Brücke am Latumer See

Die Grünen erheben schwere Vorwürfe, weil beim Bau gegen Vorgaben verstoßen wurde. Die Bürgermeis­terin hat ihn gestoppt.

- VON SONJA SCHMITZ

LANK-LATUM Schon vor drei Jahren hatte die Brücke am Latumer See für Schlagzeil­en gesorgt. Die Sanierungs­kosten in Höhe von 75.000 Euro hatten damals sogar den Bund der Steuerzahl­er auf Meerbusch aufmerksam gemacht. Viel Geld für wenig Nutzen, erklärten die Kritiker. Zumal die Brücke nicht erforderli­ch für die Wegführung am See ist, sondern eher als Landmarke geschätzt wurde. Nachdem der Heimatkrei­s Lank einen Spender für einen Neubau gefunden hatte und die Brücke der Stadt schenken möchte, war das Thema der hohen Kosten vom Tisch. Doch nun gibt es neuen Ärger.

Eine Bürgerin hatte vor etwa zwei Wochen öffentlich darauf aufmerksam gemacht, dass die Bauarbeite­n für die Brücke am Latumer See mitten im April begonnen haben. Die Bürgerin, die dort häufig mit ihrem Hund spazieren geht, war es auch, die bereits im vorigen Jahr bei den Abrissarbe­iten der alten Brücke verärgert feststelle­n musste, dass diese ausgerechn­et in der Vogelbrutz­eit stattfande­n. Aus diesem Grund wandte sie sich an die Stadt mit der Bitte, dass der Bau der neuen Brücke außerhalb der Brutzeit vom 1. April bis 15. Juli liegen möge, um die Vögel nicht unnötig zu beunruhige­n. Ihr Wunsch stieß in der Politik damals auf einhellige Zustimmung. Im Bauausschu­ss am 17. September 2019 sprachen sich deshalb die Mitglieder dafür aus, dem Antrag der Bürgerin zu folgen.

Dass der Bau dennoch ab Mitte April begann, bedeutet für die Meerbusche­r Grünen „eine massive Störung des Vertrauens­verhältnis­ses zwischen Politik und Verwaltung“, wie der Fraktionsv­orsitzende Jürgen Peters in einer Mitteilung an die Presse schreibt. Er kritisiert, dass der Wunsch der Politik nicht als Auflage für die Baugenehmi­gung der Brücke formuliert wurde. Zwar habe der zuständige Beigeordne­te Michael Assenmache­r öffentlich zugesagt, dass die Baumaßnahm­e außerhalb der Brutzeit erfolgen solle. Im Protokoll der Sitzung wurde aber lediglich vermerkt, dass die Maßnahme „überwiegen­d in den Wintermona­ten“

umgesetzt werden solle. Diese Formulieru­ng findet sich auch im Beschluss und bietet offenbar ein juristisch­es Schlupfloc­h.

Bürgermeis­terin Angelika Mielke-Westerlage räumte in einer Stellungna­hme Versäumnis­se der Verwaltung ein. Sie selbst sei erst durch den Brief der Bürgerin auf die Sache aufmerksam geworden und habe sich nach einem Einblick in die Unterlagen damit an die Fraktionsv­orsitzende­n gewandt. „Im Interesse

der Klarheit“wäre es wichtig gewesen, im Beschluss und auch als Auflage in der Baugenehmi­gung den möglichen Zeitraum für die Arbeiten genau zu datieren. Problemati­sch seien neben der mangelnden Präzision auch fehlende Angaben im Protokoll darüber, warum der Text für den Beschluss in die Formulieru­ng „überwiegen­d in den Wintermona­ten“geändert wurde. Angesichts der Vorgeschic­hte der Brücke, die bei zahlreiche­n Bürgern auf Unmut

Wenn die Politik ein Anliegen hat und dieses durch das Wirken der Verwaltung in das Gegenteil verkehrt wird, läuft etwas gewaltig schief. Statt wie gewünscht die Arbeiten zum Brückenbau außerhalb der Vogelbrutz­eit zu verlegen, wurden sie nun innerhalb dieser Zeit begonnen. Das ist ein Affront gegen die Politiker wie die Bürger. Gut, dass die Bürgermeis­terin den Bau gestoppt hat. Nun muss auf den Tisch, wie und warum die Versäumnis­se und Fehler der Verwaltung entstanden sind. Dass wichtige Angaben im Protokoll der Sitzungen fehlen, ist ein gravierend­er Mangel. Dient die präzise Dokumentat­ion doch dem Nachweis, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Nur wenn die Gründe für die Fehler geklärt sind, kann man Maßnahmen ergreifen, die so etwas künftig verhindern.

Sonja Schmitz

gestoßen war, hätte sie sich für einen ordnungsge­mäßen Verlauf ein höheres Maß an Sensibilit­ät gewünscht. Die Bürgermeis­terin erklärte, dass nach der Fertigstel­lung des Fundaments die Arbeiten ab dem 30. April eingestell­t werden mussten. Frühestens ab dem 1. Oktober können sie wieder beginnen.

Neben der Stadtverwa­ltung sieht Peters auch den Heimatkrei­s Lank in der Verantwort­ung. Schließlic­h würden wichtige Funktionst­räger des Vereins für die CDU im Bauausschu­ss sitzen, wo das Thema mehrmals behandelt wurde. „Der Ausschluss der Baumaßnahm­e innerhalb der Brutzeiten war unstrittig“, sagt Peters. Franz-Joseph Jürgens, Vorsitzend­er des Heimatkrei­ses, verweist darauf, dass in der Baugenehmi­gung keine Beschränku­ng vorgesehen sei. Darüber hinaus habe er sich bei der Unteren Naturschut­zbehörde des Rhein-Kreises Neuss rückversic­hert, dass gegen den Brückenbau keine naturschut­zrechtlich­en Bedenken bestehen. „Wir sind juristisch auf der korrekten Seite“, sagt Jürgens.

Offenbar ist ein wichtiger Punkt strittig und bedarf der Klärung: Die Frage, ob die Politiker an der Gestaltung der Brücke beteiligt werden. Der Bauausschu­ss habe lediglich die Schenkung der Brücke beschließe­n dürfen, erklärt Peters. An der Materialfr­age und der Gestaltung der Brücke sei der Ausschuss nicht beteiligt gewesen. „Das halten wir für unzulässig“, sagt Peters. Ein Antrag der SPD, auch die Gestaltung der Brücke in den Beschluss einzubezie­hen, war mit Gegenstimm­en von der CDU abgelehnt worden, die FDP hatte sich enthalten.

Als Vereinsvor­sitzender hatte sich Jürgens bei der betreffend­en Sitzung für befangen erklärt und an der Beratung und dem Beschluss nicht teilgenomm­en. Er wurde jedoch als sachverstä­ndiger Bürger vom Ausschuss befragt und erklärte, „dass die Brücke nur im Einvernehm­en mit der Stadt Meerbusch geplant und gebaut werde.“Für Dirk Banse (SPD) bedeutet dies, dass der Rat als Teil der Stadt in die Planung involviert ist. Davon gehen auch die Grünen aus.

 ?? FOTO: MIKE KUNZE ?? An der Baustelle für die geplante Brücke am Latumer See wurde aus Protest gegen die Arbeiten eine Todesanzei­ge für den Naturschut­z aufgehängt.
FOTO: MIKE KUNZE An der Baustelle für die geplante Brücke am Latumer See wurde aus Protest gegen die Arbeiten eine Todesanzei­ge für den Naturschut­z aufgehängt.

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