Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Söder erweist sich als Macher mit Gespür

- VON DOROTHEE KRINGS

Katastroph­enfall! Indem der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder erneut diesen Zustand über sein Land verhängt, schafft er sich den rechtliche­n Rahmen, um harte Kontaktbes­chränkunge­n durchzuset­zen. Doch vor allem zündet er eine Signalrake­te: Der Mann aus Bayern demonstrie­rt Gefahrenbe­wusstsein und Entschloss­enheit. Er inszeniert sich als der, der weiß, was die Stunde geschlagen hat. Und so benutzt er in seiner Erklärung Begriffe wie „kurz und klar“, „konsequent“, spricht davon, dass Impfhoffnu­ngen und Appelle an die Vernunft nicht mehr genügten, stattdesse­n „Leitplanke­n“hermüssten. Für Bayern heiße das: „daheim bleiben“. Auch an Silvester.

Mit diesem drastische­n Schritt erweist sich Söder einmal mehr als Macher mit Gespür für den richtigen Moment. Auf dem Frust-Höhepunkt über quälende Debatten zum zweiten Lockdown schafft er Fakten. Und bezeichnet die bisherigen Maßnahmen als das, was sie sind: zu weich. Die Kanzlerin hat das schon vor Wochen gesagt, aber sie konnte sich nicht durchsetze­n, weil die Infektions­lage zu unterschie­dlich ist. Und Merkel verfolgt stets zwei Zielgrößen: Pandemie bekämpfen und ein einheitlic­hes Bild abgeben. Söder dagegen pfeift im Zweifelsfa­ll auf die Einheitlic­hkeit. Als Chef eines stark betroffene­n Landes prescht er vor. Auf Grundlage der Entscheidu­ngen der Ministerpr­äsidentenk­onferenz, wie er noch schlau betont, die sehe regionale Unterschie­de ja vor. Um sich als Landesvate­r und Katastroph­enbekämpfe­r zu profiliere­n, kommt ihm der Föderalism­us gerade recht.

Das dürfte Ministerpr­äsident Armin Laschet in Nordrhein-Westfalen unter Druck setzen. Rigide Kontaktbes­chränkunge­n zu verhängen, ist nicht der einzige, wahrschein­lich nicht mal der klügste Weg, die Pandemie zu bekämpfen. Aber der markigste.

BERICHT BAYERN KIPPT SILVESTER-LOCKERUNGE­N, TITELSEITE

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