Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Maler holt sich seine Motive aus dem Zeitgeschehen
Viele Jahre hat Wolfgang Waldner als Architekt gearbeitet und Erfolg gehabt. Und er ist von Berlin nach Neuss gezogen.
NEUSS Es ist ein Zufall gewesen, dass Wolfgang Waldner mit Frau und Sohn in Neuss landete. Weder er noch seine in Leipzig geborene Frau hatten einen Bezug zu Neuss, als sie berufsbedingt umzogen. Aus Berlin ist die Familie gekommen, und Wolfgang Waldner wusste nur: „Ich wollte mehr Grün, und das Drumherum ein bisschen kleiner.“
Eine Wohnung fand die Familie an der Sebastianusstraße, der Vierjährige hat mittlerweile einen Kita-Platz, Caro Waldner pendelt problemlos ins Büro nach Düsseldorf – und Wolfgang Waldner malt. Nach einer Erkrankung vor rund 15 Jahren kam wieder durch, was Waldner eigentlich schon immer machen wollte: vor einer Leinwand stehen. „Ich war fünf Jahre lang in Behandlung“, sagt der heute 69-Jährige, „und mein Leben hat sich in dieser Zeit vom Kopf auf die Füße gestellt.“Gemalt hatte er bis zu diesem Zeitpunkt noch nie – aber viel gezeichnet. Als Architekt natürlich, aber dank eines seiner Pfleger hatte er auch den Mut gefunden, seine Kunst in Aquarelle fließen zu lassen. Große Arbeiten kamen dann dazu: „1,60 Meter mal zwei Meter“, sagt er, „Ich brauchte eine Atelier für was Großes.“Längst sind die Arbeiten wieder kleiner geworden, aktuell arbeitet Waldner an einer Porträtreihe und nutzt als Vorlagen Fotos.
In einem Atelier ist der Ex-Berliner auch groß geworden. Geographisch nicht so weit weg von Neuss, aber mental schon: in Oberhausen, wo der Vater von Wolfgang Waldner als Bildhauer arbeitete und auch sein Atelier hatte. Als Achtjähriger sei er weggezogen, erzählt Waldner, eine Steinmetzlehre habe er später gemacht, aber dann die Arbeit mit Marmor – sein Schwerpunkt in der Ausbildung – (und Granit) lieber doch aufgegeben. Damals war er schon in Berlin, habe sich an der damaligen Hochschule der Künste (heute: Universität der Künste) beworben – und nennt immer noch stolz die folgenden Zahlen von damals:
Wolfgang Waldner Maler
„40 von 1200 Bewerbern wurden angenommen!“
Waldner war dabei, aber er beendete das Studium nicht, ging lieber nach Kalifornien und blieb dort drei Jahre. 1971 kam er zurück, landete dann in Frankfurt am Main und begann ein Architekturstudium. Viele Jahre danach hat er diesen Beruf ausgeübt, seine Frau noch in Frankfurt kennengelernt, ist dann zusammen mit ihr 2010 nach Berlin gezogen. Schon damals habe er angefangen, als Künstler zu arbeiten. Durch eine psychische Erkrankung und die Behandlung habe sein Leben eine neue Prägung bekommen, sagt er. Doch seine Motive waren und sind alles andere als weltabgewandt. „Die Gefährder“etwa sind eine Reaktion auf Diskussionen über Islamisten, eine Hommage an die Laokoon-Skulptur trägt den Titel „Trau keinem Blender“, Hieronymus Boschs „Garten der Lüste“hat er übermalt – mit 32.000 Punkten, die allerdings wie eine Fläche aussehen. „Ich reagiere auf aktuelle Dinge“, sagt Waldner prosaisch – und thematisiert etwa in einem Bild den Machtmissbrauch.
Einen Prospekt mit seinen Arbeiten hat er erst in Neuss drucken lassen (auch wenn er in Berlin schon ausgestellt hat), freut sich, dass es seiner Familie gut geht – und natürlich auch über seine Arbeit im Atelier innerhalb seiner Wohnung an der Sebastianusstraße.
„Ich reagiere auf aktuelle Dinge“