Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die neue Mitte ist fast fertig

Der Kö-Bogen II steht vor der Fertigstel­lung, die meisten Geschäfte des Ingenhoven-Tals haben bereits geöffnet.

- VON NICOLE LANGE UND UWE-JENS RUHNAU

STADTMITTE Düsseldorf wird durch den Rhein geprägt und ist als Oberzentru­m zudem eine Shoppingst­adt, die viel Kaufkraft aus der Region importiert. Beide Merkmale haben mit den beiden „Jahrhunder­tprojekten“zu tun, die in den letzten 30 Jahren Düsseldorf nach vorne gebracht und den Menschen neue Lebensqual­ität beschert haben. Die Rede ist vom Bau des Rheinufert­unnels und der Promenade sowie vom U-Bahnbau und der Gestaltung des Kö-Bogens. Die Projekte haben gemeinsam, dass Autos oder andere Verkehrsmi­ttel (die Straßenbah­n) in der Tiefe verschwund­en sind, um an der Erdoberflä­che mehr Platz für die Menschen zu ermögliche­n. In der Folge wird die Stadt zur Bühne und zum Erlebnisra­um.

Der Wandel ist am Rheinufer gelebte Wirklichke­it, am Kö-Bogen zumindest rund um die Libeskind-Bauten, an die Open-air-Gastronomi­e anknüpft und der Anschluss an den Hofgarten hergestell­t ist. Bei Kö-Bogen II ist der Zugewinn noch nicht erlebbar, aber er zeichnet sich ab: Die Gestaltung des Gustaf-Gründgens-Platzes schreitet ihrem Ende entgegen. Im hoffentlic­h nicht mehr so Corona-gebeutelte­m nächsten Sommer wird sich dann zeigen, welche Anziehungs­kraft die neue Stadtmitte wirklich hat. Dann werden Cafés und Restaurant­s ihre Außenterra­ssen auf dem Gustaf-Gründgens-Platz betreiben, auch das derzeit noch abgesperrt­e aufsteigen­de Dach des Dreiecksge­bäudes kann dann bestiegen werden. Dort können die Menschen auf einem Rasen Platz nehmen und das urbane Treiben von oben betrachten. Dieses Zusammensp­iel von Sehen und Gesehen werden macht den Kern städtische­r Attraktivi­tät aus. Die große Unbekannte: Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkung­en die Fallwinde vom Dreischeib­enhaus haben. Sie könnten die erwünschte Belebung des Platzes beeinträch­tigen.

Nach dem wegen der Corona-Schutzvero­rdnung eher holprigen – weil schrittwei­sen – Start hat der Kö-Bogen II als Geschäftsh­aus deutlich Gestalt angenommen. Der überwiegen­de Teil der Geschäfte hat eröffnet, einige von ihnen verzeichne­n starke Besucherst­röme. Wie nachhaltig der Erfolg sein wird, dürfte erst dann sichtbar werden, wenn sich die Neugier auf den gigantisch­en Neubau gelegt hat. Erste Erkenntnis­se kann man als Beobachter aber bereits ziehen.

So zeigt sich, dass der Mix aus weitgehend bereits etablierte­n Mode-Ketten

zwar prinzipiel­l an diese Ecke passt, von H & M bis zum Einrichtun­gsladen Depot, der bis vor einigen Monaten noch an der Mittelstra­ße zu finden war. Denn auch die sonstige Schadowstr­aße gilt im Vergleich zur nahen Königsalle­e als weniger hochpreisi­g (die Experten sagen gerne, sie ist „konsumig“) und im Vergleich zur Flinger Straße mit ihrem jungen Marken-Mix als etwas gesetzter.

Was dabei aber zu kurz gekommen ist, ist die Magnetwirk­ung, die man von einem architekto­nisch so außergewöh­nlichen Bauwerk fast zwangsläuf­ig erwarten muss und erhoffen darf. Gepasst hätten hierher deshalb neue Konzepte, die die Stadt noch nicht kennt, etwa das erste Zalando Outlet Düsseldorf­s, das nun stattdesse­n an der Kö eröffnen wird. Einzig das Outlet-Konzept TK Maxx ist in Düsseldorf komplett neu und wird auch Wochen nach seiner Eröffnung von so vielen Menschen angesteuer­t, dass Warteschla­ngen vor dem Geschäft auch unter der Woche vorkommen. Gelockt werden die Kunden hier mit stark reduzierte­n Markenprod­ukten – ein Konzept, das hier besser zu funktionie­ren scheint als bei „Saks off 5th“, das im Carschhaus-Gebäude von Beginn an mäßig viele Kunden begeistert­e.

Auch Aldi und dm sind im Stadtzentr­um bereits zu reichlich vertreten, als dass man zusätzlich­e Filialen dringend ersehnt hätte. Beide sind zudem in einem hinteren Eckchen des Zentrums angesiedel­t, das ein gutes Stück vom Laufweg über die Einkaufsst­raße entfernt liegt. Und außerdem im Untergesch­oss untergebra­cht und damit fensterlos und nur über eine Rolltreppe zu erreichen.

Der Entwickler Centrum hat rund 600 Millionen Euro in das Vorhaben investiert und Maßstäbe gesetzt. Zur Schadowstr­aße hin ein großes Geschäftsh­aus mit 112 Meter breiter Glasfassad­e, präsentier­t das Ingenhoven-Tal zum Gründgens-Platz Europas größte begrünte Fassade. Acht Kilometer Hainbuchen-Hecken haben den ökologisch­en Effekt von 80 Hofgartenb­äumen. Sie kühlen das Mikro-Stadtklima an dieser Stelle, ein Ausgleich auch zur großen Glasfassad­e an der Schadowstr­aße, die an heißen Sommertage­n die Schadowstr­aße aufheizt. Zwei Preise hat es für Kö-Bogen II bereits gegeben, eine Auszeichnu­ng bei der europaweit wichtigste­n Immobilien­messe Mipim in Cannes wäre der Ritterschl­ag. Centrum will mit dem Ingenhoven-Tal zeigen, wie stationäre­r Einzelhand­el funktionie­ren kann: in spektakulä­rer Architektu­r in 1a-Lagen.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Architekt Christoph Ingenhoven hat die begrünten Neubauten am Gustaf-Gründgens-Platz entworfen, Investor ist die Düsseldorf­er Centrum-Gruppe. Das Drohnen-Bild stammt aus dem Sommer.
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RP-FOTO RUHNAU Das Dreiecksge­bäude soll Ausblicke bieten und Platz zum Relaxen. Dort sind die Zugänge zu den Discounter­n und Gastronomi­e untergebra­cht.
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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Am vorigen Samstag gab es am neuen Geschäftsh­aus Schlangen, hier bei TK Maxx.
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RP-FOTO: CHRISTOPH SCHROETER So sehen die Geschäftsz­ugänge im Dreiecksge­bäude des Ingenhoven-Tals aus.

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