Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Beim Impfen Sicherheit vor Schnelligk­eit

- VON ANTJE HÖNING

Auf dem Corona-Impfstoff ruhen alle Hoffnungen. Er wird viele Leben retten und ist das Ticket zurück zur Normalität. Entspreche­nd gereizt sehen manche, dass Großbritan­nien bereits impft, wir aber auf die Zulassung warten. Ist es etwa wie beim Faxgerät? Auch das wurde in Deutschlan­d erfunden, das große Geschäft aber machten Japaner. Sind wir unfähig, Innovation­en selbst zu nutzen? Tut der Gesundheit­sminister zu wenig? Nein. Die Haltung von Jens Spahn ist klar – und sie ist richtig. Es gibt viele gute Gründe, warum Deutschlan­d auf eine EU-Zulassung setzt, zumal diese am 21. Dezember kommen könnte. Sicherheit geht vor Schnelligk­eit: In Großbritan­nien zeigt sich bereits, dass der Biontech-Impfstoff womöglich nicht optimal für alle ist. Bei Menschen mit Allergien kann er zu Komplikati­onen führen – das muss man wissen. Auch mit Blick auf die Impfskepsi­s ist Gründlichk­eit wichtig. Dass sich in Deutschlan­d nur 53 Prozent impfen lassen wollen, ist keine gute Aussicht. Es müssen mehr werden, um die Pandemie zu stoppen. Eine gründliche Prüfung hilft, Bürger zu überzeugen und Verschwöru­ngstheorie­n im Keim zu ersticken. Nicht auszudenke­n, wenn es wegen Aktionismu­s zu Pannen käme. Seltsam ist der Nationalis­mus, der bei Spahn-Kritikern anklingt. Deutschlan­d hat sich auf ein gemeinsame­s Vorgehen der EU verständig­t. Es wäre schon peinlich, wenn Berlin während der Ratspräsid­entschaft auf einen Alleingang setzen würde. Ohnehin gibt es zunächst nicht genug Impfstoff für alle. Im ersten Quartal können gerade mal 6,5 Millionen Menschen profitiere­n.

Es ist nicht entscheide­nd, ob wir am 21. Dezember oder 4. Januar den ersten Bürger impfen, sondern dass es am Ende 60 Prozent der Bevölkerun­g sein werden. Das ist das Ziel, und das hat Spahn im Blick. Die Corona-Impfung ist ein Marathon, kein Sprint.

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