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Reisebranc­he kämpft gegen die Krise

Auch wenn der Tourismus wieder hochgefahr­en werden soll, hält die Krise in der Reisebranc­he weiter an. Reiseveran­stalter und Busunterne­hmer haken 2020 praktisch ab. Es bleibt die Hoffnung auf das nächste Jahr.

- VON ANDREAS BUCHBAUER

RHEIN-KREIS Die Passionssp­iele in Oberammerg­au, die Festspiele in Bregenz und eine 45-tägige Weltreise – das ist nur ein Ausschnitt jener Reisen, die Ludwig Sarlette wegen der Corona-Pandemie streichen musste. „Alles abgesagt“, sagt der Reiseveran­stalter aus Neuss. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie besteht sein Alltag vor allem aus Stornierun­gen, Rückabwick­lungen, Gesprächen mit Kunden sowie Busund Fluguntern­ehmen, Hotels und anderen Partnern aus der Branche. Seit mehr als 30 Jahren ist Sarlette im Geschäft und organisier­t exklusive Reisen. „Was wir jetzt durchmache­n, ist die schwierigs­te Zeit, die ich dabei erlebt habe“, sagt er.

Der Unternehme­r hat Verständni­s für die Corona-Schutzmaßn­ahmen. Die Gesundheit steht für ihn an erster Stelle. Aber es fehle an der Möglichkei­t, verlässlic­he Planungen für die Zukunft aufnehmen zu können. Dabei stelle die Reiseveran­stalter auch der „Flickentep­pich“an Corona-Erlässen vor Herausford­erungen. „Jedes Land, jeder Kreis, jede Stadt hat ihre eigenen Anordnunge­n und Vorgehensw­eisen“, sagt er. Das bedeute einen kaum stemmbaren organisato­rischen Aufwand. „Zumal Busreisen zum Beispiel momentan wirtschaft­lich eigentlich gar nicht darstellba­r sind.“

Das bestätigt Wolfgang Schröder. Der Unternehme­r aus Neuss ist in dritter Generation im Mietomnibu­sgeschäft tätig. Er hat 13 Fahrzeuge – sieben Reisebusse, vier Linienfahr­zeuge, die im Schulbusbe­trieb zum Beispiel für Schwimmbad­fahrten eingesetzt werden, und zwei Fahrzeuge mit 16 Sitzen für kleinere Gruppen. „Reisen finden nicht statt, Schulfahrt­en sind ausgesetzt, Schulausfl­üge abgesagt und Messen gibt es in diesem Jahr auch nicht“, sagt Schröder. „Seit März ist unser komplettes Geschäft weggebroch­en, Buchungen kommen praktisch nicht rein.“Zwar habe er staatliche Soforthilf­e erhalten, aber die habe lediglich für einen Monat gereicht. Seine Mitarbeite­r sind in Kurzarbeit, aber die Kosten für die Fahrzeuge laufen weiter. „Da braucht unsere Branche dringend staatliche Hilfe, die nicht zurückgeza­hlt werden muss“, sagt er. Kredite würden nicht helfen. Busse seien schließlic­h in der Anschaffun­g teuer und würden bereits entspreche­nd finanziert. „Und

die Einnahmen für dieses Jahr sind uns ja nahezu komplett weggebroch­en“, sagt Schröder. Ähnlich hatte kürzlich der Domaganer Busunterne­hmer Turgay Afan argumentie­rt. Das Reise-Jahr 2020 hat Wolfgang Schröder im Grunde schon abgehakt. Da ändern auch die Corona-Lockerunge­n nichts. Laut

NRW-Plan dürfen Reisebusse unter strengen Auflagen zwar wieder fahren. Aber das sei mehr etwas für das Papier. In der Praxis sei das alles kaum umsetzbar. „Entweder reduziert sich die Zahl der Reisenden im Bus wegen der Abstandsre­geln von 50 auf 16 bis 18. Aber dann würden die Preise enorm nach oben gehen“, erklärt Schröder. „Oder Fahrgäste müssten für die gesamte Reise im Bus einen Mund-Nase-Schutz tragen. So will aber keiner verreisen.“

Hinzu komme der Flickentep­pich an Regelungen in Deutschlan­d. Bei einer Reise an Nord- oder Ostsee müsse der Bus zum Beispiel durch mehrere Bundesländ­er. „Was in NRW an Corona-Regeln gilt, ist aber schon in Hessen nicht unbedingt der Fall“, sagt Schröder. Er müsse sich also durch zahlreiche Länder-Regeln wälzen und schauen, was wo und wie erlaubt ist. So lobenswert der Föderalism­us sei: „Als Unternehme­r brauchen wir einheitlic­he Regelungen“, sagt Schröder.

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FOTO: DPA Auf einem Bus ist bei einem Buskorso eine „Todesanzei­ge“des Busgewerbe­s angebracht. Die Branche fordert Hilfe zur Rettung der Unternehme­n.
 ?? FOTO: WOI ?? Ludwig Sarlette ist seit mehr als 30 Jahren im Reisegesch­äft tätig und organisier­t individuel­le und exklusive Gruppenrei­sen. Mit Spannung erwartet er die für Dienstag angekündig­te Entscheidu­ng der Bundesregi­erung zum Konjunktur­paket.
FOTO: WOI Ludwig Sarlette ist seit mehr als 30 Jahren im Reisegesch­äft tätig und organisier­t individuel­le und exklusive Gruppenrei­sen. Mit Spannung erwartet er die für Dienstag angekündig­te Entscheidu­ng der Bundesregi­erung zum Konjunktur­paket.

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