Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wenn am Weihnachtsbaum wichtige Werte hängen
Beim Kooperationsprojekt von Volkshochschule und Meerbuscher Kulturkreis beschäftigten sich Zugereiste unter anderem mit den Grundrechten.
MEERBUSCH (RP) Werte spielen in der heutigen Zeit eine besondere Rolle. Allerdings werden viele immer weniger gelebt, obwohl sie für das Zusammenleben und das Funktionieren von Gruppen und der Gesellschaft so wichtig sind. Gerade auch für Zugereiste, die sich als Neuankömmlinge mit unterschiedlichen ethnischen, kulturellen und sozialen Prägungen schnell und gut in unserer Gesellschaft etablieren wollen, haben sie grundlegende Relevanz.
Um dabei Unterstützung und Hilfestellung zu leisten, haben sich im Spätsommer die Volkshochschule Meerbusch und der Meerbuscher Kulturkreis (MKK) zu einem besonderen Projekt zusammengetan: Sieben Zugereiste aus Afghanistan, Ägypten, dem Irak und dem Iran setzten sich von Mitte September bis Ende Oktober mit Werten auseinander und kreierten einen ungewöhnlichen Adventskalender.
„Möglich war die Aktion nur dank der Finanzierung durch den MKK und dank des großartigen Engagements der Meerbuscher Künstlerin Barbara Wyon, die die Volkshochschule immer in besonderer Weise unterstützt“, sagt Projektinitiatorin und VHS-Leiterin Béatrice Delassalle-Wischert. An insgesamt sieben Terminen hat sich die Workshop-Gruppe im VHS-Gebäude an der Hochstraße in Osterath getroffen. Da die Meetings immer am Abend oder an Samstagen stattfanden, bot das VHS-Gebäude genügend große Räumlichkeiten, um Corona-gerecht arbeiten zu können.
Thematisch angeleitet wurde das Projektteam mit Mohammad Akbari, Amad Ali Ahmad, Zahra Dehghani, Abdul Azim Ezadyar, Sayd Esa Hosaini, Hany Rashwan und Javid
Wayerman Yazdi von VHS-Dozent Horst Engelbach. Als langjähriger Journalist, der auch beruflich im Iran und in Afghanistan unterwegs war, fiel ihm der Zugang zur Zielgruppe leicht. Lebhaft und begeistert diskutierte und besprach er mit dem Projektteam die Grundrechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, etwa „Die Freiheit der Person ist unverletzlich“, und setzte Begriffe wie Gleichberechtigung, Toleranz, Respekt, Solidarität, Würde, Fleiß, Pünktlichkeit, Hilfsbereitschaft,
Zuverlässigkeit, Fürsorglichkeit, Ordnung und Disziplin auf die Tagesordnung.
Dabei wurde den Teammitgliedern extrem viel Einsatz abverlangt, denn das Sprachniveau war ein mittleres. „Trotzdem war es für mich sehr wichtig, ich habe viel Neues gelernt und auch entscheidende Unterschiede zwischen meiner Heimat und Deutschland festgestellt“, sagt die 38-jährige Zahra, die am 4. Dezember in Osterath ihren „Deutschtest für Zuwanderer“bestehen will. Sie erhielt, wie alle, die sich regelmäßig im Projekt engagiert hatten, zum Abschluss neben einer Gratulation eine Teilnahmebescheinigung von der VHS-Leiterin, mit der die Geflüchteten ihr Interesse am Thema schriftlich nachweisen können.
Für die künstlerische Umsetzung war Barbara Wylon verantwortlich. Die diplomierte Grafikerin
und freischaffende Künstlerin besuchte die Projektgruppe an einem der ersten Termine und betont: „Ich bin immer glücklich, wenn ich mich bei solchen Vorhaben einbringen kann.“Mit dem Team einigte sie sich auf die Kalenderoptik des „Weihnachtsbaums“. Und an diesen brachten die Zuwanderer in der Folge ihnen wichtige ausgesuchte Werte in Form kleiner aufziehbarer Rollen an. „Trotz Corona und dem Kampf mit der Sprache - die Mühe hat sich gelohnt, denn das Ergebnis lässt sich sehen“, stellt Delassalle-Wischert zufrieden fest. Und Heribert Schween vom MKK betont: „Wir als MKK haben uns gefreut und sind froh, dieses Projekt, das Ethik und Kunst verbindet, unterstützt zu haben. Den Teilnehmenden hat es inhaltlich viel gebracht und Barbara Wylon hat die künstlerische Form dazu geschaffen“.