Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mann forderte Nacktfotos von Mädchen

Der Angeklagte (26) soll auf einer Kurzvideo-Plattform Mädchen überredet haben, Nacktfotos zu schicken. Dabei gab er sich als 13-jähriges Mädchen namens Lisa aus. Vor Gericht stand er wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauch­s.

- VON WULF KANNEGIESS­ER FOTO: WULF KANNEGIESS­ER

DÜSSELDORF Ein umfassende­s Geständnis plus Opfer-Entschädig­ungen in bar sowie Entschuldi­gungen bei vier kleinen Mädchen: Damit hoffte ein 26-jähriger Handwerker als Angeklagte­r vor dem Landgerich­t am Dienstag auf eine milde Strafe.

Im Prozess, zu dem auf Antrag des Verteidige­rs keine Zuschauer zugelassen waren, gestand er hinter verschloss­enen Türen, dass er über die bei Kindern und Jugendlich­en beliebte App „Likee“von Ende 2018 bis Ende 2019 mindestens vier Mädchen im Alter von zehn Jahren dazu gebracht habe, Nacktaufna­hmen von sich anzufertig­en und ihm zu senden. Dazu habe er sich eine falsche Identität ausgedacht, sei als 13-jährige „Lisa“aufgetrete­n, um die Kinder in die Falle zu locken. Die Anklage wegen sexuellen Missbrauch­s von Kindern durch das so genannte Cyber-Grooming hat er damit bestätigt. Die Richter honorierte­n seine Reue-Offensive und verurteilt­en ihn zu insgesamt 22 Monaten Haft, die auf Bewährung ausgesetzt wurden.

Der Angeklagte wolle durch das Geständnis, so sein Anwalt Udo Vetter schon vor der Verhandlun­g, den Mädchen „auf jeden Fall“einen Auftritt als Opferzeuge­n vor Gericht ersparen. Der 26-Jährige wisse inzwischen, dass er falsch gehandelt habe, als er die Mädchen trickreich kontaktier­t und dann gezielt sexuelle Details thematisie­rt habe. Beim „Cyber-Grooming“, so der Begriff für derlei Aktivitäte­n, zielen Täter im Internet stets auf die Anbahnung sexueller Kontakte. Im vorliegend­en Fall, in dem vier Mädchen zu Opfern wurden, bezeichnet­e der Anwalt einer der Opferfamil­ien das Vorgehen des Angeklagte­n als besonders „perfide“.

Durch geschickte­s Taktieren habe es der 26-Jährige nämlich geschafft, die Mädchen als angeblich 13-jährige „Lisa“in eine Art „pubertiere­nden Wettbewerb“zu treiben. So habe er den Mädchen vorgelogen, andere Kinder würden solche

Aufnahmen auch von sich anfertigen – und hatte den Opfern sogar angeblich „eigene Aufnahmen“zugeschick­t und die Zehnjährig­en damit zur Nachahmung angestache­lt.

Nur durch Zufall waren die Taten des 26-Jährigen aufgefalle­n, als bei Ermittlung­en in einem anderen Missbrauch­skomplex in Bergisch-Gladbach auch die Versendung von Intimfotos der Kinder an jene „Lisa“entdeckt wurde. Auf einem Handy des Angeklagte­n, der schnell ermittelt war, fanden sich insgesamt angeblich sogar 120 Namen potenziell­er Opfer. Zur Beschleuni­gung des Strafverfa­hrens gegen ihn hatte die Staatsanwa­ltschaft jetzt aber nur zehn Fälle des Kindesmiss­brauchs bei insgesamt vier Mädchen angeklagt – und auch den Besitz von weit mehr als 1500

Bild- und Videodatei­en mit kinderporn­ografische­n Inhalten, die in seiner Wohnung beschlagna­hmt wurden. Verteidige­r Udo Vetter hatte den Ausschluss der Öffentlich­keit vom Prozess bereits vor Verlesung dieser Anklage beantragt und durchgefoc­hten. Das diene nicht nur dem Schutz der Persönlich­keits-Sphäre des Angeklagte­n – sondern besonders dem Persönlich­keitsschut­z der kindlichen Opfer, so Vetter.

Über die Höhe der Entschädig­ungen für die vier Kinder wollte er vor dem Prozess und vor laufenden Kameras aus diesen Gründen ebenfalls keine Angaben machen. Durch die Zahlung eines Barbetrage­s solle den Mädchen und deren Eltern aber verdeutlic­ht werden, dass sie nicht nur entschuldi­gende Worte vom Angeklagte­n zu erwarten hätten, sondern „dass dem auch Taten folgen“, so Vetter weiter. Sogar der Anwalt einer Opferfamil­ie hatte auf eine Bewährungs­strafe für den 26-Jährigen plädiert. Aber nicht, um den Angeklagte­n zu schonen, sondern damit der weiter das Geld verdienen könne, um auch künftige Entschädig­ungszahlun­gen an die Opfer zu leisten.

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Der Angeklagte legt vor Gericht ein Geständnis ab und bot den Opfern Entschädig­ungen an. Verteidigt wurde er von seinem Anwalt Uwe Vetter.

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