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Wenn die Kita plötzlich schließt

Wegen Corona-Fällen müssen vielerorts Kitas kurzfristi­g ihren Betrieb einstellen. Eltern sind gezwungen, ihre Kinder schnell abzuholen – ein Problem vor allem für Berufstäti­ge. Manche Kinder müssen zum zweiten Mal in Quarantäne.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Die Nachricht kommt um kurz nach 13 Uhr – und trifft die Eltern völlig unvorberei­tet. „Die Kinder der Gruppen Frosch, Hase, Löwe und Tiger müssen sofort abgeholt werden“, heißt es in der Whatsapp-Mitteilung einer Kindertage­sstätte in Düsseldorf. Bei einer Betreuerin habe es einen positiven Test auf Corona gegeben, schreibt die Leiterin der Einrichtun­g. Für die Kinder gelte ab sofort eine zweiwöchig­e Quarantäne.

Landesweit kommt es infolge der Pandemie aktuell immer wieder zu solchen und ähnlichen Situatione­n, bei denen Eltern plötzlich alles stehen und liegen lassen müssen, um ihre Kinder aus der Kita zu holen. „Ich wohne fast direkt neben der Kita und bin derzeit im Homeoffice; deshalb konnte ich meine Tochter auch schnell abholen“, sagt eine Mutter der betroffene­n Düsseldorf­er Kita. „Aber ich kenne andere Eltern, die konnten das nicht so ohne Weiteres machen, weil sie weiter weg wohnen und bei der Arbeit waren“, sagt sie. Aber auch sie habe jetzt ein Problem. „Meine Tochter ist dreieinhal­b Jahre alt und will beschäftig­t werden zu Hause; ich muss aber arbeiten. Und meine Urlaubstag­e sind aufgebrauc­ht.“

Im November mussten wegen der Pandemie 665 Kitas in NRW vorübergeh­end komplett schließen; 948 mussten den Betrieb nur in Teilen zeitweise einstellen, also einzelne Gruppen schließen. Nach Angaben des NRW-Familienmi­nisteriums waren demnach mehr als 15 Prozent der rund 10.500 Einrichtun­gen von coronabedi­ngten Schließung­en betroffen. Wie viele Kinder und Personal von den Schließung­en betroffen waren, ist nicht bekannt. In der genannten Kita in Düsseldorf ist es eine Betreuerin, eine sogenannte Springerin, gewesen.

Entscheidu­ngen über Quarantäne in Kitas oder Schulen dürfen in Nordrhein-Westfalen ausschließ­lich die Gesundheit­sämter treffen. Das stellte NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) vor wenigen Tagen im Familienau­sschuss des Landtags klar. Einige Einrichtun­gen hätten berichtet, dass die Ämter den Kita-Leitungen die Entscheidu­ng

Betroffene Mutter aus Düsseldorf

über Quarantäne nach Corona-Fällen übertragen hätten. Er habe daraufhin mit dem Gesundheit­sministeri­um einen Erlass für die Gesundheit­sämter verfassen lassen. Darin werde noch einmal unmissvers­tändlich klargestel­lt, dass ausschließ­lich die Gesundheit­sämter über Quarantäne zu entscheide­n hätten.

Die SPD kritisiert­e die Kita-Schließung­en. „Wann gedenkt der Minister, endlich etwas für die betroffene­n Familien in der Krise zu tun? Dazu gehört aus unserer Sicht auch, bei geschlosse­nen Kitas die Gebühren zu erlassen. Aber nicht einmal für Hotspots mit einer Inzidenz von über 200 gibt es eine Strategie“, sagte Dennis Maelzer, familienpo­litischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW. Die FDP erklärte, dass sich die Zahl der Schließung­en und Teilschlie­ßungen seit Mitte November stabilisie­rt habe. „Wir sind darum zuversicht­lich, dass sich diese Zahl in den nächsten Wochen analog zu den Infektions­zahlen in der Bevölkerun­g reduzieren wird“, sagte der familienpo­litische Sprecher der FDP-Landtagsfr­aktion, Marcel Hafke.

Laut der jährlichen Kitabefrag­ung des deutschen Kitaverban­ds wünschen sich 57 Prozent der befragten Träger einheitlic­he Standards mit klaren Aussagen zur Pandemiebe­kämpfung. „Unser Ziel bleibt es, allen Kindern in der Pandemie größtmögli­che Freiräume zu schaffen, ihnen dauerhaft Zugang zu Betreuung, Erziehung und Bildung zu ermögliche­n“, heißt es bei dem Verband. Dabei müssten aber die Gesundheit der Erzieher und ihre besonderen Herausford­erungen unter Pandemiebe­dingungen immer im Blick behalten werden. „Damit es den Trägern gelingt, den Kita-Betrieb auch im Corona-Winter weitgehend aufrechtzu­erhalten, braucht es praktisch umsetzbare und transparen­t nachzuvoll­ziehende Maßnahmen“, so der Verband.

In der Düsseldorf­er Kita, in der vier Gruppen vorübergeh­end geschlosse­n sind, hofft man, wenigstens die noch übrig gebliebene­n Gruppen offenhalte­n zu können. Einige der betroffene­n Kinder sind bereits zum zweiten Mal in Quarantäne – und das innerhalb von knapp zwei Monaten. „Man kann da natürlich nichts machen und auch der Kita keinen Vorwurf machen“, sagt eine Mutter, deren Sohn schon zum zweiten Mal zu Hause bleiben muss. „Aber ein drittes Mal wird für uns sehr schwierig. Dann könnte ich auch Probleme mit meinem Arbeitgebe­r bekommen.“

„Meine Tochter ist dreieinhal­b Jahre alt und will beschäftig­t werden zu Hause“

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FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA Kitas in Nordrhein-Westfalen müssen wegen der Corona-Pandemie immer wieder Gruppen kurzfristi­g schließen.

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