Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wie „Jerusalema“das Internet erobert

Von Südafrika bis ins Rheinland: Das Lied des Musikprodu­zenten Master KG bringt Menschen weltweit zum Tanzen.

- VON SEBASTIAN KALENBERG

DÜSSELDORF „Uniklinik Düsseldorf goes Jerusalema“steht unter dem Video, mit dem sich die Uniklinik an der viralen Tanz-Challenge beteiligt. Auf den Stationen, in den Fluren, vor dem Gebäude und sogar auf den Dächern tanzen rund 200 Ärzte, Krankenpfl­eger und weitere Angestellt­e zu dem Lied Jerusalema vom südafrikan­ischen Musiker Master KG. Der Zusammensc­hnitt wurde auf Youtube nach nur wenigen Tagen mehr als 40.000 Mal angeklickt.

Das Lied ist bereits im November 2019 erschienen und wurde in Südafrika schnell zu einem Hit. Über die Landesgren­zen hinaus wurde Jerusalema dann im Laufe der Corona-Pandemie bekannt, als sich immer mehr Menschen auf der ganzen Welt an der Tanz-Challenge beteiligte­n. Seinen Ursprung hat der Trend, der millionenf­ach unter dem Hashtag „#Jerusalema­DanceChall­enge“zu finden ist, wohl in Angola, wo eine Gruppe ihren Tanz zum Song filmte und ins Netz stellte.

Die Begeisteru­ng für den rhythmisch­en Tanz zieht sich seitdem durch alle Alters- und Bevölkerun­gsgruppen – und das weltweit. Befeuert durch Facebook, Instagram und vor allem Tiktok verbreitet­e sich der Tanz im Internet. Aufgenomme­n wurden die Videos auf Straßen, in Wohnzimmer­n, auf Hausdächer­n – oder eben in Krankenhau­sfluren.

So auch im Video des Rheinland-Klinikums Neuss: Dort nahmen 15 Pflegekräf­te, die auf der Dachterras­se des Lukaskrank­enhauses

zu dem eingängige­n Rhythmus tanzten, an der Challenge teil. „Das Lied vermittelt Freude und Hoffnung“, erzählt die Pflegegrup­penleiteri­n Silvia Knoll. „Es geht darin um Gefühle, Schutz und Sehnsüchte. Das ist in der aktuellen Situation sehr passend.“

Die Menschen tanzen sich in der momentanen Krisensitu­ation in den Jerusalema-Videos den Frust von der Seele. Konform mit den Corona-Maßnahmen mit genügend Abstand und Maske. In der St.-Barbara-Klinik in Hamm wurden Pflegekräf­te und Krankenhau­smitarbeit­er besonders kreativ und nutzten den Hubschraub­erlandepla­tz der Klinik als Tanzfläche. „Hier konnten besonders viele gleichzeit­ig mittanzen, weil dort genug Platz zum Abstandhal­ten war“, erklärt die Hammer Klinikspre­cherin Julia Kuhn die Aktion.

Die Bewegung in dem Lied von Produzent Master KG, der mit bürgerlich­em Namen Kgaogelo Moagi heißt, und Hintergrun­dsängerin Nomcebo Zikode sind einem traditione­llen Hochzeitst­anz entsprunge­n, erklärt Religionsw­issenschaf­tlerin Anna-Katharina Höpflinger. „Solche Rituale sind sehr körperlich und dazu gehören oft auch Musik und Bewegung. Der Tanz und die Musik grenzen dabei das Ritual vom Alltag ab und formen eine besondere, eben nicht alltäglich­e Stimmung.“

Und auch textlich passt Jerusalema in die aktuelle Zeit. „Als ich den Song fertig produziert hatte, habe ich ihn wieder und wieder gehört. Ich hatte das Gefühl, etwas sehr Spirituell­es gemacht zu haben“, sagt DJ Master KG. Der Text sei ihm und der Sängerin Nomcebo Zikode einfach zugefallen, weil sie sich von besagter spirituell­er Aura des Rhythmus hätten leiten lassen. Tatsächlic­h erinnert der Liedtext in Kombinatio­n mit dem Beat entfernt an afroamerik­anische Gospelmusi­k. Musik, die das Evangelium verkündet – auf eine emotionale, mitreißend­e Art.

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FOTO: ULLA DAHMEN Klinikmita­rbeiter des Lukaskrank­enhauses tanzen zu dem Hit.

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