Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Für Anna Laudel ist Düsseldorf Heimaterde
Die Textilunternehmerin und Galeristin spricht beim Video-Hausbesuch über Düsseldorf als Kunststadt und ihre zweite Heimat Istanbul.
Ist das komisch für Sie, dass wir nun per Video miteinander chatten?
ANNA LAUDEL Nein, gar nicht. Das ist die neue Realität, sie bestimmt auch meinen Alltag hier in Istanbul. Mit der Düsseldorfer Galerie bin ich oft im Videochat, das gehört zu meinem Leben dazu. Wir tauschen uns über die anstehenden Ausstellungen aus und über Sammler, die uns besuchen kommen. Wir verkaufen auch jetzt Kunst und haben geöffnet. Das muss man managen.
Wie geht es Ihnen?
LAUDEL Ich bin gesund, das ist das Wichtigste. Aber Corona kommt immer näher, denn ich kenne auch viele Menschen, die es haben oder bereits hatten. Ich nehme das sehr ernst! Als Unternehmerin ist es mir auch wichtig, dass in den Galerien die Mitarbeiter und die Kunstinteressierten entsprechend mit unseren Vorsorgemaßnahmen geschützter sind.
Wegen Corona konnten Sie seit einem Dreivierteljahr nicht in Ihre Heimatregion kommen. Was geht da in Ihnen vor? Macht Sie das traurig?
LAUDEL Nein, denn ich weiß, dass ich ja irgendwann wiederkommen kann. Ich versuche, das Beste aus der Situation zu machen. Ich nutze die Zeit, um zu entschleunigen. Als Textilunternehmerin, die international ausgerichtet arbeitet, und als leidenschaftliche Kunstsammlerin habe ich ja immer viel Trubel im Leben.
Wie läuft es mit der Kunst in Düsseldorf?
LAUDEL Viel besser als gedacht. Wir haben von Anfang an auf eine digitale Vermarktung gesetzt – online und über die sozialen Medien. In den Galerien in Istanbul und Düsseldorf haben wir ein gutes Reservierungssystem für unsere Besucher. Die Düsseldorfer nutzen das immer mehr, in Istanbul ist das schon völlig normal. Andererseits haben wir in Istanbul aber auch mehr Laufpublikum. Die Düsseldorfer Kunstszene und unsere festen Sammler kaufen nach wie vor und kommen vorbei – als Einzeltermin.
Ihre Lust auf Kunst ist nicht erloschen. Was bedeutet sie Ihnen?
LAUDEL Kunst ist für mich Freiheit, es entspannt mich. Mit den Galerien will ich der Welt etwas zurückgeben.
Geboren wurden Sie in Meerbusch-Büderich. Ihre Heimat wurde aber schnell Düsseldorf. Wie kam das?
LAUDEL Unsere Familie hat eine lange Tradition im Raum Düsseldorf. Das ist für mich Heimaterde. Düsseldorf als Kunststadt mag ich sehr. Wenn man hier lebt, muss man Kunst mitnehmen. Ich denke gerne an die opulenten Karnevalsbälle der Kunstakademie zurück, das berühmte „Bermuda-Dreieck“: Der Club Sam’s, Tino’s Bar und der Breidenbacher Hof – das war eine faszinierende Ära. Mit dem Mauerfall verließ ich Düsseldorf, abenteuerlustig wie ich bin, zog es mich in die Welt hinaus. Erste Station war zunächst München, um mich dann in die Metropole Istanbul zu verlieben. Dort fand ich, was ich auch an Düsseldorf so mag. Die Städte sind quirlig und jung.
Sie erzählten mal, Sie könnten aufs Wasser des Bosporus blicken – wie auch in Düsseldorf, wo Sie am liebsten in Hotels einchecken, von deren Zimmern aus Sie direkt den Rhein sehen können...
LAUDEL Ja, Wasser macht eine Stadt aus! Die Istanbuler Galerie ist im ehemaligen Bankenviertel Karaköy, heute ist es das angesagte Szeneviertel. Wenn ich das Wort Karaköy höre, denke ich an die schöne Kö. Und die Galerie am Rhein.
Einige Künstler, die in Istanbul zu sehen waren, waren auch schon in Düsseldorf ausgestellt. Wie kommt das an?
LAUDEL Bei den Kunstfreunden kommt es super an. Es ist wie ein kulturelles Austauschprogramm. Die Künstler sind sehr erpicht darauf, in Düsseldorf auszustellen. Die Stadt gilt zu Recht als eine der wichtigsten Kunstmetropolen weltweit. Man spürt die Kunstszene überall, und dann ist da auch noch die weltweit renommierte Kunstakademie mit hochkarätigen Künstlern.
Planen Sie noch weitere Expansionen?
LAUDEL London steht schon länger auf unserer Agenda. Ferhat Yeter, der künstlerische Direktor, verantwortet die strategische Ausrichtung der Galerien international.
In Düsseldorf haben wir wie im übrigen Deutschland einen Lockdown light. Wie ist das in Istanbul?
LAUDEL Hier ist es strenger. In der Woche dürfen wir zwischen 21 und 5 Uhr morgens nicht raus, am Wochenende ist komplett Lockdown. Außer zum Beispiel, Sie gehen Gassi.
Sie haben einen Hund?
LAUDEL Ja, Dexter. Einen französischen Briard.
Manchmal machen wir hier Witze: Die Tiere könnten irgendwann erschöpft sein, weil sie ständig von irgendwem Gassi geführt werden – damit die Menschen vor die Tür kommen.
LAUDEL Ich würde meinen Hund niemals „verleihen“. Er liegt mir sehr am Herzen.
Die aktuelle Künstlerin, die Sie gerade in Ihrer Düsseldorfer Dependance zeigen, ist Ekin Su Koç. Sie greift oft das Motiv des Flamingos auf. Haben Sie auch ein Lieblingstier?
LAUDEL Ja, meinen Hund! Und meine weiße Taube von Botero. Ich habe die Künstlerin Ekin Su Koc sehr früh entdeckt und sie 2013 erfolgreich in Istanbul gezeigt und jetzt in Düsseldorf. Sie feiert international erste Erfolge und arbeitet mittlerweile von Berlin aus vielfältig und anspruchsvoll. Ekin passt mit ihrer jetzigen Einzelausstellung „Altbau“sehr gut nach Düsseldorf.
BRIGITTE PAVETIC FÜHRTE DAS GESPRÄCH.