Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
50 junge Leute attackieren Polizeiauto in Düsseldorf
Nach der Festnahme eines 16-Jährigen eskaliert die Situation. Eine Psychologin plädiert für Angebote gegen den Corona-Frust.
DÜSSELDORF In der Düsseldorfer Altstadt ist es am Samstagabend zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung von einer Gruppe von bis zu 120 Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit der Polizei und dem städtischen Ordnungsdienst gekommen. Nach einer Festnahme eines 16-Jährigen eskalierte die Lage. Zwei Beamte saßen mit dem Jugendlichen zur Weiterfahrt in die Polizeiwache einem Streifenwagen, als das Polizeifahrzeug von rund 50 Personen im geschätzten Alter zwischen 16 bis 25 Jahren angegriffen wurde. Sie umringten nach Angaben der Polizei das Auto und hinderten es so an der Weiterfahrt. Die Polizei berichtet weiter von Schlägen und Tritten gegen das Fahrzeug, wodurch es stark beschädigt worden sei. Einige Störer hätten demnach sogar versucht, die Türen zu öffnen, und dabei lautstark die Befreiung des festgenommenen Tatverdächtigen gefordert. Einzelne junge Leute seien sogar auf den Wagen geklettert.
Die Beamten forderten daraufhin Verstärkung an. Als diese kurze Zeit später eintraf, flüchteten die meisten der Beteiligten. Ein weiterer 17-Jähriger wurde festgenommen, weil er enormen Widerstand geleistet und zuvor auch das Auto mit Tritten traktiert haben soll. Als
Begründung für sein Handeln soll er nach Informationen unserer Redaktion seine Unterstützung der „Black-Lives-Matter“-Bewegung in den USA genannt haben, die sich dort gegen Gewalt – auch von der Polizei – gegen schwarze Menschen einsetzt.
Im weiteren Verlauf des Abends konnten laut Polizei mehr als zehn weitere Tatverdächtige im Alter von 15 bis 17 Jahren vorläufig festgenommen werden, wobei einige von ihnen wohl auch über die Auswertung von Videomaterial ermittelt werden konnten. Gegen sie besteht nach Polizeiangaben der Tatverdacht des Widerstandes, des Landfriedensbruchs, der versuchten Gefangenenbefreiung, der Nötigung und Sachbeschädigung.
Besonders erstaunlich seien solche Auseinandersetzungen wie in der Düsseldorfer Altstadt angesichts der aktuellen Corona-Beschränkungen nicht, sagte Rosemarie Bender, Psychologin der Beratungsfirma Evolog in Köln, unserer Redaktion. „Junge Leute haben Bewegungsdrang, die wollen unterwegs sein, die wollen sich treffen“, erklärte Bender, selbst Mutter von zwei erwachsenen Töchtern. „Da staut sich im Moment in der Corona-Krise schon einiges an Frust an.“
Sie rät, der Staat solle mit den Jugendlichen in Kontakt treten: „Man sollte mit ihnen in der Schule reden.
Man könnte Angebote überlegen, etwa einen Rheinlauf auf Distanz, damit die jungen Leute unterwegs sein können und sich trotzdem nicht infizieren.“
Vor einer „teilweise unruhigen Vorweihnachtszeit“warnt angesichts der jüngsten Vorfälle Michael Mertens, der NRW-Vorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. Die große Mehrheit der Bevölkerung stehe zwar hinter den Corona-Regeln. Allerdings gebe es auch Gruppen, die jenseits aller politischen Motive unzufrieden seien. „Wir müssen mit den Beteiligten reden. Wir müssen sie überzeugen. Aber geltendes Recht muss auch konsequent umgesetzt werden.“
Selbst die rechtspopulistische AfD, die die Corona-Vorgaben teils scharf kritisiert, hält das Auftreten der Polizei für angemessen. Ein Sprecher der Landtagsfraktion sagte unserer Redaktion: „Man kann über den Sinn verschiedener Corona-Regeln reden und auch streiten. Aber solange sie gelten, muss der Staat sie mit Augenmaß durchsetzen.“