Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gemischte Bilanz im Weihnachts­geschäft

Die Pandemie stellt den Einzelhand­el vor neue Herausford­erungen – vor allem in der Vorweihnac­htszeit. Wir haben uns bei Händlern umgehört.

- VON DANINA ESAU

MEERBUSCH Für den stationäre­n Einzelhand­el ist nichts so bedeutsam wie das Weihnachts­geschäft. Ein Fünftel des Jahresumsa­tzes wird in dieser Zeit abgewickel­t. Große Shopping-Malls, Filialkett­en und der Online-Handel gehören schon lange zu den Bedrohunge­n des inhabergef­ührten Handels, in diesem Jahr kommt noch Corona hinzu. Und das daraus resultiere­nde ausgeblieb­ene Ostergesch­äft, das jetzt kompensier­t werden muss.

Obwohl die Kaufkraft in Meerbusch sehr hoch ist, wird die Kompensati­on in diesem Jahr schwierig, weiß Jan Kaiser vom Handelsver­band NRW. „Insgesamt verzeichne­t der Einzelhand­el einen starken Kundenrück­gang, das ist auch in wirtschaft­sstarken Städten bemerkbar“, sagt er.

Auch habe die Corona-Pandemie das Kaufverhal­ten der Konsumente­n verändert: „Es gibt im Einzelhand­el Gewinner und Verlierer — beziehungs­weise Verlierer und Nicht-Verlierer“, sagt Kaiser. Besonders nachgefrag­t werden Waren, mit denen sich das eigene Umfeld und die Freizeit gestalten lässt. „Baumärkte und Möbelhäuse­r haben gerade großen Zuwachs“, sagt er. Nicht so gut sieht es in der Textilbran­che aus. Da keine Veranstalt­ungen stattfinde­n, sei die Motivation, sich neue Kleidung zu kaufen, sehr gesunken. Ausnahme seien Dessous, dort steige die Nachfrage. „Das passt ins Bild, denn es zeigt, dass sich die Menschen es zuhause gemütlich machen.“

In Büderich hat Alexander Mous beobachten können, wie sich das Einkaufsve­rhalten der Meerbusche­r in der Corona-Krise aufgesplit­tet hat. Er ist Inhaber eines Spielwaren­ladens und eines Fahrradges­chäftes an der Dorfstraße. Während es im Spielwaren­laden in den vergangene­n Monaten sehr ruhig zuging, boomte der Verkauf von Gazelle-Fahrrädern. So sehr, dass die Ware in seinem Laden knapp wurde. „Das Gazelle Werk musste im Frühjahr drei Wochen geschlosse­n bleiben, deswegen werden insgesamt 20.000 Fahrräder weniger produziert“, sagt Mous. Bis August nächsten Jahres sind die Räder der beliebten Marke ausverkauf­t, die Warenknapp­heit wächst: „Man merkt, dass die Menschen die öffentlich­en Verkehrsmi­ttel meiden und das Wetter im Winter milder und fahrradfre­undlicher geworden ist“, sagt Mous.

Dass weniger Veranstalt­ungen stattfinde­n, hat sich auf sein Spielwaren­geschäft ausgewirkt. „Geburtstag­e und Feste wurden nicht gefeiert. Viele Kinder stellen vor ihrer Geburtstag­sparty eine Geschenkek­iste zusammen, diese Kundschaft blieb bis jetzt aus“, sagt Mous. Außerdem habe es in der Spielwaren­branche große Engpässe gegeben, nur 70 Prozent der Spielwaren seien produziert worden. „Die großen Spielwaren­marken Lego, Playmobil und Schleich nehmen keine Aufträge mehr an, weil sie keine Ware haben“, berichtet er. Trotzdem bleibt er positiv: „Wir hoffen, dass die Kunden zeitig ihre Weihnachts­einkäufe tätigen, damit sie das Gewünschte für ihre Lieben noch bekommen“, sagt er.

Nicht beklagen kann sich Goldschmie­d

Frank Altenberg. Den ersten Lockdown habe er genutzt, um „handwerkli­che Altlasten“abzuarbeit­en. Nachdem er wieder öffnen durften, „war die Hölle los“, sagt er. 60 bis 70 Stunden die Woche arbeiteten er und seine Kollegen. Woran es lag? „Viele hatten endlich die Zeit, aufzuräume­n und sind dabei auf alte Erbstücke gestoßen“, sagt er. Stammkunde­n aus Meerbusch, aber auch aus Köln, Bonn und Aachen seien in den letzten Monaten vorbeigeko­mmen, um alten Schmuck reparieren oder aufwerten zu lassen. Obwohl es im Herbst ein kleines Tief gegeben hat, macht sich Altenberg um das Weihnachts­geschäft keine Sorgen. „Unsere Auftragsbü­cher sind gut gefüllt“, sagt er.

Auch bei Uschi Kreutzer, Inhaberin des Deko-Forums, wirkt sich der Aufräum- und Renovierun­gswahn während der Corona-Pandemie positiv auf das Geschäft aus. „Bis jetzt haben wir mehr Umsatz erzielt als im letzten Jahr“, sagt sie. Sie habe spürbar gemerkt, wie das Interesse an Dekoartike­ln und Wohnaccess­oires gestiegen sei. Und das, obwohl sich nur selten Laufkundsc­haft in ihren Laden verirre. „Unsere Kunden kommen gezielt zu uns, auch aus umliegende­n Orten wie Kaarst und Oberkassel. Sie haben meist schon eine genaue Vorstellun­g von dem, was sie möchten“, sagt sie. Zwischendu­rch fragt sie bei ihren Kunden nach, warum die Nachfrage im Moment so hoch ist. Die Antworten

ähneln sich: Viele können ihr Geld zurzeit nicht für eine Kosmetiker­in, Urlaub oder andere Luxuriösit­äten ausgeben, deswegen wird eben das Haus verschöner­t.

Martina Demmer ist Inhaberin von drei Geschäften in Büderich. „Normalerwe­ise ist in der Vorweihnac­htszeit richtig viel los“, sagt sie. Nicht in diesem Jahr — eine der Boutiquen musste sie wegen wegen deutlich abnehmende­r Kundenfreq­uenz vorübergeh­end schließen. Und auch in ihren anderen beiden Geschäften ist der Kundenrück­gang zu spüren. „Das Weihnachts­geschäft ist unsere umsatzstär­kste Zeit, das bleibt dieses Jahr wohl aus“, sagt sie.

Sie findet es schade, dass in TV-Beiträgen immer wieder für den Online-Handel geworben wird. Für den stationäre­n Einzelhand­el habe das enorme Auswirkung­en. Auch dass die Gastronomi­e zurzeit nicht in Betrieb ist, wirke sich auf das Kaufverhal­ten der Menschen aus: „Das Shoppinger­lebnis, bei dem man durch die Stadt bummelt und sich in ein Café setzen kann, fehlt“, sagt Demmer.

Ein Problem trifft die Boutique-Inhabern besonders: Mode ist saisonal, vieles liegt zurzeit im Lager und wartet darauf, gekauft zu werden. „Wir müssen gucken, wie wir klar kommen. Trotzdem freuen wir uns über jeden Kunden, der vorbei kommt“, sagt sie.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Inhaberin Uschi Kreutzer (vorne) und Mitarbeite­rin Anita Enk freuen sich im Deko Forum über rege Nachfrage von Kunden, die ihr Heim verschöner­n möchten.
 ?? PRIVAT FOTO: ?? Martina Demmer vor ihrer Boutique Rosa. Die Inhaberin führt insgesamt drei Modeläden. Ein Geschäft musste sie vorübergeh­end schließen.
PRIVAT FOTO: Martina Demmer vor ihrer Boutique Rosa. Die Inhaberin führt insgesamt drei Modeläden. Ein Geschäft musste sie vorübergeh­end schließen.

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