Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
DGB rügt SPD-Fraktion in NRW
Thomas Kutschaty räumt als Fehler ein, einen Antrag von CDU, FDP und Grüne zu digitaler Arbeit mitgetragen zu haben. Der Ärger bei der Gewerkschaft ist groß.
DÜSSELDORF Die SPD-Fraktion in NRW hat eigentlich gerade einen guten Lauf. Dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erneut mit strengeren Corona-Regeln vorgeprescht ist und dass die Landesregierung einen 45-Millionen-Auftrag an den Hemdenhersteller van Laack offenbar mithilfe von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erteilte, eignet sich gut als Vorlage für eine Opposition. Anfang der Woche legte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty in Sachen van Laack auch noch einmal nach. Er zitierte den Vergaberechts-Experten Thomas Mösinger mit den Worten, der Auftrag widerspreche allen Regeln des Rechtsstaats – selbst in Corona-Zeiten. Denn Kutschaty zufolge mussten sich andere renommierte Firmen wie etwa Seidensticker formell um einen Auftrag bewerben, seien aber trotzdem abgeblitzt. Und dann modelt auch noch der Sohn des Ministerpräsidenten für van Laack.
Die SPD hat es in Corona-Zeiten in der Oppositionsrolle schwer: In Krisenphasen kann sich eine Regierung meist mehr profilieren als die Opposition. Überdies ist in der NRW-SPD ein offener Machtkampf zwischen Sebastian Hartmann als Landeschef und Kutschaty ausgebrochen. Der Fraktionschef kündigte gegen Hartmann bereits eine Kampfkandidatur an.
In dieser Gemengelage trifft es sich schlecht, dass ein alter Verbündeter der Sozialdemokraten, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), Kutschaty schwere Vorwürfe macht. Hintergrund ist ein fraktionsübergreifender Antrag zur Digitalisierung der Arbeitszeit. Aus Sicht des DGB fällt die SPD-Landtagsfraktion in NRW dem DGB und auch dem SPD-Bundesarbeitsminister in den Rücken, statt die Beschäftigten vor einer Ausweitung der Arbeitszeit im Zuge der Digitalisierung zu schützen, wie es in einem Schreiben der DGB-Landeschefin Anja Weber heißt, das unserer Redaktion vorliegt. So groß war der Ärger, dass der DGB seine Teilnahme am Gewerkschaftsrat im Bezirksvorstand NRW absagte. Tatsächlich räumte Kutschaty auf Anfrage einen Fehler ein: „Das war nicht gut. Wir hätten dem Antrag in dieser Form nicht zustimmen dürfen. Denn unser Grundsatz lautet: Hände weg vom Arbeitszeitgesetz.“
In Gewerkschaftskreisen heißt es mittlerweile relativierend, man werde den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen. Dem DGB sei versichert worden, dass dies keinesfalls beabsichtigt war und man wohl nicht aufmerksam genug gewesen sei.
Die Genossen in Berlin schauen besorgt auf die Geschehnisse in der NRW-SPD. Aus Partei- und Fraktionskreisen hieß es, Kutschaty dürfe so ein handwerklicher Fehler nicht passieren. Ausgerechnet ihm, der sich als linker Modernisierer gebe. Es gehöre zum kleinen Einmaleins der Sozialdemokratie, sich in arbeitspolitischen Fragen mit den Gewerkschaften abzustimmen.
Zugleich wird kritisch gesehen, dass im Machtkampf zwischen Kutschaty und Hartmann eine dritte Variante über Svenja Schulze und NRW-Landesgruppenchef Achim Post führen könnte. Teile der Bundespartei bezweifeln, dass der Landesverband aus Berlin geführt werden könnte. Bis personell Klarheit herrscht, werden noch Wochen vergehen: Der Landesparteitag wurde auf März verschoben.