Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Die neue Macht der Verbände
In der Pandemie zeigt sich: Der hohe Organisationsgrad in Deutschland ist wertvoll.
Wie hat die Corona-Pandemie Politik und Gesellschaft beeinflusst? Dieses Thema wird Wissenschaftler beschäftigen und Schulstoff künftiger Generationen sein. Eine Beobachtung kann man allerdings schon mitten in der Krise machen: Die Krise ist die Zeit der Verbände.
Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) etwa war zuvor nicht jedem medizinischen Laien bekannt. Durch das Divi-Intensivbettenregister ist der Medizinverband jetzt häufig in den Nachrichten – bringen doch diese die guten oder schlechten Botschaften aus den Intensivstationen mit.
Gleiches gilt für den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe, der sich zum Beispiel öffentlich dagegen wehrt, dass mit Covid-19 infizierte Pflegekräfte noch eingesetzt werden, um Covid-Patienten zu betreuen.
Oder der Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes, der die Situation in den überlasteten Gesundheitsämtern im Blick hat. Wer Fragen zur Kapazität in den Testlaboren hat, bekommt ebenso Antwort wie bei der Frage, wie Schausteller über den Winter kommen oder wie die Logistik bei den Kühlketten klappen soll: Die Branchen sind aufgestellt und sprechfähig.
Auch die deutschen Städte und Gemeinden,
die Kommunen und Landkreise kommen verstärkt zu Wort. Denn die Beschlüsse, die Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder regelmäßig trifft, müssen diese Ebenen am Ende umsetzen. Es ist deswegen gut, wenn die Kommunalvertreter auf die Probleme vor Ort hinweisen und diese im besten Falle auch lösen können.
Es gab über Jahrzehnte immer wieder Kritik an der „Lobby-Republik“Deutschland. Die Politik in der Mitte eines Tauziehens der Lobbyisten war ein oft genutztes Sprachbild. Es stimmte häufig. Aber in der Pandemie ist der hohe Organsationsgrad in Deutschland ein wertvolles Gut.