Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Solche Ideen machen den Fußball verrückt“
Die Fifa fordert Videoassistenten auch für Amateurspiele. Düsseldorfs Fußballer sind eher skeptisch.
Werden auch in den heimischen Amateurfußball-Ligen bald strittige Situationen noch einmal am Bildschirm überprüft? Wenn es nach einer „Arbeitsgruppe für Innovation“des Weltfußballverbandes FIFA geht, soll dies zumindest in Zukunft grundsätzlich möglich sein. In der nächsten Zeit soll demnach für den Video Assistant Referee (VAR) eine abgespeckte Version erarbeitet werden, die „erschwinglichere VAR-Systeme ermöglichen soll, damit VAR auf allen Stufen des Fußballs eingesetzt werden könnten“, wie die FIFA auf ihrer Internetseite bekanntgab. Weiter heißt es dort: „Gestützt auf die Gespräche sowie die Forschungsund Testergebnisse wird der FIFA (…) nun eine Empfehlung zu den nächsten Schritten zur Umsetzung des VAR -light-Konzepts im Fußball vorgelegt.“
Auf viel Gegenliebe stößt der Vorschlag bei den heimischen Landesligisten nicht. Peter Korn, sportlicher Leiter des Landesliga-Tabellenführers Rather SV: „Ich bin grundsätzlich kein großer Freund des Videobeweises.“Die Einführung in den unteren Spielklassen sei „nicht förderlich für den Amateurfußball“. Gleichwohl konstatiert Korn: „Technisch sollte es nicht das große Problem sein. Man installiert drei Kameras,
zwei an den Strafräumen und eine an der Spielfeldmitte, das könnte schon gehen.“Der Funktionär sähe die Schiedsrichter und Gespanne bei einer Einführung des Videobeweises jedoch einem erhöhten Druck ausgesetzt. Die Einführung eines zusätzlichen Video-Referees mit Laptop oder Tablet am Spielfeldrand dürfte angesichts des ohnehin schon großen Personalbedarfs im Schiedsrichterwesen kaum realistisch sein.
Mohamed El Mimouni, Trainer des MSV Düsseldorf, meint: „Es fehlen eh schon Schiris im unteren Bereich. Und jetzt sollen sie bei Fehlentscheidungen auch noch nach draußen laufen und sich etwas auf dem Tablet ansehen.“Die Gedankenspiele über die Einführung des Videobeweises gehen für El Mimouni an den zentralen Belangen der Amateure vorbei: „Wir machen den Fußball verrückt mit solchen Ideen, anstatt sich mit den echten Problemen des Amateurfußballs zu beschäftigen.“Der Trainer stuft die Pläne als „Geldmacherei“ein: „Jeder Verein muss sich mit Technik ausstatten und vielleicht auch noch monatlich etwas dafür zahlen. Die Vereine haben nach Corona andere Sorgen.“So fragt El Mimouni entsprechend und gibt die Antwort implizit direkt mit: „Ich weiß nicht, ob es beispielsweise für einen Kreisligisten nicht wichtiger wäre, eine ordentliche Kabine oder Material für das Training zu haben. Wir haben an den Amateurplätzen kaputte Kabinen und zu wenig Fußballplätze, es gibt kaum Schiris.“Eines konstatiert der MSV-Coach aber dann doch: „Für die Bundesliga und den Profibereich ergibt der Videobeweis Sinn, weil sehr viel Geld dahintersteht.“
Mohamed Dair, sportlicher Leiter beim MSV, steht dem VAR zwiegespalten gegenüber: Einerseits bringe er im Profibereich mehr Fairness, dies gehe jedoch zulasten der Emotionen, wenn etwa nach einem Tor erst noch minutenlang überprüft werde. Insofern argumentiert Dair: „Der Fußball sollte auch mit Fehlentscheidungen leben, solange sie nicht tendenziell immer in die eine oder andere Richtung tendieren. Dem
Sport nimmt man die Emotionen, die dazugehören.“
Für den Amateurbereich fordert Dair einen stärkeren Fokus auf die Schiedsrichter selbst: „Es sollte mehr Beobachter geben und wenn ein Schiedsrichter mal einen schlechten Tag hat, sollte man ihn auch schützen und vielleicht einmal statt in der Landesliga auch mal in der Kreisliga einsetzen.“
Einen Fürsprecher für den VAR gibt es in Suat Tokat. Der Trainer der SG Unterrath betont: „Wenn das umsetzbar ist, dann würde ich es auf jeden Fall befürworten. Der Videobeweis würde seinen Beitrag leisten, dass die Partien in strittigen Momenten gerechter entschieden werden.“Einerseits wäre es für die betroffenen Teams hilfreich, aber auch für die Schiedsrichter selbst: „Im Zweifelsfall ist es besser, eine klare Antwort zu haben, auch wenn diese ein paar Minuten benötigt. So erspart man sich viele Diskussionen.“Zwar würde der Fußball an Attraktivität verlieren, aber letztlich werde man an Ergebnissen gemessen „und daher begrüße ich jedes Hilfsmittel, das zu gerechteren Entscheidungen führt.“Es bleibt auf jeden Fall spannend zu beobachten, wie und in welche Richtung sich die Diskussion im Weltfußballverband entwickeln wird. Zu einer schnellen Einführung dürfte es jedoch ohnehin nicht kommen.