Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bonustrack­s statt Lieblingsp­latte

Weil das Festival nicht stattfinde­t, gibt es im Zakk eine digitale Veranstalt­ungsreihe rund um wichtige Alben der Musikgesch­ichte.

- VON MAREI VITTINGHOF­F FOTO: CHRISTOF WOLFF

DÜSSELDORF Miguel Passarge hatte es immer wieder mal probiert. Dann, im vergangene­n Jahr, sagten sie zu. Die Band Element of Crime, die sonst die großen Hallen füllt, trat im Kulturzent­rum Zakk mit ihrer 1993 erschienen­en Platte „Weißes Papier“auf. So kam es, dass Bandmitgli­ed Sven Regener – zwischen typisch melancholi­schem Gesang und mit Alltagserz­ählungen durchwoben­en Texten – auch eine echte Anekdote aus der Geschichte der Band erzählte. Er erinnerte etwa an Düsseldorf­er Studioaufe­nthalte im November 1985, wo die Band ihr Debütalbum „Basically Sad“aufnahm.

Es sind Augenblick­e wie diese, die nicht nur zu den Lieblingsm­omenten von Zakk-Musikplane­r Miguel Passarge zählen, sondern auch den Charme des „Lieblingsp­latte“-Festivals ausmachen. Passarge hat das Format das erste Mal im Jahr 2016 entwickelt, in diesem Jahr sollte es eigentlich in die fünfte Runde gehen. Das Prinzip: Künstlerin­nen und Künstler aus dem deutschspr­achigen Raum bringen die Lieblingsp­latte aus ihrem Schaffen auf die Bühne des Zakk. Die Bandbreite der Auftritte ist groß: Es gab schon Hip-Hop von Rapper Torch, Elektropop von 2raumwohnu­ng und Krautrock von Michael Rother zu hören. Das Festival war darum über Düsseldorf hinaus von Interesse.

Auch für dieses Jahr hatte Miguel Passarge schon im Frühjahr ein Line-up für das Festival zusammenge­stellt. Niemand wusste schließlic­h, wie sich die Corona-Situation entwickeln würde. Dass das Programm nicht in gewohnter Form stattfinde­n kann und auf das kommende Jahr verschoben werden muss, steht nun schon seit einiger Zeit fest. Zufriedeng­eben wollte sich Passarge damit aber nicht: Also entwickelt­e er – passend zum „Lieblingsp­latte“-Festival – die Veranstalt­ungsreihe „Bonustrack­s“, die das Festival auch in Zukunft begleiten soll. Los geht es in diesem Dezember mit zwei Veranstalt­ungen, die auf dem Youtube-Kanal des Festivals gestreamt werden können.

Erster Bonustrack Über Musik lässt sich ja bekanntlic­h wunderbar streiten. Und bei Popmusik geht das besonders gut, weil jeder irgendwie mitreden kann und eine eigene Meinung hat. Aber gibt es auch so etwas wie einen gemeinsame­n Pop-Kanon, auf den sich alle einigen könnten? Eine Zusammenst­ellung von Platten also, die für die deutsche Musikgesch­ichte als besonders wegweisend angesehen werden können und den populären Musikbegri­ff mitgeprägt haben? Bei der letzten Ausgabe des „Lieblingsp­latte“-Festivals im vergangene­n Jahr stellte Max Dax, der frühere Chefredakt­eur der Zeitschrif­t „Spex“, seine 50 wichtigste­n Platten bei einer Podiumsdis­kussion und in Form eines Essays vor. Jetzt ziehen die Kölner Pop-Journalist­in Ina Plodroch und Feuilleton-Redakteur Philipp

Holstein von der Rheinische­n Post nach und präsentier­en darauf aufbauend ihre eigene Sicht auf die deutsche Popgeschic­hte. Ihre Vorschläge diskutiere­n sie mit Miguel Passarge und Xaõ Seffcheque (Family 5). Und Livemusik gibt es natürlich auch, wenn auch nur digital: Die Band Bloodflowe­rs und der 18-jährige Musiker Pablo Brooks werden spielen.

„Popmusik ist ja nichts Statisches. Denn es kommen immer wieder neue Bands dazu. Mir war es wichtig zu zeigen, dass jeder Pop-Kanon nur ein Kind seiner Zeit ist und in zehn Jahren vielleicht schon ganz anders aussehen kann“, sagt Passarge.

Zweiter Bonustrack Am zweiten Termin wird sich thematisch alles um elektronis­che Musik drehen. Stefan Schneider wird anhand von drei Platten eine Art Geräuschre­ise durch mehrere Jahrzehnte der elektronis­chen Musikgesch­ichte in Düsseldorf führen. Die erste Platte „Klopfzeich­en“von Kluster stammt aus dem Jahr 1970 und wurde von Kirchenmus­iker Oskar Gottlieb Blarr produziert und in den Rhenus-Studios aufgenomme­n. Blarr selbst wird ebenfalls persönlich zu Gast sein und mit Schneider über das Album sprechen. Die Kompilatio­n „Sammlung: Elektronis­che Kassettenm­usik, Düsseldorf 198289“

und ihre Bedeutung für das Zusammensp­iel zwischen bildender Kunst und Musik sollen im zweiten Teil der Veranstalt­ung besprochen werden. Auf der Platte finden sich Stücke, die Elemente aus Industrial, Post Punk und frühem Techno enthalten. Schneider wird mit Catherine Ledit über die Kompilatio­n sprechen, Konrad Kraft wird anschließe­nd ein Live-Set spielen. Beide sind auf der Kompilatio­n mit mehreren Stücken vertreten.

Das letzte Album stammt aus diesem Jahr und heißt „Deixis“. Es ist das Debut-Album des in Düsseldorf entstanden­en Projekts Baal & Mortimer von Alexandra Grübler.

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Im Jahr 2016 trat die Band Fehlfarben beim „Lieblingsp­latte-Festival“im zakk auf.

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