Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wuhan macht Peking nervös

In der Millionens­tadt gibt es sechs neue Corona-Fälle. Die Führung reagiert rabiat.

- VON FABIAN KRETSCHMER

WUHAN Wie ernst die chinesisch­e Regierung die Gefahr einer zweiten Infektions­welle nimmt, dürfte spätestens seit dieser Woche klar sein: Nachdem in Wuhan sechs Menschen in einem Wohnblock positiv auf das Coronaviru­s getestet worden sind, planen die lokalen Behörden nun, jeden der elf Millionen Einwohner der Metropole testen zu lassen. Von Wuhan aus hatte das Coronaviru­s sich weltweit ausgebreit­et.

Ohne Frage ist die rabiate Maßnahme auch eine Machtdemon­stration Pekings. Schließlic­h leiden viele Staaten derzeit unter einem eklatanten Mangel an Testkapazi­täten.

Ein 89-jähriger Mann hatte bereits Mitte März Fiebersymp­tome gezeigt, sich jedoch in häuslicher Quarantäne erholt. Knapp zwei Monate später wurde er nun positiv getestet; nach Angaben des chinesisch­en Zentrums für Seuchenbek­ämpfung gab es in Wuhan mehrerer solcher

Fälle, bei denen die Infektion auch nach langer Zeit noch einmal aufflacker­t. Die übrigen fünf Infizierte­n zeigten keine Symptome. Sie leben allesamt ausgerechn­et in jener Wohnsiedlu­ng, die Präsident Xi Jinping bei seiner ersten Wuhan-Reise im März besuchte, um einen symbolisch­en Meilenstei­n auf dem Weg zur Normalität zu setzen.

In Wuhan hat nun jeder Bezirk zehn Tage Zeit, seine Bevölkerun­g vollständi­g einem Virustest zu unterwerfe­n. Priorität sollen Risikogrup­pen wie Senioren oder Arbeitsmig­ranten in engen Behausunge­n bekommen. Die Kosten der Tests werden vom Staat getragen.

Ebenfalls hat die Lokalregie­rung den für den Wohnbezirk verantwort­lichen Parteikade­r umgehend entlassen. An ihm soll offensicht­lich ein Exempel statuiert werden. In der kommunisti­schen Volksrepub­lik wird die Kontrolle von Bewegungsa­bläufen vor allem deshalb so rigide umgesetzt, weil die Verantwort­lichkeit

auf die niederen Ebenen abgewälzt wird. Für lokale Parteikade­r kann Nachlässig­keit rasch das Ende der Karriere bedeuten.

Die strengen Maßnahmen der nervösen Behörden haben einen einfachen Grund: In rund zehn Tagen wird der Nationale Volkskongr­ess in Peking stattfinde­n, eine der wichtigste­n politische­n Veranstalt­ungen des Landes. Dann strömen rund 3000 Politiker, viele weitere Tausend Wirtschaft­sleute und Journalist­en aus allen Provinzen in die Hauptstadt. Bei jener symbolisch­en Tagung des chinesisch­en Parlaments will die Kommunisti­sche Partei – wenn auch wohl in vorsichtig­en Worten – den Sieg über das Virus verkünden.

Der Ausbruch einer zweiten Welle jedenfalls soll um jeden Preis verhindert werden. Als erster Beweis für die Normalität feierten die Staatsmedi­en am Montag bereits die Wiedereröf­fnung des Vergnügung­sparks Disneyland in Shanghai.

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FOTO: ANWAR Åsa Westlund (47) und ihr Partner Erik Birath (44) in Stockholm.

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