Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Sollten die Terrassen abgebaut werden?

Im Sommer durften Gastronome­n ihre Lokale erweitern, um so mehr Gäste bewirten zu können. Dafür fielen Stellplätz­e weg. Im November kam der zweite Lockdown, der wieder Cafés und Restaurant­s traf. Die Außenterra­ssen sind gelieben – aber ungenutzt.

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Eines möchte ich zu Beginn klarstelle­n: Es gibt kaum eine Branche, die Corona härter getroffen hat als die Gastronomi­e, die alles getan hat, um die Menschen zu schützen: Hygienekon­zepte, weniger Tische, Acrylschei­ben, Gästeliste­n. Da war es mehr als verdient, dass sie im Sommer ihre Terrassen erweitern durften und dafür Parkplätze wegfielen. Und um ehrlich zu sein: Es war toll. Statt Blechkiste­n standen plötzlich hübsch bepflanzte Blumenkübe­l an der Straße, Schirmchen und Windlichte­r. Allen

am Abend, vielleicht Hausarrest für alle? Viele Unternehme­n schicken ihre Arbeitnehm­er ins Homeoffice, das heißt, die Menschen sind zu Hause und müssen irgendwo ihre Fahrzeuge abstellen. Bus und Bahn sind in diesen Tagen unbeliebte­r denn je, wer sich vor Covid-19 schützen will, der fährt lieber mit dem eigenen Auto.

Die Zahl der Anträge auf zusätzlich­e Sondernutz­ungsfläche­n belief sich Ende August auf 352 – für 261 Gastronome­n machte die Stadt die Erweiterun­g möglich. Hunderte

Stellplätz­e, die momentan ein trauriges Dasein fristen, statt Sonnenschi­rmchen und hübschen Blumenkübe­ln stehen mancherort­s nur noch Gerüste um die Parkplätze, die die Wirte jetzt freigeben sollten zum Wohle aller. Es ist unfair, dass die Restaurant­s, Bars und Cafés wieder schließen mussten. Das steht außer Frage, denn an den Samstagen sind die Geschäfte in der Innenstadt rappelvoll und manche scheinen zu vergessen, dass Corona eine Bedrohung für uns alle ist.

Nicole Kampe

Schon das Frühjahr war für die Gastronome­n ein Drama, der Sommer ebenfalls nicht einfach. Derzeit wissen die Betreiber von Restaurant­s und Kneipen nicht einmal, wann sie überhaupt wieder Gäste bewirten dürfen. Die Branche ist in einer historisch­en Krise, ein Kenner sagte kürzlich unserer Redaktion, er rechne damit, dass die Hälfte der Düsseldorf­er Betriebe in Konkurs geht.

Dass die Gastronome­n ausnahmswe­ise auch Parkbuchte­n zu Terrassen umwidmen durften, war ein Entgegenko­mmen in dieser schwierige­n Lage, schließlic­h verlangten viele Gäste einen Platz im Freien, weil dort die Infektions­gefahr geringer ist. Daher beschloss die Stadtverwa­ltung zurecht, dass die Terrassen sogar im Herbst und Winter stehen bleiben dürfen – was dazu führte, dass viele in Heizpilze, Markisen und Zelte investiert haben, um das schleppend­e Geschäft anzukurbel­n. Vorerst nutzt das alles nichts, denn wir befinden uns wieder im Lockdown. Trotzdem wäre es eine Dreistigke­it, den Betrieben dieses Entgegenko­mmen jetzt zu streichen. Teilweise würde erhebliche­r Aufwand entstehen, um die Terrassen abzubauen und einzulager­n – und dadurch auch Kosten. Und das für ein paar Plätze, die den Park-Notstand in vielen Vierteln auch nicht beheben.

Noch schlimmer wäre das Signal an die Wirte, dass sie nur noch unnützen Platz einnehmen – und das in einer Stadt, die sich in normalen Zeiten mit ihrer Bandbreite an guter Küche rühmt. Es besteht nach wie vor die Hoffnung, dass das öffentlich­e Leben in einigen Wochen wieder besser möglich ist.

Darüber hinaus würde ein solcher Vorstoß noch eine andere Gruppe treffen, die derzeit besonders beanspruch­t ist. Die Mitarbeite­r der Stadtverwa­ltung müssten den Abbau durchsetze­n und können sich auf Konflikte und Klagen einstellen. Dabei sind sie jetzt schon mit unzähligen Sonderaufg­aben belastet. Und das alles für ein paar Parkplätze, die bald ohnehin wieder zur Verfügung stehen werden – falls die Düsseldorf­er die neuen Außenterra­ssen nicht so attraktiv finden, dass sie auch nach Corona bleiben dürften. Arne LIeb

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? An der Dominikane­rstraße gibt es noch einige Restaurant­s, die Außenterra­ssen auf Parkplätze­n haben.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN An der Dominikane­rstraße gibt es noch einige Restaurant­s, die Außenterra­ssen auf Parkplätze­n haben.

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