Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Die Formel 1 braucht wieder deutsche Helden“
Kai Ebel und RTL verabschieden sich nach 30 Jahren aus der Rennserie. Der Mönchengladbacher Sportreporter blickt aber nach vorne.
MÖNCHENGLADBACH An den vergangenen Wochenenden nahm Kai Ebel die Rolle ein, die sonst seinen Fans vorbehalten ist. „Ich habe die Rennen jetzt aus der Sicht des TV-Zuschauers verfolgt. Natürlich ist das etwas Anderes, ich habe mich aber schnell darauf einstellen können“, sagt der 56 Jahre alte Sportreporter, der auch „Mister Boxengasse“genannt wird. Von 1992 an berichtete der Mönchengladbacher für den Fernsehsender RTL über die Formel 1, mit seinen Live-Interviews und seinen zum Teil schrillen Outfits wurde er Kult, zum Teil weitaus bekannter als so mancher Rennfahrer. Doch am 25. Oktober war Schluss für Kai Ebel. Da der Sender, der am kommenden Wochenende letztmals von der Formel 1 berichten wird, zu den letzten Saisonrennen coronabedingt kein Team mehr schickte, hatte Ebel schon im portugiesischen Portimao seinen letzten Einsatz.
„Die durch Corona deutlich veränderten Arbeitsbedingungen vor Ort haben mir den Abschied leichter gemacht. Die Nähe zu den Fahrern und das Spontane habe ich immer besonders an der Arbeit geliebt. Das konnte ich aber nun nicht mehr ausleben, alles musste vorangemeldet werden“, sagt Ebel. Fans oder Prominente zu befragen, war 2020 auch nicht mehr möglich. „Während des Rennens hat das Publikum nicht so sehr gefehlt, da hört man an der Strecke sowieso nur die Motoren.
Da ist der Unterschied, ob mit oder ohne Fans, beispielsweise beim Fußball viel signifikanter“, sagt Ebel.
Knapp drei Jahrzehnte hat der Reporter die Entwicklung der Formel 1 begleitet, die Weltmeistertitel der deutschen Fahrer Michael Schumacher, Sebastian Vettel und Nico Rosberg miterlebt und an der Erfolgsgeschichte
der Live-Übertragungen mitgewirkt. „Der Sport und auch unsere Präsentation im TV haben sich stetig weiterentwickelt, die Technik wurde immer ausgereifter. Doch der Erfolg der Sportart steht und fällt mit ihrer Attraktivität und den Charakteren der Protagonisten“, sagt Ebel.
Er bezeichnet den Stellenwert der Formel 1 weiterhin als „enorm hoch. Es gibt nicht viele Formate, die mehr als vier Millionen Zuschauer im Schnitt haben“. Zu Spitzenzeiten hatte der Sender indes mehr als zehn Millionen Zuschauer pro Rennen. Die Mercedes-Überlegenheit mit seinem mittlerweile siebenfachen Weltmeister Lewis Hamilton
sorgt nicht gerade für übermäßige Spannung. „Um attraktiv zu bleiben, benötigt die Formel 1 einen sportlichen Gegenpol zu Hamilton, Superstars mit Charisma und vor allem deutsche Helden“, sagt Ebel, der auch sogleich ein Beispiel parat hat: „Der Deutsche Mick Schumacher im Ferrari gegen den Niederländer
Max Verstappen im Mercedes: Diese Konstellation würde garantiert Rekordquoten bringen.“
Das jedoch ist eine Zukunftsvision, zunächst bremst Ebel die Erwartungen an Michael Schumachers Sohn Mick, der 2021 für den Haas-Rennstall in die Formel 1 einsteigen wird: „Man darf nicht glauben, dass er jetzt einen Titel nach dem anderen holt. Er muss sich zunächst einmal an das Niveau gewöhnen, das hat er bislang aber in jeder Serie geschafft. Insofern ist es ganz gut, dass er bei Haas anfängt.“
Doch wie sieht Ebels eigene Zukunft aus? Jüngst kam das Gerücht auf, er könne zum Sender Sky wechseln, der nach dem Ausscheiden von RTL nun die alleinigen Übertragungsrechte in Deutschland besitzt. „Ich will nichts ausschließen, es ist aber auch noch nichts geplant. Ich will mich beruflich auf jeden Fall auf mehr Beine stellen als auf eins und auch Sachen außerhalb des Fernsehens machen. Ich kann aber auch versprechen, dass ich 2021 im TV zu sehen sein werde“, sagt der 56-Jährige. In der Formel 1 habe er viele Höhepunkte mitgenommen, und er könne viel mitnehmen von seiner Arbeit in den Boxengassen. „Ich habe Fernsehen auf höchstem Niveau gemacht, viele erfolgreiche Menschen kennengelernt und viele Freundschaften geschlossen. Und die vielen internationalen Erfahrungen wirken sich auch positiv aus – wenn ich jetzt mal an einem Rennwochenende zu Hause bin, kann ich beispielsweise koreanisch kochen.“