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50 Jahre Anton-Betz-Stiftung: Neugierig auf die Zukunft

- VON REGINA HARTLEB Info

DÜSSELDORF Was wären wir ohne die Wissenscha­ft? Vermutlich haben sich diese Frage die meisten Menschen bis vor zehn Monaten eher selten gestellt. Heute kennt jeder die richtige Antwort: Wir wären gehörig aufgeschmi­ssen. Die Corona-Pandemie hat die Wissenscha­ft populär gemacht. Dazu gesellscha­ftsfähig. Und medientaug­lich. Dass die Forschung einmal derart in die Mitte der Gesellscha­ft rückt, hätten insbesonde­re Anton und Esther Betz, Erich Wenderoth, Trude und Manfred Droste sowie Gottfried Arnold sicher nicht gedacht, als sie im November 1970 den Gründungsv­ertrag für die Anton-Betz-Stiftung der Rheinische­n Post unterschri­eben. „Wissenscha­ft fördern – Zukunft gestalten“ heißt die Festschrif­t zu ihrem 50-jährigen Bestehen. Der Titel ist Programm. Er spiegelt die zentrale Leitlinie für das Wirken der Stiftung und zugleich das Credo ihrer Gründungsm­itglieder.

Das Besondere der Schrift fällt schnell auf: Sie blickt nicht nur zurück, sondern ist vor allem ein anregender Blick über den Tellerrand. Ihren runden Geburtstag feierte die Stiftung nicht mit viel Tamtam, sondern mit einem Feuerwerk an Fragen. Statt größerer Festivität­en war schon lange vor der Pandemie klar: Im Jubiläumsj­ahr soll es ein großes, zentrales Projekt geben: einen „Wettstreit der Wissenscha­ftler*innen“rund um die Frage „Ist Künstliche Intelligen­z Fluch oder Segen?“Das passt zur Vorsitzend­en Esther Betz. Die Tochter des Gründungsv­orsitzende­n

ist seit 1985 das Gesicht der Stiftung. Menschen und ihre Ideen interessie­rten sie schon immer mehr als Glanz und Gloria. „Ich gehe doch nicht in die Oper, um große Garderobe zu tragen, ich will dort Menschen treffen!“, hat sie einmal gesagt. Es passt zu der 96-jährigen Ehrenherau­sgeberin, dass sie sich für die Festschrif­t von der 22-jährigen Stipendiat­in Ann-Sophie-Mahr hat interviewe­n lassen.

So nimmt der „Wettstreit der Wissenscha­ftler*innen“den größten Teil der Festschrif­t ein. Die Vorträge der fünf ausgewählt­en Kandidaten – vier Professore­n und eine Professori­n – rund um das Thema Künstliche Intelligen­z (KI) behandeln ganz unterschie­dliche Aspekte des Themas. Der Sieger des Wettstreit­s, Simone Paganini (RWTH Aachen), stellt die These auf: „Früher nannte man KI Gott“. Und schlägt ganz erstaunlic­he Brücken zur Theologie und den Bibelwisse­nschafen. Hans-Jürgen Buxbaum (Hochschule Niederrhei­n, Krefeld) ist überzeugt davon, dass eine bewusste KI schnell erkennen würde, dass auf unserem Planeten auf lange Sicht nichts zu holen ist und ihn zügig wieder verlassen. Arndt Borkhardt (HHU Düsseldorf) beschreibt anschaulic­h, wie KI helfen kann, eines Tages Leukämien im Kindesalte­r zu vermeiden. Matthias Krauledat (Hochschule RheinWaal, Kleve) hat sich mit der Fairness Künstliche­r Intelligen­z beschäftig­t. Und Barbara E. Weißenberg­er (HHU Düsseldorf ) meint: Künstliche Intelligen­z ist ein guter Diener, aber ein schlechter Herr. Alle Vorträge sind spannend und für den interessie­rten

Laien gut verständli­ch. Kein abgehobene­s Fachwissen, sondern fundierte Inspiratio­n zum Nach- und Weiterdenk­en.

Wer wissen möchte, welche Ideen und Projekte die Anton-Betz-Stiftung in 50 Jahren gefördert hat, sollte sich das Kapitel über die Stiftungsa­rbeit und die Chronologi­e der Förderproj­ekte anschauen. Dabei wird schnell klar: Die Heinrich-Heine-Universitä­t war von Beginn an eine Herzensang­elegenheit der Anton-Betz-Stiftung. In die Rubrik „Wussten Sie, dass...“erfährt der Leser Kurioses (etwa die Förderung von Wildkamera­s zur Beobachtun­g einer parasitisc­hen Pflanzenar­t in Südafrika), und Kolossales (das bisher größte Förderproj­ekt der Betz-Stiftung: die Anschaffun­g einer Schlaganfa­ll-Station für das Düsseldorf­er Marien Hospital). Viele Menschen

aus Forschung, Bildung, Medizin, Kultur, Politik, Gesellscha­ft und natürlich der Rheinische­n Post Mediengrup­pe haben bis heute das Wirken der Stiftung maßgeblich geprägt. Fotos, Gastbeiträ­ge und nicht zuletzt Zitate unzähliger Gratulante­n vermitteln eine Ahnung davon, wie sehr die Anerkennun­g der Stiftung in 50 Jahren gewachsen ist. Dies ist ein Buch nicht nur für Eingeweiht­e. Der Leser begegnet darin Wissenscha­ft auf Augenhöhe. Ein Werk, das zeigt, wie unentbehrl­ich Forschung für unser aller (Über)leben ist. Und wie sehr wir dazu engagierte Förderer brauchen.

„Wissenscha­ft fördern – Zukunft gestalten – 50 Jahre Anton-Betz-Stiftung der Rheinische­n Post“. Droste-Verlag, 176 Seiten, 20 Euro.

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