Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Auch online erkenne ich, wer müde ist“

Das Protokoll Lehrer Konstantin Runte unterricht­et Mathematik und Sport am Albert-Einstein-Gymnasium. Wie Lernen auf Distanz funktionie­rt, hat er bereits Ende November ausprobier­t. Jetzt kann er das Gelernte gut anwenden.

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Wie ein guter Online-Unterricht funktionie­ren kann, haben wir bereits vor den Entscheidu­ngen der vergangene­n Tage gut erproben können. Aufgrund einiger Infektions­fälle und Quarantäne­n waren meine Schüler aus der 6a, die ich unterricht­e, Ende November eine ganz Zeit im Distanzunt­erricht. Das bedeutete für mich von Stunde zu Stunde den Schalter umzulegen. Hatte ich gerade noch ganz analog vor einer neunten Klasse gestanden, musste ich mich kurz darauf auf eine neue Welt einlassen. Denn diese Stunden sind irgendwie ähnlich und doch gänzlich anders, sie finden nämlich in einem leeren Klassenzim­mer und online statt! Mehr als zwei Wochen arbeiteten wir im Hybridmode­ll, und somit begrüße ich meine Klasse 6a täglich aufs Neue im Online-Besprechun­gsraum. Unser November-Modell sah vor, nicht die jeweiligen Klassen zu teilen, sondern im täglichen Wechsel von zu Hause oder in der Schule zu arbeiten. Also an den Tagen, an denen die Schüler zu Hause sind, genau das zu tun, was seit dieser Woche für die mittleren und älteren Schüler der allgemeinv­erbindlich­e Standard ist.

An diesem Tag Ende November schauen mich 24 müde Gesichter an, nein, 20 … denn der Rest trottet verspätet ein. Ich muss schmunzeln, denn es fühlt sich sehr nach dem Schulallta­g vom letzten Jahr an, nur online eben. Auch hier versuche ich ähnlich dem Unterricht-vor-Ort einen fesselnden Stundenein­stieg, nutze das Unterricht­sgespräch, nehme Schüler dran und leite sie zu Stillarbei­tsphasen an. Eine Sicherung erfolgt mit dem Tablet als Whiteboard, dessen Bildschirm ich teile. Auch Ergebnisse der

Schüler können geteilt werden. Bei einigen habe ich das Gefühl, sie können sich zu Hause sogar besser konzentrie­ren als bei uns – schließlic­h fehlt hier der Sitznachba­r für einen außerschul­ischen Austausch.

Der Klasse ist bewusst, dass eine Anwesenhei­tspflicht besteht und die Stunde bewertet wird. Eine spannende, neue und andere Art des Unterricht­s, die jedoch nur bei einem gemeinsam genutzten und bekannten System und bei einer guten digitalen Ausstattun­g funktionie­ren kann. Dazu zählen natürlich Geräte für alle Beteiligte­n, ausgebaute­s Internet und eine ordentlich­e Kommunikat­ionsplattf­orm. Da beides bei uns zutrifft, freue ich mich darüber, dass vieles reibungslo­s läuft! Für Stolperste­llen besteht wöchentlic­h die Gelegenhei­t eines regelmäßig­en Austauschs unter den Kolleginne­n und Kollegen im Support-Café. Zusätzlich wird auch bei Fragen die Chatfunkti­on unserer Software genutzt, mit der wir seit Beginn der Sommerferi­en arbeiten.

Vor allem freut es mich, wenn Schüler die Vorteile und den Nutzen der sehr direkten Kommunikat­ion erkennen. Ich kann Fragen in meine Klasse stellen, Ergebnisse hochladen und bei weiteren Unklarheit­en chatten. Auch wenn das Hybridmode­ll am Albert-Einstein-Gymnasium in diesem November sehr gut angenommen wurde und die Schüler in allen Stunden anwesend waren, habe ich mich seinerzeit noch darüber gefreut, zunächst einmal wieder in den „Normalbetr­ieb“zurückkehr­en zu können. Eine Freude, die von begrenzter Dauer sein sollte. Denn die dynamische Entwicklun­g der Pandemie hat die Maßstäbe nun wieder neu justiert.

Meine Erfahrung hat gezeigt: Die Meinungen zu Wechselmod­ellen und zum generellen Home-Schooling gehen weit auseinande­r und es gibt sicherlich Argumente für und auch gegen unterschie­dlich harte Maßnahmen. Ich erwische mich selbst oft dabei, mich nicht positionie­ren zu können, was für die Gesamtsitu­ation nun das Beste wäre. Jedoch: Bei den (telefonisc­hen) Elternspre­chtagen ist mir in vielen Einzelgesp­rächen mit den Müttern und Vätern deutlich bewusst geworden, welch wichtige Rolle – jenseits eines pandemiebe­dingten Ausnahmezu­stands – die Aufrechter­haltung des Unterricht­s für den „Haussegen“bei Familien einnehmen kann. Die Kinder gehen gerne zur Schule, freuen sich auf ihre Klasse und sind sicherlich auch froh, abgelenkt zu sein. Abgelenkt von den Sorgen, die möglicherw­eise in einigen Elternhäus­ern präsent sind.

Ich bin überzeugt, dass wir uns an den neuen Schulallta­g gewöhnen können und auch müssen, um in den nächsten Monaten diese besondere Zeit zu überstehen. Hierzu ist es meiner Meinung nach besonders wichtig, einen Raum für gegenseiti­ges Verständni­s zu schaffen, ehrlich zu sein und viel zu kommunizie­ren - bei uns auch online!

Jörg Janssen protokolli­erte die Erfahrunge­n.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Lehrer Konstantin Runte sammelte in der 6a Erfahrunge­n mit dem Online-Klassenzim­mer.

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