Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wenn die Kita plötzlich schließt
Wegen Corona-Fällen müssen vielerorts Kitas kurzfristig ihren Betrieb einstellen. Eltern sind gezwungen, ihre Kinder schnell abzuholen – ein Problem vor allem für Berufstätige. Manche Kinder müssen zum zweiten Mal in Quarantäne.
DÜSSELDORF Die Nachricht kommt um kurz nach 13 Uhr – und trifft die Eltern völlig unvorbereitet. „Die Kinder der Gruppen Frosch, Hase, Löwe und Tiger müssen sofort abgeholt werden“, heißt es in der Whatsapp-Mitteilung einer Kindertagesstätte in Düsseldorf. Bei einer Betreuerin habe es einen positiven Test auf Corona gegeben, schreibt die Leiterin der Einrichtung. Für die Kinder gelte ab sofort eine zweiwöchige Quarantäne.
Landesweit kommt es infolge der Pandemie aktuell immer wieder zu solchen und ähnlichen Situationen, bei denen Eltern plötzlich alles stehen und liegen lassen müssen, um ihre Kinder aus der Kita zu holen. „Ich wohne fast direkt neben der Kita und bin derzeit im Homeoffice; deshalb konnte ich meine Tochter auch schnell abholen“, sagt eine Mutter der betroffenen Düsseldorfer Kita. „Aber ich kenne andere Eltern, die konnten das nicht so ohne Weiteres machen, weil sie weiter weg wohnen und bei der Arbeit waren“, sagt sie. Aber auch sie habe jetzt ein Problem. „Meine Tochter ist dreieinhalb Jahre alt und will beschäftigt werden zu Hause; ich muss aber arbeiten. Und meine Urlaubstage sind aufgebraucht.“
Im November mussten wegen der Pandemie 665 Kitas in NRW vorübergehend komplett schließen; 948 mussten den Betrieb nur in Teilen zeitweise einstellen, also einzelne Gruppen schließen. Nach Angaben des NRW-Familienministeriums waren demnach mehr als 15 Prozent der rund 10.500 Einrichtungen von coronabedingten Schließungen betroffen. Wie viele Kinder und Personal von den Schließungen betroffen waren, ist nicht bekannt. In der genannten Kita in Düsseldorf ist es eine Betreuerin, eine sogenannte Springerin, gewesen.
Entscheidungen über Quarantäne in Kitas oder Schulen dürfen in Nordrhein-Westfalen ausschließlich die Gesundheitsämter treffen. Das stellte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) vor wenigen Tagen im Familienausschuss des Landtags klar. Einige Einrichtungen hätten berichtet, dass die Ämter den Kita-Leitungen die Entscheidung
Betroffene Mutter aus Düsseldorf
über Quarantäne nach Corona-Fällen übertragen hätten. Er habe daraufhin mit dem Gesundheitsministerium einen Erlass für die Gesundheitsämter verfassen lassen. Darin werde noch einmal unmissverständlich klargestellt, dass ausschließlich die Gesundheitsämter über Quarantäne zu entscheiden hätten.
Die SPD kritisierte die Kita-Schließungen. „Wann gedenkt der Minister, endlich etwas für die betroffenen Familien in der Krise zu tun? Dazu gehört aus unserer Sicht auch, bei geschlossenen Kitas die Gebühren zu erlassen. Aber nicht einmal für Hotspots mit einer Inzidenz von über 200 gibt es eine Strategie“, sagte Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW. Die FDP erklärte, dass sich die Zahl der Schließungen und Teilschließungen seit Mitte November stabilisiert habe. „Wir sind darum zuversichtlich, dass sich diese Zahl in den nächsten Wochen analog zu den Infektionszahlen in der Bevölkerung reduzieren wird“, sagte der familienpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Marcel Hafke.
Laut der jährlichen Kitabefragung des deutschen Kitaverbands wünschen sich 57 Prozent der befragten Träger einheitliche Standards mit klaren Aussagen zur Pandemiebekämpfung. „Unser Ziel bleibt es, allen Kindern in der Pandemie größtmögliche Freiräume zu schaffen, ihnen dauerhaft Zugang zu Betreuung, Erziehung und Bildung zu ermöglichen“, heißt es bei dem Verband. Dabei müssten aber die Gesundheit der Erzieher und ihre besonderen Herausforderungen unter Pandemiebedingungen immer im Blick behalten werden. „Damit es den Trägern gelingt, den Kita-Betrieb auch im Corona-Winter weitgehend aufrechtzuerhalten, braucht es praktisch umsetzbare und transparent nachzuvollziehende Maßnahmen“, so der Verband.
In der Düsseldorfer Kita, in der vier Gruppen vorübergehend geschlossen sind, hofft man, wenigstens die noch übrig gebliebenen Gruppen offenhalten zu können. Einige der betroffenen Kinder sind bereits zum zweiten Mal in Quarantäne – und das innerhalb von knapp zwei Monaten. „Man kann da natürlich nichts machen und auch der Kita keinen Vorwurf machen“, sagt eine Mutter, deren Sohn schon zum zweiten Mal zu Hause bleiben muss. „Aber ein drittes Mal wird für uns sehr schwierig. Dann könnte ich auch Probleme mit meinem Arbeitgeber bekommen.“
„Meine Tochter ist dreieinhalb Jahre alt und will beschäftigt werden zu Hause“