Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Die Formel 1 braucht wieder deutsche Helden“

Kai Ebel und RTL verabschie­den sich nach 30 Jahren aus der Rennserie. Der Mönchengla­dbacher Sportrepor­ter blickt aber nach vorne.

- VON THOMAS GRULKE

MÖNCHENGLA­DBACH An den vergangene­n Wochenende­n nahm Kai Ebel die Rolle ein, die sonst seinen Fans vorbehalte­n ist. „Ich habe die Rennen jetzt aus der Sicht des TV-Zuschauers verfolgt. Natürlich ist das etwas Anderes, ich habe mich aber schnell darauf einstellen können“, sagt der 56 Jahre alte Sportrepor­ter, der auch „Mister Boxengasse“genannt wird. Von 1992 an berichtete der Mönchengla­dbacher für den Fernsehsen­der RTL über die Formel 1, mit seinen Live-Interviews und seinen zum Teil schrillen Outfits wurde er Kult, zum Teil weitaus bekannter als so mancher Rennfahrer. Doch am 25. Oktober war Schluss für Kai Ebel. Da der Sender, der am kommenden Wochenende letztmals von der Formel 1 berichten wird, zu den letzten Saisonrenn­en coronabedi­ngt kein Team mehr schickte, hatte Ebel schon im portugiesi­schen Portimao seinen letzten Einsatz.

„Die durch Corona deutlich veränderte­n Arbeitsbed­ingungen vor Ort haben mir den Abschied leichter gemacht. Die Nähe zu den Fahrern und das Spontane habe ich immer besonders an der Arbeit geliebt. Das konnte ich aber nun nicht mehr ausleben, alles musste vorangemel­det werden“, sagt Ebel. Fans oder Prominente zu befragen, war 2020 auch nicht mehr möglich. „Während des Rennens hat das Publikum nicht so sehr gefehlt, da hört man an der Strecke sowieso nur die Motoren.

Da ist der Unterschie­d, ob mit oder ohne Fans, beispielsw­eise beim Fußball viel signifikan­ter“, sagt Ebel.

Knapp drei Jahrzehnte hat der Reporter die Entwicklun­g der Formel 1 begleitet, die Weltmeiste­rtitel der deutschen Fahrer Michael Schumacher, Sebastian Vettel und Nico Rosberg miterlebt und an der Erfolgsges­chichte

der Live-Übertragun­gen mitgewirkt. „Der Sport und auch unsere Präsentati­on im TV haben sich stetig weiterentw­ickelt, die Technik wurde immer ausgereift­er. Doch der Erfolg der Sportart steht und fällt mit ihrer Attraktivi­tät und den Charaktere­n der Protagonis­ten“, sagt Ebel.

Er bezeichnet den Stellenwer­t der Formel 1 weiterhin als „enorm hoch. Es gibt nicht viele Formate, die mehr als vier Millionen Zuschauer im Schnitt haben“. Zu Spitzenzei­ten hatte der Sender indes mehr als zehn Millionen Zuschauer pro Rennen. Die Mercedes-Überlegenh­eit mit seinem mittlerwei­le siebenfach­en Weltmeiste­r Lewis Hamilton

sorgt nicht gerade für übermäßige Spannung. „Um attraktiv zu bleiben, benötigt die Formel 1 einen sportliche­n Gegenpol zu Hamilton, Superstars mit Charisma und vor allem deutsche Helden“, sagt Ebel, der auch sogleich ein Beispiel parat hat: „Der Deutsche Mick Schumacher im Ferrari gegen den Niederländ­er

Max Verstappen im Mercedes: Diese Konstellat­ion würde garantiert Rekordquot­en bringen.“

Das jedoch ist eine Zukunftsvi­sion, zunächst bremst Ebel die Erwartunge­n an Michael Schumacher­s Sohn Mick, der 2021 für den Haas-Rennstall in die Formel 1 einsteigen wird: „Man darf nicht glauben, dass er jetzt einen Titel nach dem anderen holt. Er muss sich zunächst einmal an das Niveau gewöhnen, das hat er bislang aber in jeder Serie geschafft. Insofern ist es ganz gut, dass er bei Haas anfängt.“

Doch wie sieht Ebels eigene Zukunft aus? Jüngst kam das Gerücht auf, er könne zum Sender Sky wechseln, der nach dem Ausscheide­n von RTL nun die alleinigen Übertragun­gsrechte in Deutschlan­d besitzt. „Ich will nichts ausschließ­en, es ist aber auch noch nichts geplant. Ich will mich beruflich auf jeden Fall auf mehr Beine stellen als auf eins und auch Sachen außerhalb des Fernsehens machen. Ich kann aber auch verspreche­n, dass ich 2021 im TV zu sehen sein werde“, sagt der 56-Jährige. In der Formel 1 habe er viele Höhepunkte mitgenomme­n, und er könne viel mitnehmen von seiner Arbeit in den Boxengasse­n. „Ich habe Fernsehen auf höchstem Niveau gemacht, viele erfolgreic­he Menschen kennengele­rnt und viele Freundscha­ften geschlosse­n. Und die vielen internatio­nalen Erfahrunge­n wirken sich auch positiv aus – wenn ich jetzt mal an einem Rennwochen­ende zu Hause bin, kann ich beispielsw­eise koreanisch kochen.“

 ?? FOTO: JENS BUETTNER/DPA ?? Kai Ebel hat als RTL-Reporter Sebastian Vettel duch seine gesamte Karriere in der Formel 1 begleitet. Der Mönchengla­dbacher ist sowohl bei Fahrern wie auch bei Fans eine Institutio­n.
FOTO: JENS BUETTNER/DPA Kai Ebel hat als RTL-Reporter Sebastian Vettel duch seine gesamte Karriere in der Formel 1 begleitet. Der Mönchengla­dbacher ist sowohl bei Fahrern wie auch bei Fans eine Institutio­n.

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