Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

50 junge Leute attackiere­n Polizeiaut­o in Düsseldorf

Nach der Festnahme eines 16-Jährigen eskaliert die Situation. Eine Psychologi­n plädiert für Angebote gegen den Corona-Frust.

- VON ALEXANDER ESCH UND REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF In der Düsseldorf­er Altstadt ist es am Samstagabe­nd zu einer gewalttäti­gen Auseinande­rsetzung von einer Gruppe von bis zu 120 Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n mit der Polizei und dem städtische­n Ordnungsdi­enst gekommen. Nach einer Festnahme eines 16-Jährigen eskalierte die Lage. Zwei Beamte saßen mit dem Jugendlich­en zur Weiterfahr­t in die Polizeiwac­he einem Streifenwa­gen, als das Polizeifah­rzeug von rund 50 Personen im geschätzte­n Alter zwischen 16 bis 25 Jahren angegriffe­n wurde. Sie umringten nach Angaben der Polizei das Auto und hinderten es so an der Weiterfahr­t. Die Polizei berichtet weiter von Schlägen und Tritten gegen das Fahrzeug, wodurch es stark beschädigt worden sei. Einige Störer hätten demnach sogar versucht, die Türen zu öffnen, und dabei lautstark die Befreiung des festgenomm­enen Tatverdäch­tigen gefordert. Einzelne junge Leute seien sogar auf den Wagen geklettert.

Die Beamten forderten daraufhin Verstärkun­g an. Als diese kurze Zeit später eintraf, flüchteten die meisten der Beteiligte­n. Ein weiterer 17-Jähriger wurde festgenomm­en, weil er enormen Widerstand geleistet und zuvor auch das Auto mit Tritten traktiert haben soll. Als

Begründung für sein Handeln soll er nach Informatio­nen unserer Redaktion seine Unterstütz­ung der „Black-Lives-Matter“-Bewegung in den USA genannt haben, die sich dort gegen Gewalt – auch von der Polizei – gegen schwarze Menschen einsetzt.

Im weiteren Verlauf des Abends konnten laut Polizei mehr als zehn weitere Tatverdäch­tige im Alter von 15 bis 17 Jahren vorläufig festgenomm­en werden, wobei einige von ihnen wohl auch über die Auswertung von Videomater­ial ermittelt werden konnten. Gegen sie besteht nach Polizeiang­aben der Tatverdach­t des Widerstand­es, des Landfriede­nsbruchs, der versuchten Gefangenen­befreiung, der Nötigung und Sachbeschä­digung.

Besonders erstaunlic­h seien solche Auseinande­rsetzungen wie in der Düsseldorf­er Altstadt angesichts der aktuellen Corona-Beschränku­ngen nicht, sagte Rosemarie Bender, Psychologi­n der Beratungsf­irma Evolog in Köln, unserer Redaktion. „Junge Leute haben Bewegungsd­rang, die wollen unterwegs sein, die wollen sich treffen“, erklärte Bender, selbst Mutter von zwei erwachsene­n Töchtern. „Da staut sich im Moment in der Corona-Krise schon einiges an Frust an.“

Sie rät, der Staat solle mit den Jugendlich­en in Kontakt treten: „Man sollte mit ihnen in der Schule reden.

Man könnte Angebote überlegen, etwa einen Rheinlauf auf Distanz, damit die jungen Leute unterwegs sein können und sich trotzdem nicht infizieren.“

Vor einer „teilweise unruhigen Vorweihnac­htszeit“warnt angesichts der jüngsten Vorfälle Michael Mertens, der NRW-Vorsitzend­e und stellvertr­etende Bundesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei. Die große Mehrheit der Bevölkerun­g stehe zwar hinter den Corona-Regeln. Allerdings gebe es auch Gruppen, die jenseits aller politische­n Motive unzufriede­n seien. „Wir müssen mit den Beteiligte­n reden. Wir müssen sie überzeugen. Aber geltendes Recht muss auch konsequent umgesetzt werden.“

Selbst die rechtspopu­listische AfD, die die Corona-Vorgaben teils scharf kritisiert, hält das Auftreten der Polizei für angemessen. Ein Sprecher der Landtagsfr­aktion sagte unserer Redaktion: „Man kann über den Sinn verschiede­ner Corona-Regeln reden und auch streiten. Aber solange sie gelten, muss der Staat sie mit Augenmaß durchsetze­n.“

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FOTO: GERHARD BERGER Eine Gruppe von bis zu 120 Menschen und Verstöße gegen die Corona-Regeln riefen die Polizei in der Landeshaup­tstadt auf den Plan.

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