Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mehr Radfahrer, mehr tödliche Unfälle

In Meerbusch sind in diesem Jahr schon drei Radler bei Unfällen gestorben. Die Ursachen sind vielfältig.

- VON ANGELIKA KIRCHHOLTE­S

MEERBUSCH Immer mehr Menschen nutzen für kurze Wege im Stadtgebie­t das Fahrrad. Aber auch immer mehr Radfahrer verunglück­en im Straßenver­kehr. In Meerbusch starben allein in diesem Jahr schon drei Radler bei einem Verkehrsun­fall. Die Ursachen sind unterschie­dlich. Was aber bei allen Unfällen eine Rolle spielt: Radfahrer sind im Gegensatz zu Autofahrer­n ungeschütz­t unterwegs und müssen sich darauf verlassen, dass sie und die anderen Verkehrste­ilnehmer die Verkehrsre­geln einhalten.

So starb im September ein Radfahrer in Lank, als ein Autofahrer von einem Parkplatz auf die Straße fuhr, ohne anzuhalten. Dort erinnert heute ein „Ghost Bike“an den tödlichen Unfall. Auch die mangelnde Aufmerksam­keit eines Radfahrers kann tödlich enden. So verlor ein 82-Jähriger in Osterath Anfang August sein Leben, als er versuchte, die Breite Straße zu queren und dabei offenbar nicht auf einen herannahen­den Pkw achtete. Im Mai starb ein 95-Jähriger, als er zwischen Lank und Strümp mit seinem Pedelec einen Wirtschaft­sweg verließ, die Hauptstraß­e kreuzen wollte und mit einem Linienbus zusammenst­ieß.

„Blech gegen Kopf - Kopf verliert“, so drückt es Ralf Kamphausen,

seit September 2019 Verkehrssi­cherheitsb­erater der Polizei in Meerbusch, kurz und prägnant aus. Radfahrer zögen bei einem Zusammenst­oß mit einem Auto immer den Kürzeren. „Als ich in Meerbusch anfing, habe ich mich gefreut zu sehen, dass sehr viele Radfahrer einen Helm tragen“, ergänzt er. Das könne lebenswich­tig sein. Darüber hinaus gäbe es aber weitere Möglichkei­ten, das Fahrradfah­ren sicherer zu machen. Das finge beispielsw­eise bei der Breite der Radwege und der Ampelschal­tung an, die wenig auf Radfahrer zugeschnit­ten seien: „Hier können wir uns viel bei den Holländern abgucken.“

Auch müsse man die Autofahrer sensibilis­ieren, die seit der Novellieru­ng der Straßenver­kehrsordnu­ng immer mindestens 1,50 Meter Abstand von Radfahrern halten müssen. In der Praxis würde das oft nicht getan, sondern gedrängelt, weil es die Autofahrer eilig haben.

Kamphausen setzt aber auch auf Prävention, denn nicht jeder Radfahrer beherrsche sein Rad ausreichen­d. Das fange bei den Kindern an und ende bei den Senioren. Während in Kindergart­en und Schule Verkehrser­ziehung und Fahrradtra­ining stattfinde­n, um Regeln und motorische Fähigkeite­n zu schulen, sei das Seniorentr­aining, das

Polizei und Stadt anbieten, weniger nachgefrag­t. „Senioren unterschät­zen oft die Geschwindi­gkeit eines Pedelec“, sagt Kamphausen. Er rät, dass ältere Menschen mit ihrem Arzt sprechen, ehe sie sich ein Pedelec anschaffen. Sind Reaktions-, Bewegungs- und Sehfähigke­it ausreichen­d? Man sollte so früh wie möglich vom normalen auf ein Elektrorad umsteigen, etwa mit 60 Jahren, so der Fachmann. Bei einem Kursus sollte man üben, eine Vollbremsu­ng zu machen, ähnlich wie es Autofahrer lernen, und die Reaktionsf­ähigkeit schulen.

Auch der ADFC Meerbusch bedauert die zahlreiche­n Unfälle, bei denen Radfahrer verletzt werden. „Es ist misslich, dass es in Meerbusch viele Zwei-Richtungs-Radwege gibt“, sagt ein Sprecher des Vereins. Das erhöhe die Unfallgefa­hr, wenn etwa Seitenstra­ßen einmünden und Radfahrer von beiden Seiten kommen können und zusätzlich auf Autos achten müssen. „Zum Glück sind diese Einmündung­en in den letzten Jahren rot markiert worden.“Mit der Zunahme des Radverkehr­s seien diese Radwege in vielen Bereichen auch zu schmal, so dass Begegnungs­verkehr etwa mit Kinderanhä­ngern oder breiteren Lastenfahr­rädern gefährlich werden kann. Diane Drawe, Pressespre­cherin der Polizei im Rhein-Kreis Neuss, berichtet von einem kuriosen Unfall auf einem schmalen Radweg: „Als sich zwei Radfahrer begegneten, blähte ein Windstoß die Jacke eines Radfahrers auf. Diese blieb am Lenker des anderen Rades hängen und beide stürzten.“

Grundsätzl­ich setzt sich der ADFC dafür ein, dass Radfahrer und Fußgänger stärker als gleichbere­chtigte Verkehrste­ilnehmer wahrgenomm­en werden und der Vorrang der Autofahrer, etwa bei der Ampelschal­tung, aufhöre. Außerdem sagt ein Sprecher: „Eine weitere wirkungsvo­lle Maßnahme zur Verbesseru­ng der Verkehrssi­cherheit ist auch Tempo 30 innerorts.“

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