Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Wo Alleinerziehende unterstützt werden
Ob Erziehungsfragen, Finanzsorgen oder Berufsfelderkundung – für Familien und Alleinerziehende gibt es viele Hilfen.
NEUSS Bewusst niederschwellig sind die Angebote des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) in Neuss unter dem Motto „Guter Start ins Leben“. Wer Hilfe benötigt während der Schwangerschaft und in den ersten drei Lebensjahres des Kindes, kann sie hier finden. „Wir beraten Eltern und Alleinerziehende“, erklärt Sozialarbeiterin Nadine Lehnen. Ob Erziehungsfragen oder Betreuungsprobleme, ob psychische Erkrankungen oder Finanzsorgen: Die Anliegen der Beratungssuchenden können vielfältig sein. „In ganz Neuss versuchen wir, Eltern und Alleinerziehende zu unterstützen“, erklärt Lehnen. „Und wenn wir nicht weiterwissen, vermitteln wir weiter.“
Je nach Anliegen beispielsweise an die Sozial- oder Schuldnerberatung, ans Jobcenter oder andere Fachstellen. Ein Team aus zwei pädagogischen Fachkräften, zwei freiberuflichen Hebammen und einer Erzieherin unterstützt kostenlos und unabhängig von Konfession oder Nationalität.
Paul Petersen
Leiter des Bürgerhauses Erfttal
„Im Schnitt haben wir jährlich zwischen 35 und 45 Klienten, die wir langfristig betreuen“, erklärt Lehnen. Diese kommen entweder in die SKF-Beratungsstelle in Weckhoven oder „wir kommen zu denen nach Hause“, so Lehnen. Diese Beratung und Begleitung zuhause hatte der SKF im Frühjahr des Jahres Corona-bedingt aussetzen müssen. „Nach dem Lockdown haben wir die Hausbesuche aber ganz schnell wieder eingeführt.“
Insbesondere Alleinerziehende – meist sind es Frauen – suchten Unterstützung, wenn die 24/7-Verantwortung für den Nachwuchs zu belastend sei. Ihnen kann der SKF auch eine Akut-Entlastung vermitteln. Bei der Suche nach einer Kita oder einer Tagesmutter unterstützen die SKF-Mitarbeiter zudem. „Uns ist bewusst, dass der erste Schritt, sich überhaupt Beratung zu suchen, schwierig ist“, sagt Lehnen. Deshalb werbe der SKF für seine Angebote
mit Flyern insbesondere in Kinder- und Frauenarztpraxen. „Ein Anruf oder eine Mail genügt und wir kümmern uns“, verspricht Nadine Lehnen.
Aufgrund der Corona-Pandemie seien einige alleinerziehende Mütter in finanzielle Bedrängnis geraten. Grund: Die Gelder nach der Geburt stockten, weil Behördengänge zum Teil nicht möglich waren. Beim SKF riefen verzweifelte Mütter an, die drei Monate kein Einkommen hatten. „Wir haben nichts mehr zu essen“– auch solche Aussagen bekamen Lehnen und ihre Kolleginnen zu hören. In derartigen Notlagen versuchen sie sofort zu helfen. Lehnen: „Ich war selbst erschrocken, dass es so etwas auch in Deutschland gibt.“
Ein sogenanntes Aktivcenter zur Aktivierung und beruflichen Integration Alleinerziehender bietet wiederum der Sozialdienst Katholische Männer (SKM) an. „Zielgruppe sind Alleinerziehende, die auf den Arbeitsmarkt möchten“, erklärt Paul Petersen, Diplom-Sozialpädagoge und Leiter des Bürgerhauses Erfttal beim SKM. In drei Berufsfeldern
– darunter Pflege, Handel oder Gastronomie – können die Teilnehmer innerhalb von sechs Monaten zum einen die Vereinbarkeit von Familie und Job, zum anderen das jeweilige Berufsfeld erproben. 34 Plätze gibt es pro Jahr. Es ist die einzige Maßnahme, die trotz Corona mit Präsenzunterricht weiterläuft.
Bevor manche Teilnehmer jedoch überhaupt starten können, „helfen wir dabei, deren andere ‚Baustellen‘ zu bereinigen“, so Petersen. „Viele haben ihr Päckchen zu tragen.“Doch wer Schulden, Beziehungsprobleme oder psychische Erkrankungen habe, könne sich nur schwer auf den Unterrichtsstoff konzentrieren, weiß Petersen. Auch die Kinderbetreuung muss vor der Maßnahme geklärt sein. „Wir unterstützen dabei, einen Kita-Platz zu finden.“
Erst dann können alleinerziehende Frauen, die sich beispielsweise für den Bereich Gesundheit und Pflege interessieren, im Bürgerhaus
Erfttal Grundkenntnisse erwerben. Sozialpädagogen und Pflegekräfte schulen in einem Unterrichtsraum mit Pflegebett, Rollstuhl und Menschenpuppe. Die Berufsfelder praktisch zu erproben, ist anschließend möglich: „Wir haben Kooperationen zum Beispiel mit der Tagespflege der Diakonie, dem Hubertusstift Selikum oder dem Johannes-vonGott-Haus, wo die Teilnehmerinnern Praktika absolvieren können“, erklärt Petersen.
Anschließend gibt es die Chance, im Berufsförderungszentrum Glehn innerhalb von drei Monaten das Zertifikat zur Betreuungsassistentin zu erwerben. Für Menschen, die einen zu geringen oder gar keinen Bildungsabschluss und keine Berufserfahrung haben, eine Chance, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Petersen: „Sonst zieht sich die Grundsicherung wie ein roter Faden durch die gesamte Lebensbiographie.“
„Im Aktivcenter helfen wir Alleinerziehenden, die auf den Arbeitsmarkt möchten“