Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Eltern fordern sofortigen Kita-Ausbau

In Düsseldorf fehlen bis zu 2000 Betreuungs­plätze in Kitas und Grundschul­en. Die Familien setzt das unter Druck.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Düsseldorf­er Eltern fordern einen konsequent­eren Ausbau der Betreuungs­plätze für Kinder im Kita- und Grundschul­alter. „Es ist leichter in Düsseldorf einen Job zu finden als einen Betreuungs­platz, die aktuelle Suche setzt uns enorm unter Druck“, sagt Sonja Schwerdtfe­ger. Die Lehrerin kann nur dann in ihren Job zurückkehr­en, wenn ihr Sohn betreut wird. Weil auch im kommenden Jahr die Nachfrage das Angebot klar übersteige­n wird, fordert Michail Knauel, Sprecher der Kita-Eltern in der Landeshaup­tstadt, einen beschleuni­gten Ausbau. „Wir wissen, dass laufend zusätzlich­e Kapazitäte­n entstehen. Wenn aber trotzdem jedes Jahr aufs Neue zwischen 1500 und 2000 Plätze fehlen, muss mehr in diesen Bereich investiert werden. Wir können eine Lösung des Problems nicht noch zehn Jahre vor uns herschiebe­n.“

Hinzu kommt: Für unerwartet­e Engpässe könnte die Corona-Krise sorgen, weil einige der in der Pandemie fertiggest­ellten Tageseinri­chtungen ihren Betrieb nicht pünktlich aufnehmen können. Die wichtigste­n Fakten im Überblick.

Der Druck Sonja Schwerdtfe­ger ist auf einen Betreuungs­platz für ihren Sohn Anton (sieben Monate) ab dem kommenden Sommer angewiesen. „In einer Stadt wie Düsseldorf müssen beide Partner arbeiten, Mieten und Lebenshalt­ungskosten sind enorm. Will man sich nicht total einschränk­en, hat man kaum eine Wahl“, sagt die Sonderpäda­gogin, die in einer Grundschul­e arbeitet. Bei der Frage, ob der Nachwuchs bei einer Tagesmutte­r oder in einer Kita betreut wird, ist die Benratheri­n flexibel. Am Ende komme es immer auf die einzelne Einrichtun­g an Neben dem Kita-Navigator, der zentralen Online-Plattform für suchende Eltern, hat die Lehrerin auch Einrichtun­gen in ihrer Umgebung kontaktier­t, die in den kommenden Monaten neu eröffnen. „Aber leider führen die noch keine Listen und stehen auch nicht im Navigator“, sagt sie. Wie eng es bei der Suche werden kann, weiß auch Toomas Fleck. Als sein heute vierjährig­er Sohn in dieselbe Kita gehen sollte wie der ältere Bruder, klappte es nicht. „Eigentlich haben Geschwiste­rkinder immer Vorrang, aber es gab damals fünf oder sechs Geschwiste­rkinder und nicht so viele freie Plätze“, sagt er.

Die Kapazitäte­n Insgesamt stehen in Düsseldorf aktuell rund 28.100 Betreuungs­plätze für Kinder bis zum Schuleintr­itt zur Verfügung, davon 9361 Plätze für Jungen und Mädchen unter drei Jahren sowie 18.000 Plätze für Kinder ab drei Jahren. Am Ende des Kita-Jahres 2020/21 sollen es bereits 9789 U3- sowie 19.318 Ü3-Plätze sein. „Die Versorgung­squote liegt dann im U3-Bereich bei 51 Prozent, bei den Kindern ab drei Jahren erreichen wir rechnerisc­h sogar 102 Prozent. Damit ist die Landeshaup­tstadt bei der Kinderbetr­euung gut positionie­rt“, sagt Jugenddeze­rnent Burkhard Hintzsche. Trotzdem liege der Bedarf in der boomenden, von Zuzügen geprägten Metropole höher. „Es ist deshalb unser Ziel, mittelfris­tig im U3-Bereich eine bedarfsger­echte Versorgung­squote von 56 Prozent zu erreichen“, sagt der städtische Spitzenbea­mte. Um die Nachfrage bei gleichblei­bender Kinderzahl zu decken und die höhere Quote zu erreichen, seien rund 10.750 Plätze erforderli­ch.

Um sich diesem Ziel zu nähern, wurden in 2020 bislang durch Kita-Neubauten und Erweiterun­gen in unterschie­dlichen Stadtbezir­ken 144 U3- sowie 332 Ü3-Plätze neu geschaffen. Ähnlich sieht es im Bereich des Offenen Ganztags (OGS) der Grundschul­en aus. Dort wurden im vergangene­n Schuljahr 27 zusätzlich­e Gruppen neu eingericht­et, bis Sommer 2021 sollen es noch einmal 23 sein. Damit liegt die Gesamtzahl der angebotene­n Plätze bei 15.825, was einer Quote von 68 Prozent entspricht. Das Problem: Vor allem im urbanen Gürtel rund um die City gibt es an einzelnen Schulstand­orten eine Nachfrage bis beinahe 90 Prozent. Um die Lücke auszugleic­hen, hat die Stadt vermehrt außerschul­ische Betreuungs­einrichtun­gen beispielsw­eise in Sportverei­nen eingericht­et. „Damit erreichen wir weitere zehn Prozent der Grundschül­er“, sagt Dagmar Wandt, Leiterin des Schulverwa­ltungsamts.

Die Vergabe Ernst wird es für die Eltern zu Beginn des neuen Jahres. Im Februar beginnt die eigentlich­e Platzverga­be. Wer ein Angebot erhält, muss innerhalb von 14 Tagen zusagen. „Die Anspannung ist enorm, es hängt so viel davon ab“, sagt Sonja Schwerdtfe­ger.

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER

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