Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wie „Jerusalema“das Internet erobert
Von Südafrika bis ins Rheinland: Das Lied des Musikproduzenten Master KG bringt Menschen weltweit zum Tanzen.
DÜSSELDORF „Uniklinik Düsseldorf goes Jerusalema“steht unter dem Video, mit dem sich die Uniklinik an der viralen Tanz-Challenge beteiligt. Auf den Stationen, in den Fluren, vor dem Gebäude und sogar auf den Dächern tanzen rund 200 Ärzte, Krankenpfleger und weitere Angestellte zu dem Lied Jerusalema vom südafrikanischen Musiker Master KG. Der Zusammenschnitt wurde auf Youtube nach nur wenigen Tagen mehr als 40.000 Mal angeklickt.
Das Lied ist bereits im November 2019 erschienen und wurde in Südafrika schnell zu einem Hit. Über die Landesgrenzen hinaus wurde Jerusalema dann im Laufe der Corona-Pandemie bekannt, als sich immer mehr Menschen auf der ganzen Welt an der Tanz-Challenge beteiligten. Seinen Ursprung hat der Trend, der millionenfach unter dem Hashtag „#JerusalemaDanceChallenge“zu finden ist, wohl in Angola, wo eine Gruppe ihren Tanz zum Song filmte und ins Netz stellte.
Die Begeisterung für den rhythmischen Tanz zieht sich seitdem durch alle Alters- und Bevölkerungsgruppen – und das weltweit. Befeuert durch Facebook, Instagram und vor allem Tiktok verbreitete sich der Tanz im Internet. Aufgenommen wurden die Videos auf Straßen, in Wohnzimmern, auf Hausdächern – oder eben in Krankenhausfluren.
So auch im Video des Rheinland-Klinikums Neuss: Dort nahmen 15 Pflegekräfte, die auf der Dachterrasse des Lukaskrankenhauses
zu dem eingängigen Rhythmus tanzten, an der Challenge teil. „Das Lied vermittelt Freude und Hoffnung“, erzählt die Pflegegruppenleiterin Silvia Knoll. „Es geht darin um Gefühle, Schutz und Sehnsüchte. Das ist in der aktuellen Situation sehr passend.“
Die Menschen tanzen sich in der momentanen Krisensituation in den Jerusalema-Videos den Frust von der Seele. Konform mit den Corona-Maßnahmen mit genügend Abstand und Maske. In der St.-Barbara-Klinik in Hamm wurden Pflegekräfte und Krankenhausmitarbeiter besonders kreativ und nutzten den Hubschrauberlandeplatz der Klinik als Tanzfläche. „Hier konnten besonders viele gleichzeitig mittanzen, weil dort genug Platz zum Abstandhalten war“, erklärt die Hammer Kliniksprecherin Julia Kuhn die Aktion.
Die Bewegung in dem Lied von Produzent Master KG, der mit bürgerlichem Namen Kgaogelo Moagi heißt, und Hintergrundsängerin Nomcebo Zikode sind einem traditionellen Hochzeitstanz entsprungen, erklärt Religionswissenschaftlerin Anna-Katharina Höpflinger. „Solche Rituale sind sehr körperlich und dazu gehören oft auch Musik und Bewegung. Der Tanz und die Musik grenzen dabei das Ritual vom Alltag ab und formen eine besondere, eben nicht alltägliche Stimmung.“
Und auch textlich passt Jerusalema in die aktuelle Zeit. „Als ich den Song fertig produziert hatte, habe ich ihn wieder und wieder gehört. Ich hatte das Gefühl, etwas sehr Spirituelles gemacht zu haben“, sagt DJ Master KG. Der Text sei ihm und der Sängerin Nomcebo Zikode einfach zugefallen, weil sie sich von besagter spiritueller Aura des Rhythmus hätten leiten lassen. Tatsächlich erinnert der Liedtext in Kombination mit dem Beat entfernt an afroamerikanische Gospelmusik. Musik, die das Evangelium verkündet – auf eine emotionale, mitreißende Art.