Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Woelki weist Rücktritts­forderung ab

Dem Kölner Kardinal wird vorgeworfe­n, den Fall eines schweren sexuellen Missbrauch­s durch einen Düsseldorf­er Priester pflichtwid­rig weder verfolgt noch nach Rom gemeldet zu haben.

- VON LOTHAR SCHRÖDER

KÖLN Das Kölner Erzbistum erlebt derzeit eine seiner schwersten Krisen. Nachdem bekannt geworden ist, dass Kardinal Rainer Maria Woelki 2015 einen schweren Fall sexuellen Kindesmiss­brauchs durch einen Düsseldorf­er Priester auch nach Sichtung der Personalun­terlagen nicht an den Vatikan weitergele­itet hatte und damit pflichtwid­rig gehandelt haben soll, hält der Kirchenrec­htler Thomas Schüller einen Rücktritt Woelkis für unausweich­lich. „Der Fall und die systematis­che Vertuschun­g sind eine beispiello­se Katastroph­e für das Erzbistum Köln. So etwas habe ich bisher noch nicht erlebt, dass eine Diözese vom Kopf her so führungslo­s, so überforder­t und gleichzeit­ig so infam ist im Umgang mit dem sexuellen Missbrauch durch Priester“, so Schüller im Gespräch mit unserer Redaktion.

Kardinal Woelki ließ gestern über eine Pressemitt­eilung verlauten, dass er nicht zurücktret­en werde. „Ich gehe davon aus, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe und der damit verbundene Fall Teil der aktuellen unabhängig­en Untersuchu­ng sind.“Nur auf Basis einer vollständi­gen Aufarbeitu­ng könne man „aus systematis­chen Verfehlung­en lernen und personelle und organisato­rische Konsequenz­en ableiten“, so Woelki. Als Erzbischof wolle er „für entstanden­es Leid durch Verantwort­ungsträger im Erzbistum moralische Verantwort­ung übernehmen“, dies jedoch auf „unvollstän­diger Grundlage zu tun“, würde seinen Worten nach „der Sache nicht gerecht“werden. „Sollte ich im konkreten Fall Fehler gemacht haben, werden diese klar benannt, und ich werde danach handeln.“

Nach einem Bericht des „Kölner Stadt-Anzeigers“hatte Woelki verfügt, dem Fall des 1929 geborenen und 2017 in Düsseldorf gestorbene­n Priesters nicht weiter nachzugehe­n und somit auch keine Voruntersu­chung einzuleite­n. Dieser Vorgang ist nach Kirchenrec­ht untersagt und kann zur Amtsentheb­ung führen. Den Rücktritt des Kardinals hält Schüller daher für zwangsläuf­ig: „Mit einem sofortigen Rücktritt würde Kardinal Woelki sich und dem Erzbistum Köln einen großen Gefallen tun. Und er würde sich sehr peinliche Befragunge­n ersparen, die kirchenrec­htlich zwangsläuf­ig jetzt erfolgen“, so Schüller. Es nützte nach seinen Worten nichts, jetzt auf Zeit zu spielen und bis zur Veröffentl­ichung der neuen Studie im März 2021 zu warten, da die Befragung kirchenrec­htlich zwingend ist.

Wenn mit Kardinal Woelki (64) ein Metropolit betroffen ist, muss der älteste Bischof der Suffragand­iözesen

die Befragung vornehmen; das ist der Münsterane­r Bischof Felix Genn (70). Der Untersuchu­ngsbericht geht dann an den Präfekten der Bischofsko­ngregation, der dem Papst eine Empfehlung ausspricht. Inzwischen soll Genn – er ist als einziger Deutscher Mitglied der Bischofsko­ngregation – prüfen, ob er gegen Woelki kirchenrec­htliche Untersuchu­ngen aufnimmt.

Nach Angaben des Erzbistums soll Woelki versucht haben, den Vorwurf der Tat aus den 70er-Jahren recherchie­ren zu lassen. Dies sei daran gescheiter­t, dass sich der Gesundheit­szustand des beschuldig­ten Pfarrers verschlech­tert habe und keine Konfrontat­ion des Betroffene­n mit dem Beschuldig­ten möglich gewesen sei. Gleichwohl soll das Erzbistum dem Betroffene­n 15.000 Euro als Entschädig­ung gezahlt haben. Woelki kannte den Düsseldorf­er Priester dem Bericht zufolge seit seiner Ausbildung gut. Noch 2012 soll dieser bei der Kardinalse­rnennung Woelkis in Rom anwesend gewesen sein.

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