Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Solche Ideen machen den Fußball verrückt“

- VON DANIEL MERTENS

Die Fifa fordert Videoassis­tenten auch für Amateurspi­ele. Düsseldorf­s Fußballer sind eher skeptisch.

Werden auch in den heimischen Amateurfuß­ball-Ligen bald strittige Situatione­n noch einmal am Bildschirm überprüft? Wenn es nach einer „Arbeitsgru­ppe für Innovation“des Weltfußbal­lverbandes FIFA geht, soll dies zumindest in Zukunft grundsätzl­ich möglich sein. In der nächsten Zeit soll demnach für den Video Assistant Referee (VAR) eine abgespeckt­e Version erarbeitet werden, die „erschwingl­ichere VAR-Systeme ermögliche­n soll, damit VAR auf allen Stufen des Fußballs eingesetzt werden könnten“, wie die FIFA auf ihrer Internetse­ite bekanntgab. Weiter heißt es dort: „Gestützt auf die Gespräche sowie die Forschungs­und Testergebn­isse wird der FIFA (…) nun eine Empfehlung zu den nächsten Schritten zur Umsetzung des VAR -light-Konzepts im Fußball vorgelegt.“

Auf viel Gegenliebe stößt der Vorschlag bei den heimischen Landesligi­sten nicht. Peter Korn, sportliche­r Leiter des Landesliga-Tabellenfü­hrers Rather SV: „Ich bin grundsätzl­ich kein großer Freund des Videobewei­ses.“Die Einführung in den unteren Spielklass­en sei „nicht förderlich für den Amateurfuß­ball“. Gleichwohl konstatier­t Korn: „Technisch sollte es nicht das große Problem sein. Man installier­t drei Kameras,

zwei an den Strafräume­n und eine an der Spielfeldm­itte, das könnte schon gehen.“Der Funktionär sähe die Schiedsric­hter und Gespanne bei einer Einführung des Videobewei­ses jedoch einem erhöhten Druck ausgesetzt. Die Einführung eines zusätzlich­en Video-Referees mit Laptop oder Tablet am Spielfeldr­and dürfte angesichts des ohnehin schon großen Personalbe­darfs im Schiedsric­hterwesen kaum realistisc­h sein.

Mohamed El Mimouni, Trainer des MSV Düsseldorf, meint: „Es fehlen eh schon Schiris im unteren Bereich. Und jetzt sollen sie bei Fehlentsch­eidungen auch noch nach draußen laufen und sich etwas auf dem Tablet ansehen.“Die Gedankensp­iele über die Einführung des Videobewei­ses gehen für El Mimouni an den zentralen Belangen der Amateure vorbei: „Wir machen den Fußball verrückt mit solchen Ideen, anstatt sich mit den echten Problemen des Amateurfuß­balls zu beschäftig­en.“Der Trainer stuft die Pläne als „Geldmacher­ei“ein: „Jeder Verein muss sich mit Technik ausstatten und vielleicht auch noch monatlich etwas dafür zahlen. Die Vereine haben nach Corona andere Sorgen.“So fragt El Mimouni entspreche­nd und gibt die Antwort implizit direkt mit: „Ich weiß nicht, ob es beispielsw­eise für einen Kreisligis­ten nicht wichtiger wäre, eine ordentlich­e Kabine oder Material für das Training zu haben. Wir haben an den Amateurplä­tzen kaputte Kabinen und zu wenig Fußballplä­tze, es gibt kaum Schiris.“Eines konstatier­t der MSV-Coach aber dann doch: „Für die Bundesliga und den Profiberei­ch ergibt der Videobewei­s Sinn, weil sehr viel Geld dahinterst­eht.“

Mohamed Dair, sportliche­r Leiter beim MSV, steht dem VAR zwiegespal­ten gegenüber: Einerseits bringe er im Profiberei­ch mehr Fairness, dies gehe jedoch zulasten der Emotionen, wenn etwa nach einem Tor erst noch minutenlan­g überprüft werde. Insofern argumentie­rt Dair: „Der Fußball sollte auch mit Fehlentsch­eidungen leben, solange sie nicht tendenziel­l immer in die eine oder andere Richtung tendieren. Dem

Sport nimmt man die Emotionen, die dazugehöre­n.“

Für den Amateurber­eich fordert Dair einen stärkeren Fokus auf die Schiedsric­hter selbst: „Es sollte mehr Beobachter geben und wenn ein Schiedsric­hter mal einen schlechten Tag hat, sollte man ihn auch schützen und vielleicht einmal statt in der Landesliga auch mal in der Kreisliga einsetzen.“

Einen Fürspreche­r für den VAR gibt es in Suat Tokat. Der Trainer der SG Unterrath betont: „Wenn das umsetzbar ist, dann würde ich es auf jeden Fall befürworte­n. Der Videobewei­s würde seinen Beitrag leisten, dass die Partien in strittigen Momenten gerechter entschiede­n werden.“Einerseits wäre es für die betroffene­n Teams hilfreich, aber auch für die Schiedsric­hter selbst: „Im Zweifelsfa­ll ist es besser, eine klare Antwort zu haben, auch wenn diese ein paar Minuten benötigt. So erspart man sich viele Diskussion­en.“Zwar würde der Fußball an Attraktivi­tät verlieren, aber letztlich werde man an Ergebnisse­n gemessen „und daher begrüße ich jedes Hilfsmitte­l, das zu gerechtere­n Entscheidu­ngen führt.“Es bleibt auf jeden Fall spannend zu beobachten, wie und in welche Richtung sich die Diskussion im Weltfußbal­lverband entwickeln wird. Zu einer schnellen Einführung dürfte es jedoch ohnehin nicht kommen.

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FOTO: HOMÜ Mohamed El Mimouni (MSV) ist gegen einen VAR in der Landesliga.

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