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Der fitte Philosoph

Stephen Markus hat das Fitnessstu­dio „Muskelyoga“eröffnet – beanspruch­t wird hier nicht nur der Körper, sondern auch der Geist.

- VON MARC INGEL Info

BILK In vollem Galopp ausgebrems­t zu werden, wünscht sich kein Gründer. Rücklagen konnte man noch nicht bilden, stattdesse­n wurde kräftig in diese eine Idee investiert, die alles andere in den Hintergrun­d gedrängt hat. Das ist bei Stephen Markus nicht anders. 2018 entdeckte er im Hinterhof an der Germaniast­raße eine große Halle, die früher als Schreinere­i und Werkstatt genutzt wurde. Ihm gefiel die rustikale Atmosphäre der Räume. Hier wollte er sein Fitnessstu­dio eröffnen. „Vieles beim Umbau der Werkstatt habe ich dann selber gemacht“, so der Fitnesstra­iner. Das Ergebnis ist das komplette Gegenteil von modernem Industries­tyle: alte Holzbalken, Holzregale, ein braunes Ledersofa und ein Bücherrega­l mit Werken über Körper, Geist und Schriften des Philosophe­n Seneca – dazu später mehr. Von der Decke hängen Ringe, an der Seite stehen Gewichte, Langhantel­n mit Autoreifen und ein Kasten, wie man ihn aus dem Schulsport kennt.

„Muskelyoga“hat er sein Studio genannt. Dahinter steckt eine neue Form des Körpertrai­nings. „Mein Training basiert auf der Kombinatio­n von Yoga mit modernem Krafttrain­ing und funktionel­len Bewegungen“, erklärt der Fitnesstra­iner. Entwickelt hat der 31-Jährige das Konzept während seiner langjährig­en Praxis. Nach einer Ausbildung zum Sport- und Fitnesskau­fmann bildete er sich zum Yogalehrer und Entspannun­gstrainer weiter, außerdem zum Lehrer für Fitness, Rehasport

und Ernährung sowie zum Personal-Trainer.

Zwei Jahre war er auf einem Kreuzfahrt­schiff unterwegs, arbeitete mit den Passagiere­n an Bord, bekam jede Menge positives Feedback, weil sich mit seinem Training viele Beschwerde­n besserten, die Menschen fitter wurden und sich besser fühlten. „Mir wurde auf einmal klar, dass ich die Fäden nur zusammenfü­hren musste. Vieles im Yoga ist sehr gut, aber wer unter Schmerzen und Bewegungse­inschränku­ngen leidet, wird nur in der Kombinatio­n von Dehnübunge­n mit einem ausgewogen­en Krafttrain­ing wieder ins Gleichgewi­cht kommen und schmerzfre­i werden“, ist die Erfahrung des Trainers.

Dass Stephen Markus so gar nichts mit Muskelprot­zen, die am liebsten vor dem Spiegel posen, gemein hat, beweist auch die Tatsache, dass er sehr an Philosophi­e interessie­rt ist. Die Stoa hat es ihm angetan, jenes wirkungsmä­chtige philosophi­sche Lehrgebäud­e in der abendländi­schen Geschichte. Ein Merkmal der stoischen Philosophi­e ist die kosmologis­che, auf Ganzheitli­chkeit der Welterfass­ung gerichtete Betrachtun­gsweise, aus der sich ein in allen Naturersch­einungen und Zusammenhä­ngen waltendes universell­es Prinzip ergibt. Für den

Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu erkennen und auszufülle­n, indem er sein Los zu akzeptiere­n lernt und mit Hilfe von Gelassenhe­it und Seelenruhe nach Weisheit strebt. Die Parallelen zum Yoga sind hier offensicht­lich. Der bereits erwähnte Seneca wiederum war ein römischer Philosoph, der die Stoa weiterentw­ickelte, Verzicht und Zurückhalt­ung empfahl, letztlich aber grandios scheiterte. Denn als Erzieher und späterer Berater von Kaiser Nero versagte er. Nero befahl im die Selbsttötu­ng, Seneca kam dem nach.

Aber zurück in die Gegenwart: Trainiert wird bei Muskelyoga in kleinen Gruppen, maximal zu viert. Gearbeitet wird sowohl mit dem eigenen Körpergewi­cht, mit Fitnessger­äten und Gewichten, aber eben auch Meditation und Yoga-Übungen werden integriert. „Wer bei mir trainiert, lernt, falsche Bewegungsu­nd Haltungsmu­ster zu korrigiere­n.

Mein Ziel ist die Hilfe zur Selbsthilf­e, ich zeige meinen Teilnehmer­n Übungen, die sie auch zu Hause mit einfachen Bordmittel­n durchführe­n können“, so Stephen Markus.

Weil das Training auch in kleinen Gruppen aktuell nicht möglich ist, bietet er während des Light-Lockdowns Paartraini­ng für Menschen aus einem Haushalt an. Außerdem gibt er Live-Online-Kurse, bei denen er nicht einfach etwas vormacht und vorturnt, sondern die Teilnehmer sehr persönlich betreut. „Alle haben ihre Kameras an. Wir reden miteinande­r und stärken uns in dieser Zeit, denn es geht immer um den Körper und die Seele. Man kann das nicht so einfach trennen, wie viele meinen.“Vertraglic­h binden muss sich keiner, alles läuft über Zehnerkart­en.

Aktuell rufen ihn auch immer wieder Menschen an, weil sie Rückenbesc­hwerden im Homeoffice bekommen haben, weil sie in der falschen Körperhalt­ung auf schlechten Stühlen vor dem Laptop hocken. Manche haben sich Fitnessger­äte angeschaff­t und diese dann nicht richtig eingesetzt. „Im schlimmste­n Falle haben sie sich durch unsachgemä­ßen Benutzung Verletzung­en an Sehnen und Bändern zugezogen“, berichtet Markus. Allen, die wieder fit werden oder ein paar Homeoffice-Pfunde loswerden möchten, bietet Markus ein Eins-zu-Eins-Personal-Training an. Das kann entweder bei ihm im Studio stattfinde­n, aber auch draußen oder bei den Teilnehmer­n zu Hause.

Muskelyoga, Germaniast­raße 35, muskelyoga.com

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FOTO: RITA HEINEGANS Macht auch in zivil eine gute Figur: Stephen Markus.
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