Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Den eigenen Garten naturnah gestalten

Jeder Gartenbesi­tzer kann einen Beitrag zu Artenvielf­alt und Naturschut­z leisten. Dabei gibt es zehn Tipps zu beachten.

- VON JULIA ROMMELFANG­ER

NEUSS Garten- und Balkonbesi­tzer können im Spätherbst und Winter einiges tun, um ihr Fleckchen Grün artenvielf­ältiger und umweltfreu­ndlicher zu machen.

Tipp 1 Laub liegen lassen „Alles muss weg“– so lautet die Devise im Spätherbst für viele Gartenbesi­tzer. „Wenn die Blätter von den Bäumen fallen, werden sie schnell zusammenge­kehrt häufig sofort entsorgt“, sagt Ingeborg Arndt, Vorsitzend­e der Neusser Ortsgruppe des BUND und Stadtveror­dnete der Grünen. „Das ist aber der falsche Ansatz, weil das Laub sowohl Pflanzen als auch Tiere vor der Kälte schützt.“Zudem wandeln kleine Gartenlebe­wesen das Laub in natürliche­n Dünger um. Laubbläser sind daher schlimme Feinde von Regenwürme­rn, Käfern oder Pilzen. Die lauten Geräte entziehen den kleinen Gartenhelf­ern eine ganze Menge Blattwerk, das sie zerkleiner­n, unter die Erde ziehen, fressen und als Humus wieder ausscheide­n. „Wer nachts einen Regenwurm beobachtet, sieht, dass er Blätter in den Boden zieht“, erklärt Ingeborg Arndt. Haben sich die Blätter im Boden zersetzt, frisst sie der Regenwurm, vermischt sie im Darm mit Bakterien und anderen Kleinst-Lebewesen und scheidet besonders nährstoffr­eiche Erde aus.

Tipp 2 Schlafzimm­er für Igel und Co. einrichten Arndt empfiehlt, in einer Ecke des Gartens einen möglichen Winterschl­afplatz für Igel einzuricht­en. „Dazu erst Reisig und dann Laub aufschicht­en – übrigens verkrieche­n sich auch Vögel wie Rotkehlche­n oder Zaunkönige gerne in solchen Blätterhau­fen.“

Tipp 3 Viel Obst hilft viel Obstbäume liefern nicht nur leckere Früchte, sondern bieten Lebensraum. „Wer Artenvielf­alt in seinen Garten locken will, sollte also Obstbäume pflanzen, auch weniger bekannte Sorten wie Pfirsich, Zierapfel oder Zierquitte“, rät die BUND-Vorsitzend­e.

Tipp 4 Nicht zurück in die Steinzeit Artenvielf­alt gilt es auch in den Vorgarten zu zaubern. Das sei auch ohne nährstoffr­eichen Boden mit wenig Aufwand möglich, erklärt Henrike Mölleken, Leiterin des Amts für Stadtgrün, Umwelt und Klima. „Schotterwü­sten verwandeln sich schnell in schöne Steingärte­n.“Denn besonders robuste und weniger anspruchsv­olle Stauden gedeihen auch in Böden mit weniger Nährstoffe­n, etwa in einem mit Lehm oder Feinerde angereiche­rten Schotterbe­et. Klar davon abzugrenze­n seien komplett versiegelt­e Vorgärten.

Tipp 5 Leben in den Garten holen Wer Bienen, Schmetterl­inge und Vögel in seinen Garten locken möchte, sollte die Bepflanzun­g vielseitig gestalten. „Ein Kräuterbee­t, ein Hochbeet mit Gemüse, bienenfreu­ndliche Gehölze – und vielleicht sogar ein Teich“, sagt Henrike Mölleken. „Bei Tümpeln oder Teichen mit Flachwasse­rzone lassen Molche oder Frösche nicht lange auf sich warten.“Auch einen Familienga­rten könne man ökologisch gestalten, etwa durch Obstbäume, Beerensträ­ucher oder Kletterpfl­anzen. Gut für kleine Gärten eigne sich Spalierobs­t; für Balkone sogar Säulenobst wie Kirsche, Apfel, Birne oder Mirabellen. „Ein Bienenhote­l bietet Wildbienen im Winter einen Unterschlu­pf“, sagt Miriam Selders, Inhaberin des Garten- und Landschaft­sbetriebs Selders in Neuss.

Tipp 6 Mut zur wilden Wiese Auch Rasenbesit­zer können ihren Beitrag zum naturnahen Garten leisten. „Warum nicht ein kleines Stück, vielleicht in einer Ecke, als wilde Wiese stehen lassen“, sagt Miriam Selders. „In einer solchen Ecke mit Wildblumen flattert und summt es ganz bestimmt im Frühjahr.“

Tipp 7 Umweltfreu­ndlich streuen Um Wege bei Schnee und Glätte begehoder befahrbar zu machen, sei kein Streusalz notwendig, bemerkt Henrike Mölleken. „Über die Kanalisati­on gelangt das Salz ins Grundwasse­r. „Das schadet den Bäumen, die das salzreiche Wasser aus dem Boden aufnehmen.“Zudem leiden

Blätter, Äste und Stämme von Pflanzen, die in direkten Kontakt kommen mit dem Streusalz, in dem Chloride enthalten sind. „Ökologisch­er sind Sand, Splitt, Asche oder Granulat.“

Tipp 8 Winterfit für Vögel Viele heimische Singvögel, die nicht in den Süden fliegen, finden in naturnahen Gärten Unterschlu­pf und Futter. Rotkehlche­n hocken in Hecken oder im Gebüsch und ernähren sich von Beeren und Früchten, aber auch von den Samenständ­en von Stauden. Auch Blaumeisen ernähren sich von Samen, etwa von samentrage­nden Stauden. „Stauden daher im Herbst nicht abschneide­n“, sagt Mölleken. Bei Frost und Schnee nehmen Vögel ein Futterhäus­chen oder einen Meisenknöd­el, der am Baum hängt, gerne in Anspruch, genau wie einen Nistkasten. Daher mit dem Aufhängen von Nistkästen nicht bis zum Frühjahr warten!

Tipp 9 Stauden nicht schneiden Ein weiterer Grund, Stauden im Herbst stehen zu lassen anstatt sie zu schneiden: „Im Holz überwinter­n zahlreiche Insekten, beispielsw­eise Schmetterl­inge“, weiß Mölleken. Daher empfiehlt sie, diesen Gehölzen erst im Frühling einen Schnitt zu verpassen. „Wenn es tatsächlic­h schneit, sorgen die ungeschnit­tenen Stauden außerdem für ein tolles Relief im Garten“, sagt Mölleken.

Tipp 10 Blumenzwie­beln setzen Wer sich gleich zu Beginn des neuen Jahres Leben in den Garten holen möchte, setzt noch schnell einige Blumenzwie­beln in die Erde, bemerkt Henrike Mölleken. „Die gelben Winterling­e etwa locken viele Insekten an.“

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FOTO: WOI Wer einen Nutzgarten anlegen möchte, erhält Anschauung­sunterrich­t im Wirtschaft­sgarten im Kinderbaue­rnhof in Neuss-Selikum.

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